Fachbeitrag: Monolithische Ziegelbauweise vor dem Hintergrund der neuen EnEV
(2.12.2014) Seit 1. Mai 2014 gilt in Deutschland die EnEV 2014. Dass die monolithische Ziegelbauweise auch vor dem Hintergrund der damit verbundenen energetischen Verschärfungen eine probate Wahl für den Neubau sein kann, erläutert der promovierte Bauingenieur Thomas Fehlhaber (Unipor-Geschäftsführer) in diesem Beitrag. Er beleuchtet die Konsequenzen der EnEV und zeigt praktische Lösungen anhand aktueller Mauerziegel-Produkte.
Planern und Baustoffherstellern weht durch die neue
Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) ein verschärfter Wind
entgegen. Grundlage der EnEV 2014 ist weiterhin das
Nachweisverfahren auf Basis des Referenzgebäudes der EnEV 2009.
Demnach muss sich das konkret geplante Gebäude an den berechneten
Energiekennwerten des Referenzgebäudes orientieren. Dessen
Anforderungen an den Primärenergiebedarf (QP) werden ab dem 1.
Januar 2016 mit dem Faktor 0,75 multipliziert, sodass sich eine
Verschärfung von 25 Prozent ergibt. Gleichzeitig darf der
Transmissionswärmeverlust H’T des geplanten Gebäudes den
definierten Wert des Referenzgebäudes nicht überschreiten. Dieser
liegt in Bezug auf die Außenhülle - je nach Gebäudetyp - zwischen
0,40 und 0,65 W/m²K. Diese Einschränkung kommt einer
Verschärfung von rund 20 Prozent gleich. Die Bundesregierung sieht
in der neuen EnEV ein Mittel bei der Erreichung der wichtigen
Klimaziele. Diese Ziele umfassen eine rund 20-prozentige Senkung
des CO₂-
Mit Inkrafttreten der EnEV 2014 am 1. Mai 2014 wurde bereits der Weg für die kommenden Jahre abgesteckt: So beinhaltet die Verordnung energetische Verschärfungen, die erst ab dem 1. Januar 2016 in Kraft treten. Daraus ergibt sich eine 20-monatige Übergangszeit, in der - abgängig von unterschiedlichen Terminen und Fristen - wahlweise die EnEV 2014 mit den Anforderungen der EnEV 2009 oder die verschärften Anforderungen vom Januar 2016 zum Tragen kommen:
Einsparpotenziale bewusst nutzen
Seit Jahrzehnten werden energetisch hochwertige Gebäude in monolithischer Ziegelbauweise errichtet - mit langer Lebensdauer und hervorragender Öko-Bilanz. Die deutsche Ziegelindustrie hat in den vergangenen 20 Jahren entscheidende Entwicklungsschritte bei ihren Produkten eingeleitet. Porosierte Hochlochziegel sowie die dämmstoffgefüllten Mauerziegel der verschiedenen Anbieter, die seit den 2000er-Jahren im Angebot sind, erfreuen sich einer regen Nachfrage. Mit ihnen hat die Industrie die Wärmedämmleistung der grobkeramischen Wandbaustoffe seit Beginn der 1990er-Jahre um insgesamt 60 Prozent verbessert. So erzielen aktuelle Hochleistungsprodukte mit Dämmstoff-Füllung Wärmedurchgangskoeffizienten bis 0,07 W/mK. Selbst in monolithischer Ziegelbauweise entstehen so - entsprechende Planung vorausgesetzt - Neubauten mit einem U-Wert von nur 0,14 W/m²K. Eine Zusatzdämmung der Außenwände ist dafür nicht notwendig.
Die Verschärfungen der aktuellen EnEV wirken sich direkt und indirekt auch auf das Mauerwerk aus. Durch die bereits erzielten Optimierungen der Baustoffe zeichnet das Mauerwerk heute jedoch nur noch für etwa zwölf Prozent der Energieverluste bei einem Neubau verantwortlich. Dies begrenzt die realen Einsparpotenziale erheblich. Unter ökonomischen wie ökologischen Gesichtspunkten werden zukünftig daher diejenigen Bauteile im Mittelpunkt stehen, die bei minimalem Mehraufwand maximale Einsparungen erzielen. Gleichzeitig fördert die Politik durch die neue EnEV insbesondere alternative Systeme zur Energiegewinnung und -speicherung, da diese die Primärenergiebilanz erheblich verbessern.
Nutzerfreundliche Hilfsmittel
Bei der Gebäudehülle steckt ein hohes Potenzial in der Vermeidung und einzelnen Nachweisführung der Wärmebrücken. Die Fensteranschlüsse stellen den höchsten Wärmebrückenanteil an einem Gesamtgebäude. Aber auch die Anbindung der Geschossdecken muss sorgfältig geplant und ausgeführt werden. Sie addieren sich - gerade bei Mehrgeschossbauten - auf eine signifikante Gesamtlänge.
