Kreative Ideen für alte Bahnhöfe, Kirchen, Kasernen & Co ausgezeichnet
(13.10.2013) Während in vielen Großstädten die Mietpreise explodieren, stehen in anderen Orten in Deutschland Gebäude leer - eine Entwicklung, die sich in Zukunft noch verschärfen wird. Der Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ hat kreative Projekte ausgezeichnet, die alte Gebäude zum Leben erwecken.
Laut einer aktuellen Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln werden hierzulande in Zukunft mehr Wohnungen leer stehen als bisher. Bis 2030 sind davon vor allem ländliche Regionen sowie Ostdeutschland betroffen, aber auch in Großstädten wie Essen oder Dortmund geht die Wohnraumnachfrage voraussichtlich zurück. Grund ist nicht nur der demografische Wandel - Jung und Alt zieht es zunehmend in die Zentren.
Zudem stehen zahlreiche öffentliche Verwaltungsgebäude, Kirchen, Bahnhöfe, Industriegebäude oder Kasernen zum Verkauf oder werden künftig nicht mehr gebraucht. Allein schon durch den Abzug der alliierten Truppen sowie durch die Reform der Bundeswehr werden 37.000 m² Flächen frei. Die deutschen Streitkräfte werden deshalb in den nächsten Jahren beispielsweise 55 Kasernenanlagen, zwölf Depots und 58 Dienstgebäude zur Nachnutzung freigeben. Wer gern einen eigenen Bahnhof besitzen will, kann sich um eines der 550 Empfangsgebäude bewerben, die dank moderner Technik nicht mehr benötigt werden. Und in manchen Regionen steigt aus den Schornsteinen alter Fabriken längst kein Rauch mehr auf - sie werden in der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft nicht mehr gebraucht.
„Leerstand ist Stillstand“
Der Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ hat 100 Projekte gekürt, die für die Stadt der Zukunft wegweisend sind - darunter elf Ideen, die vormachen, wie sich alte Gebäude wiederbeleben lassen. „Leerstand bedeutet Stillstand, gerade für innerstädtische Zentren“, sagt Eva Grunwald, Leiterin Baufinanzierung Deutschland bei der Deutschen Bank AG. „Unsere Wettbewerbsgewinner zeigen, wie es gelingen kann, mit Know-how, persönlichem Einsatz und vor allem viel Kreativität Gebäude wiederzubeleben.“ Ziel ist es unter anderem, neue Anziehungspunkte für Städte zu schaffen, in denen die Einwohnerzahl schrumpft – aber auch neuen Wohnraum in boomenden Regionen.
Die Bandbreite der Ideen reicht vom Wasserturm, der ein neues Zuhause für seine Bewohner bietet, bis hin zum Kasernengelände, das sich in ein Kreativzentrum für die Bürger verwandelt. „Unterschiedliche Gebäudetypen bieten zahlreiche Möglichkeiten für neue Nutzungsweisen. Das ist für viele Städte eine Chance, Quartiere aufzuwerten oder dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken – je nach Bedarf“, so Eva Grunwald, Leiterin Baufinanzierung Deutschland bei der Deutschen Bank AG.
Sollen alte Gebäude neu genutzt werden, stellen sich dabei verschiedene Herausforderungen:
- Wie bleiben die Kosten im vertretbaren Rahmen?
- Wie kann der Charme alter Gebäude während einer Modernisierung erhalten bleiben?
- Wie können Mitstreiter gewonnen werden, um die alten Bauten mit guten Ideen wiederzubeleben?
Während sich beispielsweise Industrie- und Gewerbebauten meist problemlos in Wohnungen umwandeln lassen, gestaltet sich die Lage bei Kirchen schwieriger. Die nutzbare Fläche ist meist gering, die Beleuchtung spärlich. Zudem ist oftmals viel Überzeugungsarbeit bei den Bürgern gefragt - und Sensibilität für die Würde des Ortes. Wie es erfolgreich gelingen kann, neue Ideen für alte Gebäude umzusetzen, zeigen beispielhaft folgende drei Siegerprojekte:
Drei Zimmer, Kirche, Bad
Außen grauer Stein, innen bunte Farben: In der Kirche Herz-Jesu in
Mönchengladbach-Pesch (siehe Google-Maps) haben die Mieter ein ungewöhnliches Zuhause
gefunden. Als zwei Gemeinden des Ortes zusammengelegt wurden,
stand der Sakralbau zunächst leer. Die
Schleiff Denkmalentwicklung baute im Inneren der Kirche 23
barrierefreie Wohnungen. Niedrige Mietpreise in der Innenstadt
waren sowohl für Studenten als auch Rentner der Grund, in die
Kirche zu ziehen. Nach außen blieb der denkmalgeschützte Bau
erhalten. Im Inneren wurde ein Haus-im-Haus-
Vom Bundeswehrgelände zum Treffpunkt
Im Creativhof Grenzallee auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände spielen Nationalität und soziale Herkunft keine Rolle: Ein breites Spektrum an Bewegungs- und Bildungsangeboten lockt wöchentlich rund 250 Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus dem Darmstädter Brennpunktviertel in das Kreativzentrum.
Ein Zirkus, Sporthallen und eine Bildhauerwerkstatt finden sich ebenso auf dem Gelände und in den Gebäuden wie eine ambulante Familienhilfe und Qualifizierungseinrichtungen für junge Menschen. Dafür arbeiten die regionalen Kooperationspartner aus verschiedenen Bereichen vorbildlich zusammen.
Die richtigen Weichen gestellt
Mit ihrem Engagement retten Bürger ein historisches Bahnhofsgebäude. Über eine Million Euro haben Bürger zusammengelegt, um ihren maroden Leutkircher Bahnhof zu kaufen und zu sanieren. Jahrelang stand das Gebäude leer, der Putz bröckelte von den Wänden, Regen drang durch die kaputten Fenster. Durch das Engagement der Einwohner ist das über 125 Jahre alte Wahrzeichen der Stadt jetzt wieder ein Schmuckstück:
Wo früher Reisende auf ihren Zug gewartet haben, servieren Kellner jetzt leckeres Essen. Wo einst Bahnbeamte Fahrpläne prüften, arbeiten heute regionale Unternehmen. Und unter dem Dach informiert ein Besucherzentrum über das Thema „Nachhaltige Stadt“.
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siehe zudem:
- Stadtplanung, öffentliche Hand und Verbände auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Bauwirtschaft, Immobilien sowie Architekt und Wirtschaft bei Amazon