Als Standardwerk zur Architekturfotografie konzipiert: „Vom Nutzen der Architekturfotografie“
(29.11.2015) „Die Figur des Nutzers oder der Nutzerin ist ein genuin architektonisches Motiv. Mit dem Konzept des Nutzers wird das Verhalten der Menschen als vorhersehbar konstruiert. Die Komplexität des Lebens wird auf einen planbaren Bezug zum Raum reduziert. Viele Architekturfotografien in diesem Buch zeigen Situationen außerhalb dieser Vorgabe.“
Gleich in der Einleitung des bei Birkhäuser erschienenen Buchs „Vom Nutzen der Architekturfotografie“ stellt die Mitherausgeberin Angelika Fitz die Eigenständigkeit der Architekturfotografie heraus - als eigene Kunstform, als Kommunikationsmedium, als historisches Dokument ... und vor allem als Kommentar zur Architektur. Fotografie kann Architektur glorifizieren aber auch kritisieren, ihre Schwächen aufzeigen, sie kann einen Kontext herstellen oder Architektur zum erratischen/verirrten Objekt stilisieren.
Als Standardwerk zur Architekturfotografie gemeinsam mit der Vereinigung IG Architekturfotografie konzipiert, nähert sich das Fachbuch dem Verhältnis von Bild und Architektur erstmalig auf analytische und dabei vielschichtige Weise. Dabei verweist die Anlehnung des Buchtitels an Nietzsches „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“ (siehe Amazon und Wikipedia) bewusst auf die Beziehung zwischen Foto und Architektur analog zu der eines Geschichtsbewusstseins für den modernen Menschen: Erst die Fotografie hat der architektonischen Moderne zu jener Bedeutung verholfen, der sie ihren Erfolg verdankt.
Und heute? Gerade in Zeiten der Bilderflut und der massenhaften medialen Verbreitung von Bauwerken, in der sich Fotos und Renderings scheinbar kaum mehr voneinander unterscheiden lassen, werden Differenzierungen notwendig. Professionelle Fotografen schaffen durch ihre Haltung und ihre Interessen sehr individuelle Bilder der gebauten Wirklichkeit. Sie erzählen eigene Geschichten der Gebäude, entscheiden, wie sie diese in Szene setzen - ob ...
- belebt oder unbelebt,
- mit oder ohne Kontext,
- als Neubau oder im Gebrauch.
Welche Auswirkung hat dieser fotografische Blick auf die Vermittlung der Gebäude und ihrer Architekten? Viele Architekten verbindet eine langjährige Zusammenarbeit mit einzelnen Fotografen. Wie stark prägen mögliche Bilder schon den Entwurf? Welche Bilder generieren Aufmerksamkeit, welche neue Blickwinkel?
Dem Hauptteil des Buchs vorangestellt sind kurze Essays. So nimmt der Architekturtheoretiker Philipp Ursprung den Leser mit auf eine historische Reise der Architekturfotografie und ihrer dynamischen Beziehung zur gebauten Umwelt sowie der gesellschaftlichen Prozesse dahinter: Seien es die riesigen gerasterten Öffnungen der J.P. Morgan Bank in New York mit ihrem ameisenhaften Heer von Angestellten davor, wie sie Paul Strand in Wall Street einfängt, oder die Aufnahmen von Industriebrachen und Baustellen von Bernd und Hilla Becher, Aglaia Konrad oder Armin Linke. Elke Krasny widmet sich unterschiedlichen Funktionen von Architekturfotografie im Spannungsfeld von Politik und Ökonomie, und Mitherausgeberin Gabriele Lenz beschreibt die Bedeutung des Einzugs des Fotos in die grafisch geprägte Welt der Bücher: für die Wahrnehmung von Architektur ebenso wie für die der Bücher selbst als eigene „tragbare Räume“.
Mit der Fokussierung auf den Nutzen schaffen die Herausgeberinnen ein analytisches Werkzeug, mit dem sich die Beziehungsebenen zwischen Architektur und Fotografie untersuchen lassen. In zehn Episoden werden diese einem Sichtwechsel unterzogen: „Nutzungsspuren“, „Vom Nutzen des Standpunkts“, „Vom Nutzen der Wiedererkennbarkeit“, „Umnutzung“, „meistgenutzt – ungenutzt“ ... Die Fotografien kommentieren sich meist gegenseitig, jedoch kommen immer wieder auch „Nutzer“ der Architekturfotografie zu Wort: Journalisten, Kuratoren, Architekten. Die unterschiedlichen Positionen treten dabei in einen spannungsvollen Dialog. Erkenntnisgewinn und Schauvergnügen gehen Hand in Hand.
Die bibliographischen Angaben zum Buch:
- Vom Nutzen der Architekturfotografie
Positionen zur Beziehung von Bild und Architektur - Herausgeber: Angelika Fitz und Gabriele Lenz mit IG Architekturfotografie
- 2015, 288 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen
- deutsch/englisch, gebunden
- ISBN: 978-3-0356-0586-0
- erhältlich u.a. bei Amazon
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Shortlist für die architectural photography awards 2018 (7.10.2018)
- architekturbild - Grenzen | Borders: Europäischer Architekturfotografie-Preis geht nach Berlin (9.4.2017)
- Neuerscheinung Urlaubsarchitektur: Die schönsten Ferienhäuser - Selection 2016 (14.12.2015)
- Gimbse Foto: iOS-App speziell für Architektur-Fotos (28.7.2018)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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- Buchbesprechung: „Architekturfotografie - Handbuch und Planungshilfe“ (1.7.2012)
siehe zudem:
- Architekturfotografie und Baukultur im Architektur Magazin von Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Architekturfotografie bei Amazon.de