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Treibhausgasemissionen stiegen 2021 um 4,5%

(20.3.2022) Nach einem deutlichen Rückgang 2020 stiegen/steigen die Treibhausgasemissionen in Deutschland wieder an. So wurden 2021 rund 762 Mio. Tonnen Treibhausgase freigesetzt - das sind gut 33 Mio. Tonnen oder 4,5% mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland um 38,7% gesunken.

Grafiken © BMWK / Umweltbundesamt 

Der Anstieg 2021 ist insbesondere im Energiesektor zu verzeichnen: Dieser weist ein Plus von 27 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente auf, da wegen gestiegener Stromnachfrage, geringerer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und des gestiegenen Gaspreises verstärkt Kohle zur Stromerzeugung genutzt wurde. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sank vor allem aufgrund schlechter Windverhältnisse um 7%. Im Verkehrs- und Gebäudebereich lagen die Emissionen über den im Bundes-Klima­schutz­gesetz festgelegten Jahreshöchstmengen - das geht aus den aktuellen Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, die nach den Vorgaben des Bundes-Klima­schutz­gesetzes und der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) am 15. März vorgelegt wurden.

Klima-Staatssekretär Patrick Graichen kommentierte: „Der Anstieg der Treibhausgasemissionen hat sich leider abgezeichnet. Dem wird die Bundesregierung jetzt mit einem Klimaschutz-Sofortprogramm zügig entgegenwirken. A und O ist ein wesentlich höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir müssen es schaffen, dreimal so viele Kapazitäten wie bisher zu installieren, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80% zu steigern. Eine Hängepartie wie in den letzten Jahren darf es dabei nicht mehr geben. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns zudem auf dramatische Weise deutlich gemacht, wie sehr Sicherheit und Energieversorgung zusammenhängen. Wir können es uns nicht mehr leisten, das zu ignorieren. Deshalb gilt es jetzt, jeden Stolperstein auf dem Weg zu mehr Wind- und Sonnenkraft zügig aus dem Weg zu räumen. Die schnellere Abkehr von fossilen Energien muss alle Bereiche umfassen - von der Industrieproduktion, über den Gebäudebereich, bis hin zur Mobilität und der Landwirtschaft. Entscheidend ist dabei, die soziale Balance zu wahren.“

UBA-Präsident Dirk Messner stellte fest: „Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 2020 ist fast zur Hälfte schon wieder verloren. Unsere Zahlen zeigen deutlich, dass die Ziele der Bundesregierung schnellstens angegangen werden müssen. Wir müssen schnell mehr Sonnen- und Windenergieanlagen bauen. Unsere Gebäude müssen wir auf Wärmepumpen umstellen und so schnell wie möglich aufhören, Öl- und Gasheizungen einzubauen. Bei unseren Häusern können wir auch mit Energiesparen noch einiges erreichen, vor allem indem wir sie besser energetisch sanieren. Das hilft auch gegen unsere Energieabhängigkeit von Russland. Hier kann jede und jeder einzelne etwas tun, was auch dem Klima hilft: Etwas weniger heizen, das Auto öfter mal stehen lassen oder, wenn es doch notwendig ist, langsamer fahren.“

Aktuelle Emissionsdaten im Einzelnen

Seit 1990 sanken die Emissionen in Deutschland um 38,7%. Das Ziel für 2030 ist ein Minus von 65%. Emissionssteigerungen gegenüber dem Vorjahr gab es 2021 in nahezu allen Bereichen. Die verfügbaren Daten zeigen, dass seit 2010 vor allem die Energiewende zur Reduktion der Emissionen beigetragen hat. Alle anderen bedeutenden Sektoren stagnieren seit 2010 mehr oder weniger.

Im Sektor Energiewirtschaft

... sind mit rund 27 Mio. Tonnen die größten Emissionssteigerungen in absoluten Zahlen zu verzeichnen - das entspricht 12,4% mehr als 2020! Mit rund 247 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten lagen die Emissionen aber noch gut 11 Mio. Tonnen unter denen von 2019. Eine Jahresemissionsmenge für 2021 gibt es im Bundes-Klimaschutzgesetz für den Sektor Energiewirtschaft nicht.

