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Filigraner Holzbau mit hitzebeständigem Klebstoff

(7.1.2010; Google-Street-View-Einklinker am 23.10.2015 nachgetragen.) Die Metropol Parasols¹) werden das Herzstück der Plaza de la Encarnación in Sevilla sein (siehe auch Google-Maps und/oder Bing-Maps). Das Bauwerk mit seiner pilzartigen Struktur des Bauwerks ist nicht nur ein bemerkenswertes, übergroßes Kunstwerk, sondern auch eine bautechnische Pionierleistung: Selbst tragende Bauteile bestehen aus vergleichsweise filigranen Furnierschichtholzträgern, die über Gewindestangen miteinander verklebt sind - rein mechanische Verbindungen scheiden aus statischen Gründen aus. Allerdings können hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung, wie sie im spanischen Sommer auftreten, den Klebstoffen zusetzen. Im schlimmsten Fall bestünde die Gefahr, dass der Kleber erweicht und an Haltekraft verliert.

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Der Klebstoff, der in Sevilla eingesetzt wird, ist auf Temperaturen bis zu 60°C ausgelegt. Braunschweiger Forscher des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung WKI haben untersucht, wie nah die thermische Belastung diesem Grenzwert kommen kann. Den Auftrag dazu gaben die Bauaufsichtsbehörden. „Wir haben ermittelt, welche Temperaturen am Standort im ungünstigsten Fall auftreten, und simuliert, zu welchen Temperaturen dies in den Baumaterialien führt“, erklärt Dirk Kruse, Leiter der Abteilung Bautechnik und Konstruktion. Dabei zeigte sich, dass die Temperaturen im Klebstoff durchaus fast 60°C erreichen können und damit zu nahe am Grenzwert liegen. Tests mit drei Probebauteilen in einer Klimakammer bestätigten das rechnerische Ergebnis. Somit stand fest: Beim Klebstoff muss nachgebessert werden - anderenfalls hätten die Bauaufsichtsbehörden das Vorhaben gestoppt.

Die Temperaturfestigkeit des Klebstoffs lässt sich verbessern, indem man die Bauteile tempert²): „Wenn die Bauteile eingeklebt sind, werden sie nochmals erhitzt“, erklärt Kruse. Dadurch treten ^nämlich Nachhärtungsreaktionen ein - mit dem Effekt, dass der Klebstoff sich nicht mehr so leicht verflüssigen kann und bis zu 70°C stabil bleiben sollte. Mit diesem „Sicherheitsabstand“ zur tatsächlich auftretenden Belastung können die Bautätigkeiten nun wie geplant fortgesetzt werden - und Sevilla darf sich bald über ein neues Wahrzeichen freuen.

„Lösungen wie diese werden helfen, die Klebetechnik stärker im Bauwesen zu verankern“, ist sich Kruse sicher. Während Klebstoffverbindungen in der Luftfahrtindustrie in großem Umfang eingesetzt werden, steckt das Kleben von tragenden Anwendungen im Bauwesen noch in den Kinderschuhen. Dabei eröffnet die Methode Architekten neue Freiräume: Geklebte Anschlussknoten ermöglichen viel flexiblere und kompliziertere Konstruktionen als mechanische Verbindungen.

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¹)  "Parasol" ist spanisch für Sonnenschutz bzw. Sonnenschirm.
²)  "tempern" kommt aus dem Englischen: In der ursprünglichen Bedeutung wird beim Tempern Eisenguss durch Glühverfahren schmiedbar gemacht.

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