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Nachhaltigkeit in Stein gemeißelt – Baustoffrecycling im Mauerwerksbau

(3.4.2023) Bei über der Hälfte des Abfallaufkommens in Deutschland handelt es sich um Bau- und Abbruchabfälle - und diese Schuttmenge ist nach Angaben des Umweltbundesamtes bereits seit Jahrzehnten konstant. Doch wieviel davon ist dem mineralischen Bauschutt zuzuordnen und welche Mengen werden inzwischen tatsächlich re- oder downgecycelt? Welche Technologien gibt es? Woran wird geforscht?

alle Fotos/Bilder © Leipfinger-Bader 

Bereits seit den 90er Jahren gibt es in Deutschland Initiativen wie die Kreislaufwirtschaft Bau, die Baustoff Recycling Bayern e.V. oder den Umweltpakt Bayern, die gemeinsam das Ziel haben, eine echte Kreislaufwirtschaft im Bauwesen zu fördern und die Ressourceneffizienz langfristig zu steigern. Auch auf EU-Ebene wurde im März 2020 im Rahmen des europäischen „Green Deals“ der zweite EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet, um auch bei der Bauwirtschaft einen Markt für Recycling-Baustoffe und sekundäre Rohstoffe zu etablieren. Und Produkte zu unterstützen, bei denen die Wiederverwertbarkeit schon bei der Entwicklung mitbedacht und geplant wird.

Die verschiedenen Fraktionen mineralischer Bauabfälle

Für das Jahr 2018 weist das Statistische Bundesamt insgesamt 218,8 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle aus. Die Initiative Kreislaufwirtschaft Bau schlüsselt hierzu in ihrem Monitoring 2021 fünf praxisrelevante Fraktionen auf:

  • Boden und Steine, hierunter fallen auch Baggergut und Gleisschotter, welche nicht bereits unter der Kategorie Bauschutt erfasst sind (59,6%),
  • Bauschutt, wie Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik und entsprechende Gemische aus diesen Stoffen (27,3%),
  • Straßenaufbruch in Form von Bitumengemische ohne Betonanteile (6,4%),
  • Baustellenabfälle, wie Glas, Metalle und Dämmmaterialien (6,4%) und
  • Bauabfälle auf Gipsbasis (0,3%).

Ein Blick auf die Verwertungsquoten zeigt, dass 2018 im Schnitt 89,7% der mineralischen Bauabfälle recycelt oder anderweitig verwertet wurden. Im Umkehrschluss wurden rund 10,3% - also beinahe 23 Millionen Tonnen - auf Deponien oder in anderen Maßnahmen beseitigt. Die deutlich niedrigste Wiederverwertungsquote weist die Fraktion Bauabfälle auf Gipsbasis - mit 49,6% - auf.

Der Anteil mineralischer Recycling-Baustoffe ist ausbaufähig

Während jede erneute Verwertung mineralischer Bauabfälle einen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit darstellt, ist zur Schonung wertvoller Ressourcen ein besonderer Blick auf die tatsächliche Recyclingquote bei der Abfallverwertung essenziell. Denn nur Baustoffe aus recyceltem Material helfen, die endlichen mineralischen Ressourcen zu schonen. Laut Kreislaufwirtschaft Bau wurden 2018 rund 73,3 Millionen Tonnen mineralischer Bauabfälle recycelt. Das entspricht etwa 33,5% der entstandenen Abfälle. Die so produzierten Recycling-Baustoffe deckten einen Anteil von 12,5% des Bedarfs ab.

Im Durchschnitt entstehen jährlich in Deutschland 207,2 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle. Ein großer Berg an Sekundär-Rohstoffen, die als Recycling-Baustoffe ein enormes Potential bieten. Ein besonderes Augenmerk für die Zukunft sollte daher auf der Weiterentwicklung eben solcher Baustoffe und auf der Etablierung echter Kreislaufwirtschaft in der Baubranche liegen – damit der Anteil der Recycling-Produkte die 13 Prozent-Marke künftig deutlich hinter sich lässt. Ein kurzer Überblick über den Stand der Dinge sowie neueste Forschung und Entwicklung – mit besonderem Augenmerk auf die Ziegelindustrie – soll folgendes Beispiel der Firmengruppe Leipfinger-Bader geben.

Leipfinger-Baders Recyclinganlage für mineralische Baustoffe

Dank stetiger Investitionen in moderne Techniken deckt der Ziegelhersteller heute rund 80% seines Energiebedarfes über regenerative Quellen ab. Allein ein neuer Tunnelofen im Stammwerk in Vatersdorf reduzierte den Energieverbrauch bei der Mauerziegelproduktion um 30%. Auch die Bereiche Kreislaufwirtschaft und Recycling hat das Unternehmen im Fokus.

Etwa zehn Millionen Tonnen des jährlich bundesweit anfallenden Bauschutts gehen auf Abbruchziegel oder ziegelreiche Stoffgemische zurück. Um diese Stoffe erneut nutzbar zu machen, errichtete Leipfinger Bader als erster und bisher einziger Ziegelhersteller in Deutschland im Jahr 2020 am Standort in Puttenhausen (Niederbayern) eine eigens entwickelte Recyclinganlage. Damit etablierte die mittelständisch geprägte Firmengruppe einen geschlossenen Wertstoffkreislauf in ihren Reihen.

