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Kommentare zur geplanten Kürzung der Städtebauförderung

(5.9.2010) Der Entwurf des Bundeshaushaltsplans 2011 sieht vor, die bundesweite Städtebau-Förderung 2011 von 610 Millionen Euro auf 305 Millionen Euro, also um 50 Prozent, zu kürzen. Rund um die Bauministerkonferenz am 3.9. in Berlin, in der über die geplante Kürzung der Fördermittel beraten wurde, haben natürlich zahlreiche Verbände ihre Kommentare abgegeben:

So gab es bereits einen Tag vor der Bauministerkonferenz eine gemeinsame Pressemitteilung von ...

In dieser gemeinsamen Pressemitteilung wird "für einen neuen Ansatz in der Wohnungsbaupolitik" geworben. Im Gespräch mit Vertretern der Länder und des Bundes lag ein besonderer Fokus auf der Erhöhung der Abschreibungssätze im Wohnungsbau. Berechnungen des Pestel Instituts Hannover und eine Umfrage unter Bauträgern belegen die Wirksamkeit dieser Maßnahme und ihre positiven Auswirkungen eindringlich. Bereits im Jahr der Einführung verbesserter Abschreibungssätze würden die Steuern und Sozialabgaben die öffentlichen Haushalte unterm Strich entlasten.

Die Kürzungspläne der Bundesregierung bei den KfW-Programmen und den Mitteln für den Stadtumbau würden dagegen die Bereitstellung von energieeffizientem und altersgerechtem Wohnraum noch weiter verlangsamen. Das Erreichen der Klimaschutzziele und die nötige Anpassung des Gebäudebestandes an den demografischen Wandel könnten ohne ein Abändern dieser Pläne nicht verwirklicht werden. Die erfolgreichen KfW-Programme sollten zudem besser verstetigt und für den Bestandsersatz nicht sanierungsfähiger Wohnungen geöffnet werden.

Der Direktor des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten nennt insbesondere die Fertigstellungszahlen im Mietwohnungsbereich alarmierend: "2009 wurden nur noch knapp 25.000 Mietwohnungen neu gebaut. Die Bundesregierung muss hier endlich eingreifen und gegensteuern. Denn Wohnungsmangel ist nicht nur ein Problem in München und Hamburg. Gerade für Mieter mit geringen Einkommen sind die Mieten in vielen Regionen Deutschlands bereits heute deutlich zu hoch. Und die beabsichtigte Kürzung beim Wohngeld gießt zusätzliches Öl ins Feuer."

BFW-Bundesgeschäftsführerin Ira von Cölln beschreibt die Wirkungsweise verbesserter Abschreibungsbedingungen: "Wir benötigen verbesserte Abschreibungssätze, damit Investitionen in den Mietwohnungsbau wieder rentabel werden. Nur so werden die benötigten altersgerechten und energieeffizienten Wohnungen gebaut, die auch für Normalverdiener bezahlbar sind."

Michael Hölker, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel, setzt den Wohnungsbau ins Verhältnis zu den Herausforderungen der demografischen Entwicklung: "Die allermeisten älteren Menschen wünschen sich, in der eigenen Wohnung zu altern. Können wir diesem Wunsch entsprechen, entlasten wir zugleich die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig. Für die Bereitstellung von barrierearmem, bezahlbarem Wohnraum brauchen wir aber bessere Rahmenbedingungen, die bundesweit wirken", so Hölker.

Norbert Ewald vom Bundesvorstand der IG Bauen-Agrar-Umwelt warnt eindringlich vor dem Verlust von Arbeitsplätzen: "Die KfW-Programme zur energetischen Gebäudesanierung waren bisher sehr erfolgreich. Sie haben 2009 fast 290.000 Arbeitsplätze gesichert. Die vorgesehene Kürzung bei den CO₂-Gebäudesanierungsprogrammen gefährdet bis zu 100.000 Arbeitsplätze." Ewald weist auf die starke Hebelwirkung dieser Programme hin: "Mit einem Euro an Bundesmitteln werden bis zu neun Euro an Investitionen mobilisiert."

Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerksbau Dr. Ronald Rast betont die gesellschaftliche Verantwortung, die der Politik im Bereich Wohnen und Stadtumbau zukommt: "Jeder braucht eine Wohnung. Der Aufschrei quer durch unsere Gesellschaft, der von den Kürzungsplänen der Bundesregierung verursacht wurde, belegt die hohe Bedeutung des sozialen Guts Wohnen. Die Bundesregierung kann mit wenigen Entscheidungen die nötige Wende in der Wohnungsbaupolitik einleiten. Bei der Umsetzung steht unser breites gesellschaftliches Bündnis pro Wohnungsbau gerne beratend zur Seite."

Deutscher Städtetag und Deutscher Städte- und Gemeindebund

... haben direkt nach der Sondersitzung der Bauministerkonferenz den Bund nachdrücklich aufgefordert, seine für das Programmjahr 2011 geplante Halbierung der Städtebauförderungsmittel von ursprünglich 610 Millionen Euro auf 305 Millionen Euro zurückzunehmen. Das gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen finanzierte Städtebauförderungsprogramm sei für die Städte und Gemeinden gerade in Krisenzeiten ein unverzichtbares Instrument, damit sie in zukunftsweisende Projekte investieren können.

"Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung löst ein Euro an Städtebaufördermitteln bis zu weitere acht Euro öffentliche und private Investitionen, insbesondere beim örtlichen und regionalen Baugewerbe und Handwerk, aus. Vor diesem Hintergrund ist es auch finanziell geradezu kontraproduktiv, wenn der Bund ein sich selbst tragendes und speziell dem Mittelstand zugute kommendes Erfolgsprogramm in einem Kahlschlag kürzt", erläuterten Dr. Ulrich Maly, stellvertretender Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg sowie Werner Große, Präsidiumsmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Stadt Werder (Havel), am 3.9. in Berlin.

Bei einer Reduzierung der Städtebaufördermittel durch den Bund müssten nachhaltige Projekte der Städte und Gemeinden, die allen Bürgern zugute kommen, zurückstehen. Neben dem Stadtumbau, gehe es um eine familien- und altengerechte Stadterneuerung sowie um Lösungen für die wachsenden sozialen Probleme und Maßnahmen für den Klimaschutz. Diese könnten nur mit einer starken Städtebauförderung bewältigt werden. Insbesondere der Stadtumbau in den neuen Ländern sei noch lange nicht abgeschlossen und bedarf weiterhin einer ausreichenden Förderung durch Bund und Länder. Auch in den Kommunen der alten Länder wachsen die Herausforderungen. So ist etwa in Nordrhein-Westfalen für aktuell laufende Stadterneuerungsmaßnahmen im Jahr 2010 ein Förderbedarf in Höhe von 1 Milliarde Euro ermittelt worden; in Baden-Württemberg wurden mit 820 Millionen Euro fünfmal mehr Fördergelder beantragt, wie aus Bundes- und Landesmitteln bewilligt werden konnten.

Der kommunale Investitionsbedarf in die örtliche Infrastruktur - zum Beispiel Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Straßen und Tunnel - beträgt bis zum Jahre 2020 nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Urbanistik in Berlin circa 700 Milliarden Euro. "Angesichts dieses Bedarfs wäre es völlig verfehlt, wenn gleichzeitig zum Auslaufen des Konjunkturpaket II, mit dem die Kommunen insbesondere in die energetische Sanierung ihrer Schulen und Kindergärten investieren, auch noch die Städtebauförderung halbiert wird", erklärten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.

