Effizientes Zusammenspiel von Licht und Schatten an Glasfassaden
(2.7.2012, glasstec-Vorbericht) Der Trend zur transparenten Glasarchitektur ist ungebrochen. Rund um den Globus entstehen täglich neue Gebäude, deren architektonische Planungskonzepte maßgeblich auf der Leistungsfähigkeit hochfunktionaler Glasfassaden beruhen. Insbesondere bei repräsentativen Verwaltungsbauten setzen Architekten gern auf den großflächigen Einsatz von Glas, denn die Transparenz des Werkstoffs verleiht ihren Gebäuden eine ausgesprochene Leichtigkeit und löst die Grenzen zwischen innen und außen scheinbar auf.
Kaltluftabfall, Überhitzung, Blendeffekte
Große Glasflächen in der Gebäudehülle sind allerdings nicht gänzlich unproblematisch. Im Winter kann bei unzureichender Dämmfunktion in Fassadennähe ein für die Nutzer unangenehmer Kaltluftabfall auftreten, und im Sommer können sich die Innenräume bei fehlender Verschattungseinrichtung unangenehm aufheizen. Die Folge dieser Effekte ist ein erhöhter Heiz- bzw. Kühlbedarf. Ein weiteres Problem sind störende Blendeffekte.
Doppelfassade von Solarlux: Bild aus dem Beitrag "Low-tech-"Co2mfort-
Schwachpunkte beherrschbar
Die genannten Schwachpunkte lassen sich jedoch durch den Einsatz von leistungsstarken Funktionsgläsern und abgestimmten Sonnenschutzlösungen ausnahmslos in den Griff bekommen. Wer heute großflächig Glas in der Fassade verbaut, muss auf Basis der geltenden gesetzlichen Anforderungen sicherstellen, dass im Rahmen der Gesamtbewertung des Gebäudes das Fassadesystem energetisch optimiert ist. Auch der thermische Komfort im Gebäude muss zu jeder Jahreszeit gewährleistet sein.
Glasfassaden multifunktional
Angesichts der im
Markt zur Verfügung stehenden Hightech- Komponenten und
- bieten Wärme-, Sonnen-, und Schallschutz,
- sorgen für ausreichende Frischluftzufuhr,
- lenken das Tageslicht in die Tiefe der Räume und
- produzieren zudem Energie.
Richtig eingesetzt, werden Glasfassaden zu Licht spendenden und Energie gewinnenden Hüllen, die sich den variierenden Umgebungsbedingungen anpassen und so nachhaltig zur Schonung der Umweltressourcen beitragen.
Bild von Schüco aus dem Beitrag "Weltneuheit 2° Concept und Schüco E² Fassade auf der BAU" vom 31.12.2008 (Bild vergrößern)
Integrale Planungsarbeit, um kontraproduktive Effekte zu vermeiden
Die Europäische Union fordert in der Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD 2010) die Einhaltung von energetischen Mindeststandards und sieht vor, dass ab 2021 im Neubaubereich nur noch "Nahezu-Null-Energiegebäude" erstellt werden. Realisierbar ist diese ambitionierte Zielvorgabe bei Gebäuden mit hohem Glasanteil in der Fassade durch integrale Planungsansätze, die alle für die Energieeffizienz und den Nutzungskomfort relevanten Parameter einbeziehen. Jede Einzelmaßnahme kann sich negativ auf das Gesamtsystem auswirken. Ältere Bauprojekte haben gezeigt, dass beispielsweise durch ein vorgesetztes klassisches Sonnenschutzsystem zwar die solaren Strahlungseinträge verringert und Blendeffekte verhindert wurden, der Bedarf an Kunstlicht und somit der Energieverbrauch aber im Gegenzug deutlich anstieg. Um solche kontraproduktiven Effekte zu vermeiden, werden heute bei Großprojekten schon in einer sehr frühen Planungsphase Fassadenberater, Lichtspezialisten und Bauklimatiker einbezogen. Bei kleineren Bauvorhaben ist diese interdisziplinäre Zusammenarbeit allerdings noch immer die Ausnahme.
