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Reaktionen auf den Koalitionsvertrag: Bundesbauministerium, 400.000 Wohnungen, AfA-Erhöhung,...

Kooalitionsvertrag
  

(24.11.2021) Gemeinsam mit den Parteivorsitzenden von SPD, Grünen und FDP hat der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz den Koalitionsvertrag vorgestellt. Auf 177 Seiten beschreiben die Parteien ihren Anspruch auf politischen Fortschritt – und auf einen neuen Regierungsstil. Die Baubranche betreffend stechen u.a. folgende Ankündigen heraus:

  • eigenständiges Bundesbauministerium - nicht unter einem Dach mit einem Verkehrs-, Klima- und/oder Umweltministerium
  • 400.000 Wohnungen jährlich, darunter 100.000 öffentlich gefördert
  • „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ inklusive Verlängerung der Mietpreisbremse
  • flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer
  • Erhöhung der AfA
  • Erhöhung und Verstetigung der Infrastrukturinvestitionen
  • Novellierung der HOAI

Es gibt auch erste Stimmen von relevanten Vertretern der Branche.

ZDB Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa

... begrüßte die Ankündigung der Ampelkoalition, „die Bedeutung des Bauens mit einem eigenständigen Ministerium hervorzuheben. Denn egal, ob Leitungsinfrastruktur, der Ausbau der Windenergie oder die energetische Gebäudesanierung - bei der Klimawende ist die Bauwirtschaft mit ihrem Knowhow gefragt.“ Nicht nur der Zentralverband Deutsches Baugewerbe hatte in der Vergangenheit mehrfach ein eigenständiges Bauministerium gefordert.

Das Ziel, 400.000 Wohnungen jährlich bauen zu wollen, bezeichnet Herr Pakleppa als „ambitioniert“. Denn in den vergangenen Jahren wurden nur rund 300.000 Wohnungen jährlich gebaut - siehe auch Beitrag „Wachsender Bauüberhang trotz 4,6% mehr Baufertigstellungen von Wohnungen im Jahr 2020“ vom 27.5.2021. Richtig sei gleichwohl, „dass gegen Wohnungsnot nur neu Bauen hilft. Die Bauwirtschaft hat ihre Kapazitäten in der Vergangenheit deutlich ausgeweitet, sie wird das im Vertrauen auf die anstehenden Investitionen auch weiterhin tun.“

Dass die Koalition die lineare Afa von 2% auf 3% erhöht, sei lange überfällig und werde Investitionen in den Mietwohnungsbau anregen. Diese Maßnahme begrüßt der ZDB ausdrücklich.

Das Bekenntnis der Koalition zu höheren und langfristig abgesicherten Investitionen in die Infrastruktur sei für den Wirtschaftsstandort Deutschland von großer Bedeutung, stellt Herr Pakleppa weiter fest. Dazu gehörten auch Investitionen in die Erhaltung der Infrastruktur. Hier sei lange Zeit zu wenig getan worden und das betreffe auch Ingenieurbauwerke, wozu auch die vielen Tausend Brücken zählten - vielfach in einem maroden Zustand.

„Die Ampelparteien wollen sowohl im Wohnungsbau als auch für die Verkehrsinfrastruktur Dialogprozesse mit den verschiedenen Akteuren in Gang setzen. Als größter und ältestes Bauverband stehen wir dafür selbstverständlich zur Verfügung,“ versprach der ZDB-Hauptgeschäftsführer abschließend.