Besonders deutlich stiegen die Emissionen aus der Stein- und Braunkohlenverstromung aufgrund des erhöhten Kohleeinsatzes. Der Einsatz von emissionsärmerem Erdgas nahm dagegen in der zweiten Jahreshälfte aufgrund der deutlich gestiegenen Gaspreise ab. Die wesentlichen Gründe für den erhöhten Einsatz fossiler Energieträger zur Stromerzeugung ist die im Vergleich zum Vorjahr um 17,5 TWh deutlich verringerte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, insbesondere die geringere Windstromerzeugung, und ein um 13,5 TWh gestiegener Bruttostromverbrauch.

Im Sektor Verkehr

... wurden im Jahr 2021 rund 148 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen. Damit lagen die Treibhausgasemissionen dieses Sektors sowohl 1,2% über dem Wert von 2020 als auch rund 3 Mio. Tonnen über der gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz für 2021 zulässigen Jahresemissionsmenge von 145 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten. Ein Grund dafür ist der Straßengüterverkehr, der auf den Autobahnen wieder auf ein Niveau leicht oberhalb des Jahres 2019 angestiegen ist. Der PKW-Verkehr dagegen ist weiter geringer als vor der Corona-Pandemie (2019), was in Absatzzahlen für Kraftstoffe und Daten von Zählstellen an Autobahnen und Bundesstraßen deutlich wird.

Im Sektor Industrie

... stiegen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um gut 9 Mio. Tonnen CO₂-Äqui­va­len­te an (+5,5%). Mit rund 181 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten lagen sie damit wieder fast auf dem Niveau von 2019, aber knapp unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 182 Mio. Tonnen CO₂- Äquivalenten. Hier spielen aufholende Konjunktureffekte infolge der Corona-Krise und ein vermehrter Einsatz fossiler Brennstoffe eine wichtige Rolle.

Die deutlichste prozentuale Steigerung gab es in der Stahlindustrie, wo die Rohstahlerzeugung um rund 12% zunahm. Im produzierenden Gewerbe (energiebezogener Anteil) stiegen die Emissionen um rund sieben Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente bzw. 6,4%.

Im Sektor Gebäude

... kam es 2021 zu einer Emissionsminderung von knapp 4 Mio. Tonnen CO₂-Äqui­va­len­ten (3,3%) auf rund 115 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente. Trotz dieser Emissionsminderung überschritt der Gebäudesektor, wie bereits im Vorjahr, die erlaubte Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz von 113 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten. Die Emissionsreduzierung ist allerdings im Wesentlichen als Sondereffekt auf deutlich verringerte Heizölkäufe zurückzuführen. Die Heizöllager wurden aufgrund der günstigen Preise und in Erwartung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes bereits 2019 und 2020 umfangreich aufgestockt. Der Erdgasverbrauch stieg dagegen witterungsbedingt an.

Im Sektor Landwirtschaft

... gingen die Treibhausgasemissionen um gut 1,2 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente (-2,0%) auf 61 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente zurück. Der Sektor blieb damit deutlich unter der für 2021 im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 68 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten. Der Rückgang der Tierzahlen setzte sich fort. Die Rinderzahlen sanken um 2,3%, die Schweinezahlen um 9,2%. Dadurch gab es weniger Gülle, weshalb die mit Düngung verbundenen Emissionen ebenfalls sanken (-4,0% gegenüber 2020). Die deutliche Unterschreitung der festgesetzten Jahresemissionsmenge ist jedoch vor allem durch methodische Verbesserungen in der Berechnung der Emissionen bedingt.

Im Sektor Abfall

... sanken die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um rund 4,3% auf gut acht Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente. Damit blieb der Abfallsektor erneut unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von neun Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten. Der Trend wird im Wesentlichen durch die sinkenden Emissionen aus der Abfalldeponierung infolge des Verbots der Deponierung organischer Abfälle bestimmt.

Grafik © BMWK / Umweltbundesamt 

Weiteres Verfahren gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz

Die Emissionsdaten des Jahres 2021 werden nun, wie im Gesetz vorgesehen, vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der Expertenrat legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Danach haben die jeweils zuständigen Ministerien laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das Vorschläge für Maßnahmen enthält, die den Gebäudesektor und den Verkehrssektor in den kommenden Jahren auf den vorgesehenen Zielpfad bringen. Die Bundesregierung arbeitet allerdings bereits an einem Klimaschutz-Sofortprogramm, das diese Anforderungen so weit wie möglich erfüllen soll.

Dirk Messner: „Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent. Um das zu schaffen, braucht Deutschland jetzt eine gemeinsame Energieanstrengung. Wir müssen zusammen alle Kraft darauf verwenden, uns unabhängig zu machen von russischer Energie, und um unser Klima zu schützen.“

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