Die Krux für Planer ist, dass im Fassadenbereich ständig neue Produkte, Technologien und Produktionsverfahren entwickelt werden, die zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Nutzungsqualität von Gebäuden beitragen. Architekten sehen sich folglich bei jedem neuen Projekt mit der Fragestellung konfrontiert, welches Produkt und welche Technologie jeweils die effizienteste ist. „Wir Architekten müssten eigentlich viel mehr auf Messen (...) gehen, um uns über neue Produkte schlau zu machen (...)“, konstatierte Dipl.-Ing. Architekt Remigiusz Otrzonsek vom renommierten deutschen Architekturbüro HPP jüngst im Fachgespräch bei einem internationalen Glashersteller.
glasstec vom 23. bis 26. Oktober 2012
Die bedeutendste internationale Messe rund um den Werkstoff Glas ist die glasstec in Düsseldorf, die in diesem Jahr vom 23. bis 26. Oktober stattfindet. Doch nicht nur das dortige Angebot der Aussteller eignet sich, um Architekten und Planer auf den neuesten Stand zu bringen, auch das Rahmenprogramm und die Sonderthemen geben einen umfassenden Überblick zum Einsatz von Glas und Photovoltaik in der Fassade.
Für Architekten, Planungsingenieure und Fassadenbauer stehen mit der Fachtagung „engineered transparency“ (25./26.10.) und dem Architektenkongress (24.10) zwei Veranstaltungen zu den neuesten Entwicklungen der Themenfelder Konstruktiver Glasbau, Fassaden- und Solartechnologie auf dem Programm.
Institute und Verbände präsentieren sich zudem im „Kompetenzcenter Glas, Fenster Fassade“, während Unternehmen Produktlösungen für Glasfassaden als Mock-Ups in der benachbarten Sonderschau „glass technology“ live zeigen. Diese vom Architekten Prof. Stefan Behling und seinem Team des Institutes für Baukonstruktion an der Uni Stuttgart konzeptionierte Sonderschau wirft unter dem Titel „Innovative Glasfunktionen“ einen Blick in die Glaszukunft - nicht nur bei Glasfassaden. So widmet sie sich beispielsweise auch den Themen Ästhetik/Design, Interieur/Innenausbau und Innovative Glasprodukte/gebogenes Glas.
Am 25. Oktober geht es im begleitenden Symposium, das allen Besuchern kostenlos offen steht, um „Integrative Konzepte für transparente Gebäudehüllen“.
Innovative Glasprodukte, Fassadensysteme und Sonnenschutzvarianten bereits erhältlich
Schon 1968 hat sich der deutsche Fassadenbauer Gartner das System der integrierten Fassade patentieren lassen. Ständig weiterentwickelt stellt sie auch heute noch ein effizientes System dar. Bei diesem Fassadentyp tragen die Fassadenprofile nicht nur das Glas, sondern sind gleichzeitig Heiz- und Kühlflächen. Durch die Hohlprofile aus Stahl wird Wasser gepumpt, das nach Bedarf erwärmt oder gekühlt werden kann - siehe u.a. Baulinks-Beitrag "Integrierte Stahlfassade zum Heizen und Kühlen für die BMW Welt" vom 20.9.2007. Um ganz auf fossile Energieträger verzichten zu können, wurde die integrierte Fassade des Verwaltungssitzes der Firma Alki-Technik in Ingolstadt mit erneuerbaren Energien kombiniert. Die erforderliche Energie wird bei diesem Gebäude über eine Wärmepumpe aus Grundwasser gewonnen. Geheizt und gekühlt wird über die integrierte Fassade sowie über die Decken und Wandflächen. Laut Aussage des Fassadenherstellers zählt das Gebäude zu den energieeffizientesten Multifunktionsgebäuden in Europa.
Moderne, industriell gefertigte Fassadengläser lassen sich farblich auf die Wünsche der Bauherren einstellen und mittels verschiedenster Veredelungstechnologien individuell gestalten. Dank ihrer unsichtbaren Funktionsbeschichtungen bieten sie einen guten Wärmeschutz und reduzieren den solaren Strahlungseintrag deutlich. Für die bei großen Glasfassaden dennoch notwendige zusätzliche Verschattung stehen zahlreiche leistungsstarke Serienlösungen zur Verfügung. Darüber hinaus eröffnen projektbezogen entwickelte individuelle Sonnen- und Blendschutzsysteme ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit.
Ein aktuelles Beispiel für einen gelungenen Sonnenschutz ist das Projekt „CC01 Commercial Center Hafencity“ am Hamburger Sandtorhafen (Bild oben). Starr montierte gläserne Sonnenlamellen prägen das Büro- und Geschäftshaus und erfüllen gleichzeitig auch energetische Aufgaben. Sie reflektieren das Sonnenlicht und reduzieren so die Kühllast des Gebäudes. Die von der Flachglas Wernberg GmbH gefertigten Glaslamellen und Sonnenschutzisoliergläser sind ein wesentlicher Bestandteil des auf Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und hohen Nutzerkomfort ausgelegten Gebäudekonzeptes. Um den Reinigungsaufwand zu minimieren, wurden die Glaslamellen mit einer selbstreinigenden Beschichtung veredelt.