Foto aus dem Beitrag „Mauerziegel-Recycling bei Leipfinger-Bader“ vom 5.10.2020

Mit der bereits 2019 erfolgten Gründung der „Ziegel Recycling Bayern GmbH“ verfestigte das Unternehmen diesen Schritt noch. Die wohl bemerkenswerte Innovation der Firmengruppe ist jedoch die Entwicklung des sogenannten „Kaltziegels“. Dieser Mauerziegel besteht größtenteils aus recyceltem Ziegelmaterial und wird nicht gebrannt, sondern luftgetrocknet. Bei der Produktion werden also in doppelter Hinsicht Ressourcen geschont.

Wie funktioniert das Ziegel-Recycling?

Das Trennen des Ziegelbruchs vom darin enthaltenen Dämmstoffanteil erfolgt in der Recyclinganlage über die sogenannte Windsichtung, einem bewährten mechanischen Trennverfahren, das auf Gravitation, Masse und Fliehkraft beruht. Zunächst gelangen dabei vorgebrochene Baureste mithilfe einer Separator-Schaufel in einen Windkanal. Dort werden leichte Dämmstoffpartikel nach oben abgesaugt, während die schweren Ziegelbestandteile nach unten fallen. Der Ziegelbruch wird dann weiter zerkleinert und in verschiedenen Körnungsstärken einer erneuten Verwendung zugeführt. Währenddessen trennt ein Zyklonabscheider den Dämmstoff, der anschließend ausgesiebt wird. Danach ist er bereits wieder in seiner ursprünglichen Funktion verwendbar und kann unmittelbar wieder in die Ziegelproduktion einfließen. Dies gilt sowohl für Mineral- als auch für Holzfaserdämmstoffe. Beide Materialien verwendet Leipfinger-Bader selbst als Füllung in den hochwärmedämmenden CORISO- oder SILVACOR-Ziegeln. Um diese geschlossene Kreislaufwirtschaft weiter voranzutreiben, stellt die Firmengruppe sogenannte „Big Bags“ auf der Baustelle zur Verfügung. Vor Ort kann der Ziegelbruch dann fachgerecht verpackt werden. Die Abholung und der Rücktransport durch den Ziegelhersteller sind kostenfrei.

Foto aus dem Beitrag „Mauerziegel-Recycling bei Leipfinger-Bader“ vom 5.10.2020

Kaltziegel – der erste "echte" Recycling-Ziegel

Aktuell werden die in der Recyclinganlage gewonnenen Ziegelkörnungen im Wegebau oder als Substrat bei der Dachbegrünung weiterverwertet. Künftig soll das Material aber auch wieder in die Ziegelproduktion einfließen. Ein wichtiger Schritt dahin ist die Entwicklung des Kaltziegels. Hauptziele dabei waren ein geringer Energieeinsatz bei der Produktion sowie - natürlich - die Verwendung des recycelten Ziegelmateriales. Die Basis des Kaltziegels von Leipfinger-Bader bilden sortenreine Ziegelreste in besonders feinen Körnungsgrößen. Neben den entsprechenden Fraktionen von recyceltem Ziegelbruch aus der Recyclinganlage fallen diese beispielsweise auch beim Schleifen von Planziegeln an. Versetzt mit einer speziellen Bindemittel-Mischung werden die Ziegelkörnungen in einem eigens entwickelten Pressverfahren verfestigt und anschließend an der Luft bei Umgebungstemperatur getrocknet. Ein Brennvorgang entfällt bei dieser Fertigungsweise komplett - siehe Beitrag „Kaltziegel: Erster Innenwand-Vollziegel aus recyceltem Ziegelbruch gepresst und luftgetrocknet“ vom 29.11.2020.

Ausblick – Wie geht es weiter?

Für die Herstellung der neuen Produktionslinie braucht es neben den Fertigungsanlagen große Hallenflächen, um die Ziegel zu trocknen sowie Lagerflächen für die Materialien. Auch der logistische Aufwand, das zu recycelnde Material von den Baustellen wieder zum Werk zu befördern, schlägt in der Bilanz zu Buche. Die in Familienhand befindliche Firmengruppe hofft nun auf Unterstützung von staatlicher Seite, um mit dem ressourcenschonend und energiearm produzierten Kaltziegel künftig in die Serienfertigung gehen zu können.

Auf die gesamte deutsche Bauindustrie geblickt, bleibt zu sagen: Die Mengen an jährlich entstehendem mineralischem Bauschutt haben in den letzten Jahrzehnten zwar keinesfalls abgenommen, die hohe Wiederverwertungsquote darf aber durchaus positiv gesehen werden. Downcycling findet hier bereits in hohem Maße statt. Für einen wirklichen Beitrag zu Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit ist es allerdings dringend notwendig, auch das Recycling weiter auszubauen. Lösungen wie das Dämmstoffrecycling oder der Kaltziegel von Leipfinger-Bader müssen entwickelt und auf den Markt gebracht werden. Gerade die Möglichkeiten staatlicher Förderungen sollten darauf zugeschnitten werden, hier zu unterstützen und innovativen Lösungen zur Serienreife zu verhelfen. Auf diese Weise lässt sich die Müll- und Ressourcenproblematik im Bausektor langfristig in den Griff bekommen.

Weitere Informationen zum Recycling- und Energiemanagement sowie zum Kaltziegel können per E-Mail an Leipfinger-Bader angefordert werden.

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