Schallrückfluss aus angrenzenden Wänden: die Schwachstelle der bisherigen Schalldämmwertprüfung
(11.11.2008) Manch einer weiß mehr von seinen Nachbarn, als ihm lieb ist - denn der Schall findet seinen Weg. Dagegen hilft nur eine möglichst gute Dämmung bzw. Isolierung der Wände. Christoph Kling zeigt in seiner Dissertation an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) darüber hinaus, dass der Schallrückfluss aus angrenzenden Wänden bisher zu wenig berücksichtigt wurde, obwohl er die Dämmleistung mancher Wände deutlich beeinflusst.
Zur Erinnerung: Um die Bewohner von Mehrfamilienhäusern möglichst gut vor dem Geräuschkulisse ihrer Nachbarn zu schützen, müssen Trennwände den Schall gut dämmen - das heißt, ihr Schalldämmmaß muss möglichst hoch sein. Zur Orientierung:
- Bei Trennwänden zwischen den Wohnungen eines Mehrfamilienhauses müssen laut Bauordnungsrecht (Stand 2008) mindestes 53 Dezibel (dB) eingehalten werden,
- innerhalb der eigenen Wohnung sind 40 dB oft ausreichend, wobei 10 dB als Halbierung des gehörten Schalls empfunden werden.
Bei einer Untersuchung an der PTB ist deutlich geworden, dass bei der Prüfung von Trennwänden bisher ein Faktor zu sehr vernachlässigt wurde: der Schallrückfluss aus angrenzenden Wänden, denn er kann die Dämmwirkung einer Wand um mehrere Dezibel beeinträchtigen. Das konnte Christoph Kling an verkleinerten Modellen nachweisen. Demzufolge müss(t)en nun die Messungen in Prüfständen angepasst und die Rückkopplung in die Bestimmung des Schalldämmwertes integriert werden, Um die Dämpfung von Trennwänden in Zukunft korrekt zu erfassen.
Hersteller von Trennwänden testen den Schalldämmwert ihrer Produkte in Prüfständen, wie auch einer in der PTB steht: Zwei Räume, in der Mitte eine Wand. Raum 1 heißt Senderaum, Raum 2 heißt Empfangsraum. In einen solchen Prüfstand können Trennwände eingebaut, abgerissen und wieder aufgebaut werden. Beim Ermitteln des Schalldämmmaßes wird im Senderaum ganz gezielt "Krach" gemacht - oder anders formuliert: Es werden Schallwellen erzeugt. Die aus der Welle übernommene Schallenergie kann in der Wand durch Reibung in Wärmeenergie umgewandelt werden. Dieser Effekt ist die eigentliche Dämpfung der Wand. Ein Teil der Energie fließt jedoch aus der Trennwand in die angrenzenden Wände - und wieder zurück. Die Wände geben sich also immer wieder gegenseitig Feedback, es entsteht eine Rückkopplung.
- Die Grafik rechts zeigt den Leistungsfluss an einer Trennwand bei stationärer Anregung im Senderaum. Nach der klassischen Ansicht (a) wird nur über die Schalleinstrahlung aus dem Senderaum Energie in die Trennwand eingebracht und jede weitere Kopplung an die Nachbarsysteme führt zu einem Energieverlust. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass der tatsächliche Leistungsfluss sich je nach Frequenzbereich, Eigenschaften der Bauteile und Ausführung der Koppelstellen völlig anders verhalten kann (b).
Unter dem Titel "Investigations into Damping in Building Acoustics by Use of Downscaled Models" ist die Dissertation im Logos-Verlag in der Reihe "Beiträge zur Technischen Akustik" als Band 7 erschienen (ISBN: 978-3-8325-1985-8) und online verfügbar: darwin.bth.rwth-aachen.de/opus3/volltexte/2008/2514/
siehe auch für weitere Informationen:
- Christoph Kling Tel: +49 (531) 592-1461
- Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB)
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siehe zudem:
- Bauforschung, Trockenbau, Raumteiler, Mauerwerk, Betonbau, Bautechnik, Dämmung, Innenausbau und Bodenaufbau auf Baulinks
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