"Wir appellieren daher nachdrücklich an Bundesregierung und Bundestag, die Mittel für die Städtebauförderung nicht zu halbieren, sondern in vollem Umfang wie 2010 bereit zu stellen. Die Kommunen brauchen langfristig Planungssicherheit. Gleichzeitig fordern wir die Länder auf, den Anteil ihrer Städtebauförderungsmittel zumindest auf dem in der Vergangenheit gegenüber den Kommunen gewährten Niveau beizubehalten und keine Streichungen vorzunehmen", so Maly und Große.

Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW)

... begrüßt ausdrücklich die Ergebnisse der Sonderbauministerkonferenz in Berlin. "Die Bauminister der Länder haben sich klar zur Städtebauförderung als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ausgesprochen", begrüßte GdW-Präsident Freitag das gemeinsame Positionspapier der Länderbauminister - siehe Beitrag "Positionspapier der Bauministerkonferenz zur Zukunft der Städtebauförderung". "Nun muss der Bund Taten folgen lassen. Der Deutsche Bundestag ist aufgefordert, die Positionen der Länderminister aufzugreifen und die bisher geplanten radikalen Kürzungen bei den Mitteln für die Städtebauförderung für 2011 im Laufe der Haushaltsberatungen zurücknehmen", so Freitag.

Der GdW-Präsident unterstützt damit die Bauminister in ihrem Appell an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, bei der Aufstellung des Haushalts 2011 die Ansätze für die Städtebauförderung im Einzelplan 12 im Interesse der Städte und Gemeinden mindestens auf das Niveau wie im Bundeshaushaltsplan 2010 zu erhöhen. "Dies wäre die einzig richtige Maßnahme", erklärte Freitag. Die Wohnungsunternehmen bräuchten ebenso wie die Kommunen Planungssicherheit, um die Projekte der Städtebauförderung zum Wohle der Entwicklung der Wohnquartiere und Städte weiterführen zu können. Der GdW werde im Vorfeld der anstehenden Haushaltsberatungen verstärkt mit den Mitgliedern des Deutschen Bundestages in den Dialog treten, um die Bedeutung der Städtebauförderung und die dramatischen Folgen, die eine Einsparung von Mitteln gerade in diesem Bereich hätte, detailliert aufzuzeigen.

Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

... betont, dass das Stadtumbau-Programm des Bundes und der Länder sich bei der Bewältigung des demografischen Wandels auf kommunaler Ebene bewährt habe und daher in vollem Umfang weitergeführt werden sollte. Die Mittel dieses Programms jetzt wie geplant drastisch zu kürzen, wäre kontraproduktiv: In Gebieten mit stark rückläufigen Einwohnerzahlen seien Anpassungen der Infrastruktur insbesondere in den Bereichen Fernwärme und Wasserver- und Abwasserentsorgung dringend notwendig. Mit dem Förderprogramm könnten die in den Bundesländern anstehenden Umbaukosten gedämpft und damit Kommunen und Verbraucher entlastet werden.

In den betroffenen Städten und ländlichen Regionen ist zum Teil ein Bevölkerungsrückgang von bis zu 30 Prozent zu verzeichnen. Der Anpassungsbedarf ist laut BDEW in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Maßgebliche Ursache ist demnach, dass sich im Gegensatz zu den entsprechenden Prognosen der Bevölkerungsrückgang insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern beschleunigt habe.

Das Förderprogramm wurde erstmals 2002 geschaffen. Seitdem haben Bund und Länder insgesamt 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. 390 Kommunen mit zusammen 820 Stadtumbaugebieten profitierten bisher davon. Infolge der demografischen Entwicklung wurden nicht mehr benötigte Wohnungen vom Markt genommen, städtebauliche Fehlentwicklungen der Vergangenheit korrigiert und Stadtquartiere aufgewertet. Das Förderprogramm Stadtumbau Ost berücksichtigt seit 2006 auch die Förderung von Anpassungsmaßnahmen für technische Infrastrukturen im Stadtumbauprozess.

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