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Morgenstadt: Impulse für eine lebenswerte Stadt der Zukunft

(19.4.2012) Städte verbrauchen Energie und Rohstoffe, produzieren Müll und Schad­stoffe, die Verkehrssysteme sind überlastet. Fraunhofer-Forscher haben sich nun im Innovationsnetzwerk „Morgenstadt“ zusammengeschlossen, um nachhaltige urbane Technologien und Systeme zu entwickeln.

Morgenstadt - Visionen für die Städte
Visionen für die Städte von morgen und welche Technologien schon heute umgesetzt werden können, zeigte das Fraunhofer-Institut für Bauphysik bereits auf der UrbanTec in Köln. ©iStock
  

Die Urbanisierung der Welt schreitet voran - nicht nur in Entwicklungsländern, auch bei uns in Europa. Schon heute lebt mehr als die Hälfte aller Menschen in Städten; 2030 werden es bereits 60 Prozent sein. Als verdichtete Orte menschlichen Zusam­menlebens sind Städte ökologische und soziale Brennpunkte. Experten erwarten, dass sich der Bedarf an Stadtraum bis 2050 verdoppeln wird. Vor allem Megacities erzeugen auch Megaprobleme: Unersättlich verbrauchen sie Energie, Rohstoffe und Fläche, zu­dem produzieren sie Schadstoffe, Abwasserströme und Müllberge. Das Verkehrssystem ist überlastet - Überfüllung, Parkplatznot und Staus sind die Folge.

Andererseits sind Metropolen Pioniere des Wandels: Sie haben eine Schlüsselfunktion, um die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen, denn sie ste­hen vor großen Veränderungen, die sie und ihr Umland betreffen. Zahlreiche technolo­gische Entwicklungen wie erneuerbare Energieerzeugung, Energiespeicherung, Elektro­mobilität, Plusenergiehäusern aber auch innovative Informations- und Kommunika­tionsplattformen sind Beiträge für die künftige Entwicklung. Die zentrale Herausforde­rung liegt aber nicht nur darin, diese Technologien weiter zu optimieren, sondern sie zu einem ganzheitlichen Systemansatz zusammenzuführen. Die Fraunhofer-Gesell­schaft sieht sich gut aufgestellt, um verteilte Kompetenzen schnell vernetzen sowie gezielt verstärken und eine Schlüsselrolle beim Zukunftsprojekt „Die CO₂-neutrale, energieeffiziente und klimaangepasste Stadt” der Bunderegierung einnehmen zu kön­nen.

Morgenstadt - eine Antwort auf den Klimawandel

Auch in Deutschland konzentriert sich der Energie- und Ressourcenverbrauch auf den urbanen Raum. 2011 lebten knapp 75 Prozent der deutschen Bevölkerung in Städten. Die Idee, den ökologischen Umbau der Städte in den Mittelpunkt zukünftiger For­schungs- und Innovationspolitik zu stellen, ist in der „Forschungsunion Wirtschaft - Wissenschaft” entstanden, die Fraunhofer-Präsident Prof. Hans-Jörg Bullinger gemein­sam mit Stifterverband-Präsident Dr. Arend Oetker leitet. Ein multidisziplinärer Exper­tenkreis entwickelte dort für das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF das Zukunftsbild „Morgenstadt - eine Antwort auf den Klimawandel” und erarbeitete grundlegende Handlungsempfehlungen für das Projekt. Ende März 2012 hat die Bun­desregierung mit dem „Aktionsplan für die Hightech-Strategie 2020” die Weichen für die Umsetzung von zehn Zukunftsprojekten gestellt. Zu diesen wichtigsten politischen Themen zählt auch das Morgenstadt-Projekt. Dieses Vorhaben steht in engem Zusam­menhang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, der Energiewende und dem aktuellen Energieforschungsprogramm.

Schon 2011 haben zehn Fraunhofer-Institute die „Fraunhofer-Initiative Morgenstadt” gestartet - siehe auch Beitrag „Fraunhofer-Institute auf der UrbanTec über smarte Technologien für Städte von morgen” vom 24.10.2011. „Wir sehen in der nachhaltigen Entwicklung unserer Städte und Kommunen einen der größten Hebel für eine zukunfts­fähige Gesellschaft”, erklärt Hans-Jörg Bullinger. „Durch ein entschlossenes gemein­sames Vorgehen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft könnte sich Deutschland als globaler Leitanbieter von Nachhaltigkeitstechnologien für die Metropolen der Zukunft positionieren”.

Synchronisierung von kurzfristigen und langfristigen Zyklen

Eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie verlangt eine Synchronisierung von kurzfris­tigen (wie bei den Informations-und Kommunikationstechnologien) und langfristigen Zyklen (wie bei Gebäuden oder Verkehrsinfrastrukturen). Bisher verlaufen diese eher unabhängig voneinander. Daher hat die Initiative „Morgenstadt” ein strategisches Handlungsmodell entwickelt, mit dem bisher unzusammenhängende Systeme ange­passt und ergänzende Schlüsseltechnologien erforscht werden sollen.

„Wir verstehen unter der Vision Morgenstadt nicht völlig neue Modelle, sondern den Um- und Ausbau vorhandener Strukturen. Und wir beziehen in die Überlegungen immer das Umland mit ein, betrachten also die Stadt als Teil eines übergreifenden urbanen Netzwerkes, innerhalb dessen zahlreiche Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten bestehen”, präzisiert Bullinger.

Fehlentwicklung: räumliche Trennung von Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Kultur

Die funktionale Gliederung der Cities mit der räumlichen Trennung von Arbeiten, Woh­nen, Einkaufen und Kultur war eine Fehlentwicklung des vergangenen Jahrhunderts. Breitspurige Straßen für die Autos zerschnitten den Raum, um die Menschenmassen zwischen monotonen Wohnquartieren, Gewerbegebieten und sterilen Innenstädten hin und her zu schicken. Und das Hinauswuchern der Vorstädte in die offene Landschaft sorgte für weitere Verkehrsströme. Wie wird das Verkehrssystem der Zukunft ausse­hen, das Mobilität mit einem Maximum an Individualität und einem Minimum an Emis­sionen und Flächenverbrauch verbindet? Daran und an vielen weiteren Themen wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien und geschlossene Ressourcenkreisläufe arbei­ten Fraunhofer-Wissenschaftler. Sie erforschen und entwickeln neue Planungs-, Steuerungs- und Wertschöpfungsmodelle. Wichtige Aspekte dabei: Alle künftigen Infrastrukturen sollen so zuverlässig und wandlungsfähig wie möglich sein.

Durch zunehmende Vernetzung aller Komponenten zukünftiger Städte entstehen Smart Cities, deren Prozesse hocheffizient ablaufen können. Die Forscher arbeiten an der Idee der nachhaltigen, lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt, in der man auf kurzer Distanz arbeiten, wohnen, einkaufen, essen oder im Park spazieren gehen kann. Deshalb geht es auch darum, die Zentren wieder zu beleben - durch ihre wichtigste Ressource: die Menschen. „Wir müssen aus Autostädten wieder Menschenstädte machen, die leise, verkehrsarm und weitgehend emissionsfrei sind. Und wir brauchen Kreisläufe, die wenig Ressourcen verbrauchen und wenig Müll produzieren“, bringt der Fraunhofer-Präsident das Ziel der lebenswerten Stadt der Zukunft auf den Punkt. „Im Mittelpunkt steht der Mensch, er will gesund leben, sich wohl fühlen, andere Men­schen treffen und leistungsfähig arbeiten können. Die Technik soll diese Grundbedürf­nisse unterstützen”.

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