Bauen 2030: Szenarien für zukunftsfähige Bauwende vom Fraunhofer IAO, Verbänden und Kammern
(21.2.2022) Im Forschungsprojekt „Bauen 2030“ untersuchte das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) gemeinsam mit sechs Verbänden und Kammern der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft die Potenziale zur Transformation der Branche. Der abschließende Kurzbericht liefert drei alternative Zukunftsszenarien, identifiziert Schlüsselfaktoren und zeigt Handlungsfelder für das Planen, Bauen, Betreiben und Rückbauen von morgen.
Aufgrund der digitalen Transformation von Prozessen, Geschäftsmodellen und Produkten, der Bewältigung des Klimawandels, der steigenden Flächenversiegelung und immer höheren Baukosten sind neue Formen des Planens, Bauens und Wohnens gefragt. Hinzu kommt, dass immer mehr technische Infrastrukturbauwerke erneuert, saniert bzw. an geänderte Bedarfe hinsichtlich Mobilität, Energie und Telekommunikation angepasst werden müssen. Daher bedarf es ganzheitlicher Perspektiven auf die Zukunft der Bau- und Immobilienwirtschaft, um diese stärker als Teil der Veränderungsprozesse der gebauten Umgebung in Stadt, Land und Infrastruktur zu integrieren. Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungsprojekt „Bauen 2030“ gestartet: Daran beteiligt sind neben dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) ...
- der Hauptverband der Bauindustrie (HDB),
- die Bundesarchitektenkammer (BAK),
- die Bundesingenieurkammer (BIngK),
- der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA),
- der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) sowie
- der Zentralverband des Deutsches Baugewerbe (ZDB).
Das Forschungsteam hat für das Forschungsprojekt in einem umfassenden Foresight-Prozess Workshops mit über 50 nationalen Experten aus Architektur, Handwerk, Baugewerbe, Maschinen- und Anlagenbau sowie der Immobilienbranche durchgeführt. Die über 100 identifizierten Trends sind in drei konsistenten und alternativen Zukunftsszenarien gebündelt, die nun im Kurzbericht „Szenario-Prozess ,Bauen 2030‘. Schlüsselfaktoren, Zukunftsszenarien und Handlungsfelder für das Planen, Bauen, Betreiben und Rückbauen im Jahr 2030“ zu finden sind.
Innovation, Klimaschutz und Baukultur im Fokus
Die Zukunftsszenarien verstehen sich als wertvolle Werkzeuge für die Branchentransformation zur Prognose künftiger Entwicklungen und Abhängigkeiten. Damit können sie als Entscheidungsgrundlage zur Entwicklung von Strategien im Kontext von technischen, wirtschaftlichen, ökologischen, politischen und sozialen Veränderungen angewendet werden. Die drei erarbeiteten Szenarien lauten wie folgt:
- Szenario #innovationiskey: Dieses Szenario
beschreibt eine Bau- und Immobilienwirtschaft im Jahr 2030, in der
Planung, Ausführung und Betrieb eng vernetzt sind und ein Stadtsystem
ermöglichen, das sich digital unterstützt laufend optimiert. Somit
können alle Prozesse im Gesamtsystem der gebauten Umwelt berücksichtigt
werden. Innovationsbegeisterung, Marktvertrauen sowie eine entsprechende
Marktverantwortung gehören zu den wichtigsten Treibern dieses Szenarios.
- Szenario #greenregulation: Im zweiten Szenario
gehen die Expert davon aus, dass die Branche im Jahr 2030 von starken
Regularien für das Erreichen der Klimaziele dominiert wird.
Transformations- und Innovationsprozesse orientieren sich an diesen
Vorgaben und schöpfen damit nicht das gesamte Innovationspotenzial aus.
Indem sich starre Vorgaben zu performativen Regulierungen wandeln und
Kompensationsmaßnahmen ermöglichen, öffnen sich zugleich ganz neue
Handlungsspielräume für die Bau- und Immobilienwirtschaft.
- Szenario #heritagefortomorrow: Das dritte Szenario setzt den Fokus für 2030 auf den Schutz erhaltenswerter Strukturen der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft in der Transformation. Die Rückbesinnung auf regionale Bauformen und Ökosysteme reduziert den Einsatz komplexer Technologien. Im Wettbewerb haben neue Akteure aus anderen Branchen und Regionen einen leichten Markteintritt und übernehmen die Wertschöpfung in vielen Bereichen. Regularien werden größtenteils novelliert und an die Klimaaspekte angepasst, wodurch sich Innovation größtenteils in Nischen der Baubranche vollzieht.
Erreichung der Klimaziele dominiert die Bauwende und fordert neue Kooperationen
Der Kurzbericht will einen Anstoß für die bevorstehende Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft geben, bei dem die vorgestellten Szenarien als Leitplanken dienen sollen. Die Erreichung der Klimaziele spielt über alle Szenarien hinweg immer eine übergeordnete Rolle. Darüber hinaus sind auch angrenzende Branchen sowie die politische und legislative Ebene gefragt, um die Bauwende mit entsprechenden regulatorischen Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu gestalten und einzuleiten. Das Forschungsprojekt „Bauen 2030“ hat dazu einen ersten entscheidenden Beitrag geleistet, wie Prof. Dr. Wilhelm Bauer, Institutsleiter des Fraunhofer IAO, betont: „Der Austausch zwischen den Verbänden und Kammern sowie mit unseren Expertinnen und Experten in diesem Projekt hat bereits gezeigt, dass ein Perspektivenwechsel und Einblicke in Handlungsspielräume anderer Akteursgruppen, ergänzt von Impulsen aus Forschung und Wissenschaft, die Grundlage für neue gemeinsame Strategien in der anstehenden Bauwende bilden können.“
Auch der beteiligte Hauptverband der Bauindustrie sieht gemäß Wortlaut des Kurzberichts einen guten Ausgangspunkt für weitere Betrachtungen: Durch die zukünftige vernetzte Zusammenarbeit müssten die Grenzen zwischen Planen, Bauen und Betreiben verschwinden. Die Bundesarchitektenkammer sieht die Digitalisierung in den Planungsbüros angekommen - jedoch dürfe diese nicht alleiniger Treiber sein, sondern immer nur Mittel zum Zweck: für Nachhaltigkeit, Beständigkeit und Baukultur.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- PDF-Download der Studie „Bauen 2030“
- Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)
- Stockende Kraftwerksstrategie 2026: Investitionen und Neubau bedürfen höchster Priorität (12.6.2023)
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- Fachkräftemangel in den Verwaltungen: BAK fordert Ausweitung des Baureferendariats (26.4.2023)
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- weitere Details...
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- Morgenstadt: Impulse für eine lebenswerte Stadt der Zukunft (19.4.2012)
- 50 Ideen für nachhaltige Städte vom Fraunhofer-Netzwerk „Morgenstadt – City Insights“ (20.10.2013)
siehe zudem:
- Digitalisierung, Baubranche, Architektur und Ingenieurbau bei BAULINKS.de
- Literatur / Bücher über Architektur bei Baubuch / Amazon.de