Baulinks -> Redaktion  || < älter 2017/0603 jünger > >>|  

Merkel „wagt“ bei Viessmann, die steuerliche Förderung von Gebäudesanierungen anzusprechen

(17.4.2017) Im Beisein der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und des hessischen Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Tarek Al-Wazir hat die Viessmann Group am 12. April ihr neues, 50 Millionen Euro schweres F&E-Zentrum „Technikum“ am Stammsitz in Allendorf eingeweiht (siehe Google-Maps). Im ihrer Rede, „wagt“ die Bundeskanzlerin u.a. „auszusprechen, dass wir eine steuerliche Förderung für die Gebäudesanierung brauchen.“ (siehe unten in der Zusammenfassung Punkt 8/16.)

alle Fotos © Viessmann

größte Einzelinvestition in Viessmanns 100-jähriger Geschichte

Prof. Dr. Martin Viessmann erklärte im Rahmen der Einweihung: „Das Technikum ist zukünftig unsere Keimzelle für Innovationen für die Energiewende und im Bereich der Digitalisierung. Wir bündeln dort die Entwicklungsaktivitäten über den gesamten Produktentstehungsprozess - von der Idee bis zur Serienreife. Das neue Forschungs- und Entwicklungszentrum am Stammsitz unseres Unternehmens ist zugleich ein weiteres klares Bekenntnis zu unserer Region.”

Das Technikum ist als interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungszentrum mit 160 Arbeitsplätzen konzipiert: 100 ständig vor Ort arbeitende Mitarbeiter können mit bis zu 60 weiteren Kollegen teamübergreifend zusammenarbeiten. Sie sollen dort Prototypen bis zur Marktfähigkeit entwickeln sowie Zulassungs- und Langzeittests durchführen. Das Technikum ist die größte Einzelinvestition in der 100-jährigen Geschichte des Familienunternehmens.

11.000 m² Fläche für bereichsübergreifendes Arbeiten

„Bei der Gestaltung des Technikums war es zentrales Thema, alle Bereiche einzubeziehen, die zum Entstehungsprozess erfolgreicher und innovativer Produkte beitragen können. Dazu gehören unter anderem Forschung und Entwicklung, Produktmanagement, Qualitätsmanagement, Produktionstechnik, Software- und Regelungsentwicklung sowie Serienfertigung”, erläuterte Dr. Klaus-Peter Kegel, CEO der Viessmann Division Heizsysteme, die Leitidee des Technikums.

Kanzlerin: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

Bei der Eröffnung am Stammsitz von Viessmann hob die Bundeskanzlerin die Innovationskraft des Herstellers von Heiz-, Industrie- und Kühlsystemen hervor. Mit Verweis auf das Technikum und an Prof. Dr. Viessmann gewandt, sagte die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: „Sie unterstreichen damit, welchen hohen Stellenwert Sie Forschung und Entwicklung in Ihrem Unternehmen einräumen.” Zum 100-jährigen Jubiläum von Viessmann und der Internationalisierung während der vergangenen 25 Jahre ergänzte sie: „Was in einer kleinen Werkstatt begann, ist heute eine global tätige Unternehmensgruppe geworden; da kann man nur sagen: Respekt vor dem Weg in diesen 100 Jahren.“

Angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 sagte Frau Merkel: „Das eigentlich Spannende ist, dass man eine völlig neue Kundenbeziehung aufbauen kann. Der Kunde will individuelle Produkte.“ Und sie sei sicher, dass Viessmann diese Produkte anbieten könne. Außerdem sagte die Bundeskanzlerin in ihrer durchaus detailkenntnisreichen Rede (siehe auch PDF-Datei mit dem vollständigen Redetext):