Bei Neubauten existieren derzeit drei Möglichkeiten der Nachweisführung: Die genaueste, aber auch umfangreichste Option ist der exakte Nachweis der Wärmebrücken nach DIN V 4108-6. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Wärmebrücken mit Hilfe eines pauschalen Malus auf den Transmissionswärmeverlust H’T einzurechnen. Dieser beträgt entweder 0,1 W/m²K für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche oder - bei Anwendung der Planungsbeispiele nach DIN 4108 - 0,05 W/m²K.
Um Architekten die nötige Ausführungssicherheit bei der Planung von Neubauten zu gewährleisten, bietet die deutsche Ziegelindustrie entsprechende Hilfsmittel an - darunter Wärmebrückenkataloge und eine EnEV-Planungssoftware. Besonders nutzerfreundlich ist dabei die Detailsammlung von wärmebrückenarmen Konstruktionen mit den dazugehörigen Kennwerten, die von der deutschen Ziegelindustrie erarbeitet wurde. Als eigenständiges PC-Programm oder Teil der EnEV-Software ermöglicht sie einen detaillierten Wärmebrückennachweis nach DIN V 4108-6 und minimiert die notwendige Berechnungsarbeit durch den Planer. Die Wärmebrückeneffekte lassen sich so gegenüber dem pauschalen Wärmebrückenkoeffizienten weiter verringern.
Eine neue Version der EnEV-Software, die auch die Änderungen der EnEV 2014 beinhaltet, ist als Upgrade oder vollständige Neuversion bei den Herstellern der deutschen Ziegelindustrie verfügbar - siehe auch Baulinks-Beitrag „EnEV-Software 8.1 von Unipor berücksichtigt Energieeinsparverordnung 2014“ vom 18.7.2014,
Nutzerfreundliche Sonderlösungen
Zusätzlich zu den Planungshilfen bietet die deutsche Ziegelindustrie keramische Sonderprodukte an, welche die energetische Qualität und Ausführungssicherheit der Gebäudehülle erhöhen. So hat beispielsweise das Unipor-Mitgliedsunternehmen Hörl und Hartmann (Dachau) ein spezielles Deckenrandelement im Programm. Dieses schichtweise aufgebaute Element besteht aus einer keramischen Außenschale mit Putzrillen und einer innenliegenden Wärmedämmung (siehe Bild rechts). Als Systemprodukt eignet es sich besonders für den Geschosswohnungsbau, wo es eine hohe Einbindung der Geschossdecken in die Außenwand erzielt. Das Element wirkt sich durch seine robuste Ausführung nicht nur positiv auf die Schalldämmung aus, sondern ermöglicht gleichzeitig eine Ausführung der Deckenanschlüsse als optimierte Wärmebrücke nach Beiblatt 2 zu DIN 4108 (Psi ≤ 0,06 W/mK). Auch wärmegedämmte Rollladenkästen und dämmstoffgefüllte Fensterstürze können die Einbindung von Fenstern ins Außenmauerwerk energetisch optimieren. Zudem schaffen sie einen homogenen Putzuntergrund, der effektiv vor Putzrissen schützt.
Sommerlicher Wärmeschutz
Wärmedämmung bedeutet auch die Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes gemäß DIN 4108-2. Die Grenzwerte hierfür richten sich nach Lage und Standort des Gebäudes. Zudem sind Fläche, Orientierung und Neigung der Fenster ausschlaggebend. Der Nachweis wird raum- oder raumgruppenweise geführt, kann bei Wohngebäuden jedoch unterlassen werden, wenn definierte Fensterflächenanteile unterschritten sind. Auch spielt die wirksame Wärmespeicherfähigkeit des betrachteten Raumes gemäß DIN V 4108-6 eine wichtige Rolle. Diese richtet sich nach der Bauart des Gebäudes. Massive Ziegelwände sind hier klar im Vorteil, da sie über eine hohe Speicherwirkung verfügen.
Monolithische Ziegel-Passivhäuser in der Theorie ...
Ab 2021 sollen in Deutschland nur noch klimaneutrale Gebäude entstehen. Passivhäuser ergänzt durch regenerative Energiegewinnung können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Als bundesweit erster Hersteller verfügt die Unipor-Gruppe über ein monolithisches Ziegelsystem, das vom Darmstädter Passivhaus-Institut als passivhausgeeignete Komponente zertifiziert wurde - siehe Baulinks-Beitrag dazu vom 21.4.2008. Der „Unipor W07 Coriso“-Mauerziegel (Zulassung Z-17.1-935) verfügt über ein ausgefeiltes Lochbild und eine wärmedämmende mineralische Füllung (λ=0,04 W/mK). Auf diese Weise ermöglicht er den Bau von monolithischen Ziegel-Passivhäusern ohne zusätzliches Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS). Unipor bietet dieses Ziegel-Hochleistungsprodukt in Kombination mit einer Bauberatung durch zertifizierte Passivhausplaner sowie einem eigens entwickelten Wärmebrückenkatalog an. Letzterer enthält Bemessungsgrundlagen sowie lineare Wärmedurchgangs-koeffizienten für die Außenbauteile - siehe Baulinks-Beitrag „Wärmebrückenkatalog für die Projektierung von massiven Passivhäusern“ vom 27.9.2010.