Bild von EControl-Glas aus dem Beitrag "Fraunhofer-Institut gibt sich Skywalk mit schaltbarem Sonnenschutzglas" vom 5.1.2011 (Bild vergrößern)
An Stelle oder ergänzend zu vorgesetzten Verschattungseinrichtungen können auch schaltbare elektrochrome Gläser eingesetzt werden. Sie verdunkeln sich auf Knopfdruck, erhalten aber den Blickkontakt zur Außenwelt. Gläser mit integrierten Prismen oder Lichtlenklamellen leiten das Tageslicht in die Tiefe des Raumes, und integrierbare Lüftungseinheiten mit Wärmerückgewinnung ermöglichen eine energieeffiziente Be- und Entlüftung. Werden alle regelbaren Komponenten der Fassade über eine Gebäudesteuerung mit einem modernen Heiz- und Kühlsystem vernetzt, kann sich das Gesamtsystem immer optimal auf die sich verändernden Umweltbedingungen einstellen. Die oft beschriebene intelligente Fassade ist längst keine Zukunftsvision mehr. Dipl.-Ing. Elmar Jochheim vom AMP Ingenieurbüro für Fassadentechnik und angewandte Bauphysik erklärt dazu: „Intelligente Fassaden werden künftig variabel wie Kleidungsstücke sein: Sie kühlen im Sommer, heizen im Winter, sind bespielbar als Medienträger, wahlweise transparent oder undurchsichtig und vieles mehr.“ Der Fassadenspezialist weist aber auch darauf hin, dass man nicht alles dem Glas zuweisen kann und sollte.
Fasssadenintegrierte Kraftwerke
Verstärkt werden mittlerweile auch fassadenintegrierte Photovoltaiksysteme zur Energiegewinnung eingesetzt. Auch hier bietet der Markt eine ganze Reihe unterschiedlicher Systeme. „Mit in die Gebäudehülle integrierten Photovoltaik-Elementen kann der Modernisierer oder Bauherr Strom produzieren, Witterungseinflüsse reduzieren, eine bessere Wärmedämmung erreichen und gleichzeitig für ein modernes Aussehen des Wohn- oder Geschäftshauses sorgen“, verspricht Jochen Grönegräs, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bundesverbandes Flachglas (Bild rechts aus dem Beitrag "Gebäude - ästhetischer Energiesammler statt dröge Energieschleuder" vom 31.7.2007).
Besonders geeignet für die Integration in
die Gebäudehülle sind Dünnschichtzellen. Bei ihnen wird die
photoaktive Schicht auf eine Glasscheibe aufgedampft. Eine zweite
Glasscheibe schließt die Schicht wie bei einem Sandwich ein. Die
Technologie macht es möglich, Module in ganz unterschiedlichen
Größen, Formen und Designs herzustellen, da man nicht auf eine
bestimmte Glasart und
Da Dünnschichtzellen auch bei Streulicht oder schwachem Licht Strom produzieren, können sie auch in nicht direkt der Sonne zugewandten Bereichen der Fassade eingesetzt werden. Insbesondere die teiltransparenten Dünnschicht-Module eröffnen vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Gebäudehülle. „Mit Solarmodulen kann man inzwischen richtig gestalten. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, bedruckt, mit Strukturglas oder sogar begehbar und mit Dämmwirkung dank Isolierglaseinsatz“, unterstreicht der BF-Geschäftsführer. Funktionalität und Design gehen hier eine enge Symbiose ein. Das dürfte Investoren, Gebäudenutzer sowie Architekten und Gebäudeplaner gleichermaßen freuen.
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*) | Die 16.000 Quadratmeter große Glasfassade des „HQ Building Abu Dhabi“ wurde mit Isolierglas von Glas Trösch ausgeführt. Die äußere Scheibe aus dem blau gefärbten Basisglas Glacier mit einer Silverstar Sunstop Blau 30 T Beschichtung sorgt für einen Gesamtenergiedurchlassgrad von nur 18% sowie den gewünschten Verspiegelungseffekt. Die innere Scheibe aus Eurofloat Klarglas wurde zusätzlich mit einer Silverstar ENplus T Wärmeschutzbeschichtung versehen. |
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- glasstec (23. bis 26.10.2012 in Düsseldorf)
- Glasstec 2024: Nachwuchssuche für ein junges Glaserhandwerk (5.9.2024)
- Das Rahmenprogramm der Glasstec 2024 (13.6.2024)
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- weitere Details...
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- Stoppt Klimadiskussion den Vormarsch der Glasfassade (8.6.2007)
siehe zudem:
- Glasfassaden, Glas, Photovoltaik, Fenster und Sonnenschutz bei Baulinks
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