Bauindustrie-Präsident Peter Hübner

... begrüßte ebenfalls die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag: „Die neue Koalition setzt auf die Bauindustrie - klimaorientiert, digital und innovationsfördernd. Mit einem eigenen Bundesbauministerium unterstreicht die neue Regierung nicht nur die volkswirtschaftliche Bedeutung des Baus in Deutschland, sondern auch die Rolle der Bauindustrie als Schlüsselbranche für Umwelt- und Klimaschutz und bezahlbaren Wohnraum. Für eine erfolgreiche Mobilitäts- und Energiewende und den Aufbau einer resilienten Infrastruktur wird zudem die gute Verzahnung mit den Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Verkehr und Digitales besonders wichtig sein.“

Herr Hübner weiter: „Serielles und modulares Bauen tragen dazu bei, schnell bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Zur Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor bekennen sich die Koalitionsparteien außerdem zurecht zu Technologieoffenheit, Lebenszyklusbetrachtung und Quartiersansätzen. Für das Gelingen der Mobilitätswende ist es richtig, sowohl Investitionen im Straßenbau zu verstetigen als auch Schiene und Wasserstraße zu stärken. Die entschiedenen Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung, mehr Tempo bei der Digitalisierung sowie nachhaltige Bauweisen – das sind weitere wegweisende Pläne.“

Darüber hinaus forderte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, dass nun Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, um auch die strukturellen Voraussetzungen schnell zu schaffen. Hierzu gehörten auch die Stärkung der Tarifautonomie sowie die geplante Flexibilisierung des Vergaberechts.

BIngK-Präsident Dr.-Ing. Heinrich Bökamp

... befürchtet, dass eine wichtige Chance vergeben wurde: „Angesichts der bevorstehenden großen Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung, Wohnungsbau, Stadtentwicklung und Infrastruktur wäre jedoch noch mehr Mut zur Neugestaltung wünschenswert gewesen. Das Erreichen der sehr ambitionierten Ziele für die CO₂-Reduktion unterstützt die Bundesingenieurkammer aber vollumfänglich.“

Auch die Bundesingenieurkammer begrüßt ausdrücklich die Schaffung eines eigenen Bundesbauministeriums und hofft, dass damit dringend anstehende Maßnahmen gebündelt und zügig angegangen werden. Allerdings hätte man sich gewünscht, künftig auch die Infrastruktur unter diesem Dach zu finden. Denn perspektivisch sei hier ein engeres Zusammenwirken von Hoch- und Infrastrukturbau unerlässlich.

Angesichts der immensen Herausforderungen für den Planungs- und Bausektor seien jetzt jedoch vor allem finanzielle Verlässlichkeit, geeignete Rahmenbedingungen sowie passende nachhaltige Unterstützungs- und Förderangebote erfolgskritisch. Dazu zähle nicht zuletzt auch die Stärkung der Freiberuflichkeit als Rückgrat der mittelständischen Wirtschaft sowie die dringend notwendige Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die erfreulicherweise in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde.

„Ich kann nur immer wieder betonen: Die Ingenieurinnen und Ingenieure stehen bereit! Jetzt gilt es, schnell die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen und das Potenzial der Planerinnen und Planer zu nutzen, damit die ‚Konjunktur-Lokomotive Planungswesen‘ Fahrt aufnehmen kann. Denn wir können uns einen weiteren Stau beim Bau oder der dringend nötigen Sanierung von Verkehrswegen, Schulen oder Sportplätzen nicht leisten“, sagte der Präsident der Bundesingenieurkammer abschließend.

Bausparkassenverbände

...  vermissen Wohneigentum in der geplanten Reform der privaten Altersvorsorge. Der Verband der privaten Bausparkassen sowie die Bundesgeschäftsstelle der Landebausparkassen begrüßen aber auch, dass die Bundesregierung die Thematik künftig wieder in einem eigenständigen Ministerium für Bauen und Wohnen ansiedeln will.

„Wir freuen uns, dass sich die Ampelkoalition explizit auf die Fahnen geschrieben hat, mehr Menschen zu ermöglichen, im selbst genutzten Eigentum zu wohnen. Daran werden wir die neue Bundesregierung messen - und sie auch regelmäßig erinnern“, so Hauptgeschäftsführer Christian König und Verbandsdirektor Axel Guthmann. Die Bausparkassen boten sich zugleich als natürlicher Partner an, um dieses Ziel konstruktiv zu begleiten. „Was wir schon heute sagen können: An der Eigenkapitalhürde als momentan größtes Hemmnis für den Eigentumserwerb anzusetzen, ist richtig. Auch eine flexiblere Handhabung der Grunderwerbsteuer durch die Länder kann nur hilfreich sein“.