... und in der Praxis
Ein konkretes Objekt im Frankfurter Stadtteil Kalbach zeigt eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit des monolithischen Wandsystems. Die Entscheidung für die massive Ziegelbauweise fiel dabei unter ökologischen sowie ökonomischen Gesichtspunkten und auf Basis ausführlicher Berechnungen und Überlegungen seitens der Tragwerksplaner¹). Im direkten Vergleich zu alternativen Außenwandaufbauten mit WDVS-Dämmung verlängert die massive, monolithische Bauweise die erforderlichen Sanierungszyklen. Die mineralischen Eigenschaften des Mauerziegels tragen dabei zu einer langen Lebensdauer und vollständigen Recycelfähigkeit des Baustoffes bei. Dadurch produziert die monolithische Ziegelaußenwand über einen Lebenszyklus von 100 Jahren nur rund die Hälfte an Kosten wie die geprüften Alternativen:
Auch im Sinne eines ökologisch nachhaltigen Bauens schnitt die monolithische Ziegellösung hervorragend ab. Im direkten Vergleich sind die Umweltwirkungen bei der monolithischen Lösung signifikant geringer und schonen somit die Umwelt sowie natürliche Ressourcen:
Fazit
Die EnEV 2014 definiert neue Grenzwerte, die sich auch auf die energetische Qualität des Mauerwerkes auswirken. Die monolithische Ziegelbauweise bietet neben den festgelegten Grenzwerten zusätzliche Öko-Vorteile - beispielsweise eine lange Lebensdauer - die derzeit jedoch oftmals noch nicht in der Planung berücksichtigt werden. Auch diese Qualitäten kommen der Umwelt nachhaltig zugute - fernab der Klimaziele der Bundesregierung. Damit ist der älteste Baustoff der Welt noch lange nicht in die Jahre gekommen, sondern vielmehr - dank sinnvoller Innovationen in den letzten Jahrzehnten - gereift und bewährt in der Anwendung.
Quellen: | |
¹) | Messari-Becker, Bollinger, Grohmann (2011), in: Erste Erfahrungen mit Mehrfamilien-Passivhäusern in monolithischer Bauweise (Bauphysik 33, Heft 1). |
²) | Gierga, Michael: EnEV 2009, Energie-Einsparverordnung, Leitfaden für Wohngebäude, Bonn 2009 |
³) | Gierga, Michael und Staniszewski, André: EnEV 2014, Energie-Einsparverordnung, Leitfaden für Wohngebäude, Bonn 2014 |
Weitere Informationen zu EnEV-gerechten Ziegelbauweisen und zu gefüllten Coriso-Mauerziegeln können per E-Mail an Unipor angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Mein Ziegelhaus mit Mauerziegeln für den Mehrgeschossbau (27.1.2017)
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- EnEV 2014: Fehlerhafte Immobilienanzeigen kosten seit dem 1. Mai Bußgeld (3.5.2015)
- Poroton, Mein Ziegelhaus, Unipor und Thermopor starten gemeinsame Marketingkampagne (19.4.2015)
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- Wärmeschutz und Energiebedarf nach EnEV 2014 - gedruckt und als CD-ROM (24.8.2014)
- VBI-Broschüre zur EnEV 2014 (20.7.2014)
- EnEV 2014 im Bild auf 151 Seiten (20.7.2014)
- Fachbeitrag: Erhöhter Schallschutz im monolithischen Ziegel-Passivhaus (25.6.2014)
- Recycling oder Nicht-Recycling von mit Dämmmaterial gefüllten Ziegeln (25.6.2014)
- IBR-Prüfsiegel: Unipor-Ziegelwandsysteme sind baubiologisch unbedenklich (25.10.2013)
- „Kostengünstige mehrgeschossige Passivwohnhäuser“ erschienen im Fraunhofer IRB-Verlag (7.7.2013)
- Laibungsziegel von Beck+Heun zur wärmebrückenfreien Fenstermontage (21.6.2013)
- Gefüllte Geschossbau-Mauerziegel von Unipor erhalten Brandwandzulassung (27.11.2012)
siehe zudem:
- Mauerwerk im Rohbau-Magazin von Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Mauerwerk bei Amazon