  1. „Wir haben heute Morgen, passend zu Ihrem 100. Jubiläum, den jährlichen ,Bundesbericht Energieforschung‘ verabschiedet. Darin ist das Thema Energieeffizienz in Gebäuden und Städten ein besonderer Schwerpunkt.“ (siehe Nachbartext)
  2. „Wir haben ein Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende verabschiedet. Damit haben wir das Zeitalter von Smart Grid, Smart Meter und Smart Home eingeläutet. Schade, dass es diese Begriffe nicht auf Deutsch gibt.“
  3. „Es fließt nicht nur Energie, sondern es fließen auch Daten. Das wiederum bedeutet, die Akzeptanz neuer technischer Möglichkeiten ist nicht allein von mehr Komfort und Kostenvorteilen abhängig, sondern auch von einem hinreichenden Datenschutz. Die Menschen wollen wissen, was mit ihren Daten passiert.“
  4. „Wie man erwartet, dass Wasser- und Elektroanschlüsse gelegt sind, so erwartet man heute auch, dass es eine auskömmliche Breitbandinfrastruktur gibt. Wir setzen gerade auch für die ländlichen Regionen vier Milliarden Euro ein, damit die Breitbandinfrastruktur auch dort ... gut ausgebaut wird.“
  5. „Jetzt ist die Zeit, in der unsere digitalen Kenntnisse mit den  Prozessen der realen Produktion von Gegenständen verschmelzen müssen. Das Internet der Dinge, die Vernetzung aller Dinge, wird in den nächsten Jahren sprunghaft anwachsen.“
  6. „Im Kern geht es darum, durch alle diese technischen Entwicklungen einen Mehrwert für den Menschen zu schaffen. Insofern geht es auch um Einsparpotenziale. Über 35 Prozent der Endenergie werden in Gebäuden verbraucht. Den Löwenanteil daran hat die Raumwärme. Häuser und  andere Bauten verursachen in Deutschland bis zu 30 Prozent der Treibhausgasemissionen. Daher ist oft von einem schlafenden Riesen die Rede, den es zu wecken gilt.“
  7. „Auf der anderen Seite müssen wir aber auch Anreize setzen, um den Bestand zu verbessern, denn über 60 Prozent der Wohngebäude wurden noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 errichtet. Das heißt, die Wärmedämmung lässt in vielen Fällen noch zu wünschen übrig.“
  8. Ich wage es schon kaum mehr auszusprechen, dass wir eine steuerliche Förderung für die Gebäudesanierung brauchen. Wir werden aber sicherlich wieder einen neuen Anlauf dazu unternehmen. Das ist wahrscheinlich die einzige gesetzliche Initiative, die von allen Umweltverbänden, von allen Handwerksverbänden und von allen Industrieverbänden unterstützt wird. Ich will heute nichts Schlechtes sagen, aber im Bundesrat haben wir dafür noch nie eine Mehrheit bekommen. Insofern müssen wir daran weiterarbeiten.“ (siehe auch Beitrag „Koalitionsausschuss stoppt wohl Steuerbonus für Gebäudesanierung“ vom 26.2.2015)
  9. „Wir wissen, im Bereich der Energieeffizienz besteht noch ein erheblicher Handlungsbedarf. ... Ich brauche das in Ihren Räumen hier eigentlich nicht zu predigen, denn Sie sind völlig davon überzeugt und verfolgen schon längst Ihr eigenes Effizienzprogramm. Damit ist es Ihnen gelungen, die CO₂-Emissionen am Standort Allendorf um 80 Prozent zu reduzieren. Das ist beeindruckend, muss ich ganz ehrlich sagen. Wir haben uns für 2050 das Ziel gesetzt, CO₂-Emis­sionen für ganz Deutschland um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren. Hier in Allendorf haben wir eine kleine Insel, in der das Ziel schon jetzt zumindest an der unteren Grenze erreicht ist.“
  10. „Die Mittel für unser CO₂-Gebäudesanierungsprogramm, das wir anstelle der  steuerlichen Förderung aufgelegt haben, wurden um 200 Millionen Euro auf zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöht. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau fördert inzwischen jede zweite neu gebaute Wohnung. Zudem war sie letztes Jahr an der energetischen Sanierung von 290.000 Wohnungen beteiligt.“
  11. „Aber wenn Sie an die eine Million Wohnungen in Deutschland denken,  die wir brauchen, dann wissen Sie, dass wir noch einen langen Weg zu gehen haben.“
  12. „Seit dem 1. Januar 2016  muss bei Neubauten der Jahresprimärenergiebedarf um ein Viertel niedriger liegen als bisher. Wir  führen im Augenblick eine Diskussion darüber, dass eine bessere Effizienz von Gebäuden bezüglich des  Energiesparens erst einmal zu höheren Preisen führt. Auf lange Sicht ist das aber nicht der Fall.“
  13. „Die Mindestwärmedämmung muss um 20 Prozent besser ausfallen. Das ist eine weitere ordnungsrechtliche Vorgabe. Ebenfalls seit Januar 2016 erhalten alte Heizkessel schrittweise das nationale Effizienzlabel. Damit wird dem Kunden vor Augen geführt, was er sparen könnte, wenn er ... eine Neuinvestition tätigen würde. Das Label soll zum Nachrechnen anregen.“
  14. „Wir wollen im Übrigen alle Fördermaßnahmen technologieoffen anlegen. Welche Systeme, welche Produkte, welche Umbaumaßnahmen sich im jeweiligen Fall am besten eignen, wissen die Fachleute selbst am besten.“
  15. „Ich möchte an dieser Stelle ein Plädoyer für die Berufsschulen halten. Von den Antworten auf die Fragen, wie gut die Ausbildung ist, was die jungen Leute dort erleben und wie sie in den Beruf hineingeführt werden, hängt für das ganze Leben viel ab. Dass Sie sich mit der Akademie auch dem lebenslangen Lernen widmen - gerade in Zeiten, in denen wir große Umwälzungen erleben, insbesondere auch mit Blick auf das Digitale und das Technische -, ist sehr gut.“
  16. „Viessmann ist ein Paradebeispiel dafür, dass der deutsche Mittelstand und die deutschen Familienunternehmen sozusagen zum Schaufenster in der Welt geworden ... Die Bundesregierung unterstützt dies mit der ,Exportinitiative Energie‘. Von Ihnen bekommen wir auch immer wieder eine Rückmeldung, was an unseren Förderinstrumenten klappt und was besser gemacht werden muss. Auch dafür sehr herzlichen Dank.“

siehe auch für zusätzliche Informationen:

ausgewählte weitere Meldungen:

siehe zudem:


zurück ...
Übersicht News ...
Übersicht Broschüren ...

Impressum | Datenschutz © 1997-2024 BauSites GmbH