Erwähnenswert war für die Bausparkassenverbände  auch, dass beim Neubauziel von 400.000 Wohnungen die Koalitionäre das Wohneigentum nicht vergessen haben. Sie wollen den sozialen Wohnungsbau inklusive einer sozialen Eigenheimförderung fortführen. Was sich dahinter konkret verbirgt, sei allerdings noch offen. „Wir gehen aber davon aus, dass die vorliegenden Vorschläge rund um Miet- und Sozialkauf auf Gehör gestoßen sind und in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus integriert werden sollen“, so die Bausparkassenverbände.

Kaum weniger ausgereift als im Sondierungspapier erscheinen den beiden Verbandsvertretern dagegen die Überlegungen zur Reform der privaten Altersvorsorge. So ließen die Formulierungen in diesem Kapitel mehr Fragen offen, als sie beantworten würden. Leider werde nach wie vor mit keiner Silbe erwähnt, dass Wohneigentum zu den besten und beliebtesten Formen der privaten Altersvorsorge gehört. „Es geht also bei der bevorstehenden Konkretisierung darum, nicht ausgerechnet diesen Weg zu verbauen, indem man Ersparnisse in halbstaatlichen Fonds einsperrt“, so Herr König und Herr Guthmann. „Wir sind aber zuversichtlich, dass der Gesetzgeber dieses Problem erkennt und berücksichtigt, um den Menschen die Verwirklichung ihres Traums vom eigenen Zuhause nicht noch schwerer zu machen. Notwendig ist dafür die Entbürokratisierung der staatlich geförderten Eigenheimrente.“

VDIV-Präsident Wolfgang D. Heckeler

... befürchtet, dass der klimaneutrale Gebäudebestand in weite Ferne rückt: „Dafür fehlen im Koalitionsvertrag konkrete Zusagen, wonach bestehende Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bei energetischen Sanierungen unterstützt werden können. Die kostenlose Bereitstellung von Sanierungsfahrplänen für WEG wird dem nicht gerecht.“ Zur Erinnerung: Seit knapp zwei Jahren sind größere energetische Sanierungen in WEG nahezu unmöglich, da die Corona-Pandemie vielerorts keine Eigentümerversammlungen erlaubt. Bereits zuvor lag die jährliche Sanierungsrate bei unter 0,5%, statt der einstmals angepeilten 2%.

Auch bei einem Digitalisierung-Thema kneife die neue Regierungskoalition. Offenbar sehe man keinen Handlungsbedarf bei der gesetzlichen Einführung von Online-Versammlungen wie im Aktien- und Vereinsrecht. „Es bleibt zu hoffen, dass hier noch ein Umdenken erfolgt. Wird dieses Versammlungstool weiter nicht möglich sein, scheitert die Klimawende im Gebäudebestand krachend,“ mahnt der Präsident des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland.

Die Ankündigung, den Erwerb von selbstgenutztem Eigentum für Schwellenhaushalte mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen zu fördern und die Hürden beim Eigentumserwerb durch eigenkapitalersetzende Darlehen zu senken, fand dagegen Anerkennung beim VDIV. Gleiches gilt für die Absicht, die lineare Abschreibung beim Neubau von zwei auf drei Prozent anzuheben - was seit langem überfällig sei. Auch die Einführung eines Sachkundenachweises für WEG- und Mietverwalter sowie für Makler setze ein klares Zeichen: „Damit wird eine lange Forderung des VDIV endlich erfüllt, um Qualität und Verbraucherschutz zu gewährleisten“, erläuterte Präsident Heckeler.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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