Architekturpreis Beton 2008 entschieden
(4.5.2008) Der zum 17. Mal ausgelobte Architekturpreis Beton des Bundesverbandes der Deutschen Zementindustrie (BDZ) erreichte ein hohes Maß an Qualität. Ausgeschrieben wurde der Preis in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA). Die Jury unter Vorsitz des renommierten Hamburger Architekten Jan Störmer hatte diesmal 121 Einsendungen zu bewerten. Selten, so das Fazit der Juroren, lagen die Spitzenleistungen so dicht beieinander wie diesmal. Die Abgrenzungen zwischen den Preisen und den Lobenden Erwähnungen sind daher fließend. Mit der Auszeichnung werden drei Architekturbüros bedacht, hinzu kommen vier Lobende Erwähnungen. Insgesamt ist der Architekturpreis Beton mit 25.000 Euro dotiert.
Bei den prämierten Objekten ist das Material Beton kreativ in überzeugende Einzellösungen umgesetzt worden. Alle Potenziale der Zusammensetzung, der Verarbeitung und der Oberflächenbehandlung des Baustoffs wurden je nach Bauaufgabe, Nutzervorstellungen und den gewünschten gestalterischen Zielen konsequent ausgeschöpft. Beigetragen haben hierzu auch technische Innovationen der Industrie wie zum Beispiel der hochfeste oder der selbstverdichtende Beton, der inzwischen auch komplizierteste Formen mit perfekten Oberflächen ermöglicht. Zugleich zeigt das Spektrum der ausgezeichneten Bauwerke, dass Beton auch beim Bauen im Bestand eine zunehmend wichtige Rolle spielt.
Neue Technologien und komplexe Geometrie
Das preisgekrönte Mercedes-Benz Museum (Ben van Berkel/ UNStudio) in Stuttgart ist, so die Jury, "ein aufwändiges Projekt, das den Betonbau revolutioniert hat und als emblematischer Museumsbau gleichermaßen überzeugt." Die Realisierung der komplexen Geometrie war nur durch den Einsatz modernster Planungsinstrumente und die Entwicklung völlig neuer Schalungs- und Betoniertechniken möglich. Beeindruckt zeigte sich die Jury von dem flexiblen und universell nutzbaren Raumkontinuum, das den Kuratoren des Automuseums alle gewünschten Freiheiten einräumt. Ein architektonisches Meisterstück ist entstanden, das bereits jetzt als Ikone des modernen Museumsbaus gilt - siehe auch Bing-Maps und/oder Google-Maps.
Dauerhaftigkeit und Flexibilität
Dauerhaftigkeit und Flexibilität des Materials beweist der gleichfalls preisgekrönte Umbau eines denkmalgeschützten Bunkers in Berlin (Realarchitektur, Berlin: Jens Casper, Petra Petersson, Andrew Strickland).
Der mehr als 60 Jahre alte Betonkubus dient nun völlig anderen Zwecken und bietet nach dem Umbau - ergänzt durch ein aufgesetztes Wohngeschoss in aufwendiger Sichtbetonoptik - einen sicheren und spannenden Rahmen für die Präsentation moderner Kunst. "Die seltene, aber umso wichtigere Bauaufgabe ist mit viel Gefühl für die vorhandene Bausubstanz und der angemessenen formalen Zurückhaltung gelöst worden", heißt es in der Jurybegründung.
Kreative Denkmalpflege und Wärmedämmung
Gleiches gilt im ländlichen Raum - das beweist die behutsame Anpassung eines denkmalgeschützten alten Bauernhauses in Viechtach im Bayerischen Wald (Studio für Architektur, Peter Haimerl, Jutta Görlich, München). Die Jury spricht von einem "geglückten Kunststück", ist es doch gelungen, heutigen Wohnkomfort herzustellen und zugleich den morbiden Charme des Gebäudes zu erhalten: "Weich und poetisch schmiegen sich die Körper aus wärmedämmendem weißen Porenbeton in das alte Holzhaus". Und weiter: "Ein Beispiel kreativer Denkmalpflege voller Poesie, das einem charaktervollen Haus zu überleben hilft."
Äußerster Minimalismus und würdevolle Atmosphäre
Für die Gedenkstätte Bergen-Belsen (KSP Engel und Zimmermann Architekten) ging es darum, ein unaufdringliches, würdevolles Bauwerk zu schaffen, das Hinwendung und Anteilnahme zum Ausdruck bringt. "Die räumlich und körperlich präzise definierte und bewusst effektarm gestaltete Architektur ist durch äußersten Minimalismus in der Materialwahl bestimmt", heißt es in der Begründung der Jury für die lobende Anerkennung. Die konsequente Reduktion auf eine einheitliche Ausführung in Sichtbeton erzeugt eine konzentrierte Atmosphäre, die damit in beeindruckender Weise einen gelungenen Rahmen für die Ausstellung schafft.
Qualitätvolles und einfühlsames Weiterbauen
Die Formbarkeit, aber auch die Massivität des Baustoffs prägen das neue Sächsische Bergarchiv und die Mineralogische Sammlung (AFF architekten, Berlin), die im Schloss Freudenstein in Freiberg untergebracht wurden - siehe Google-Maps.
Der in die Umfassungswände des Renaissance-Gebäudes eingestellte, anthrazit eingefärbte Betonkubus ist ein "eigenständiger, zeitgenössischer Baukörper". Das Projekt erhielt vor allem deshalb eine Lobende Erwähnung, weil das gewählte Haus-in-Haus-Motiv unter Ausnutzung der massiven Eigenschaften des Baustoffs die ideale Lösung konstruktiver und bauphysikalischer Anforderungen bietet.
Spannung und Dynamik
Die neue Stadtbahnstation "Rathaus Süd" in Bochum (Pahl + Weber-Pahl Architekten, BDA) zeigt "wie die alltägliche Bauaufgabe einer von der Funktion dominierten U-Bahnstation mit Bravour gemeistert und ohne Mehraufwand durch engagierte architektonische Gestaltung für die Reisenden zum anregenden Aufenthaltsort werden kann" - so lobend die Jury. Das Bauwerk wird wesentlich geprägt durch das sichtbar gelassene Material Beton, welches die Wände und den gewölbeartigen Abschluss der Bahnstation bildet. Die prismatischen Deckenformationen und schräg laufenden Personenaufzüge setzen dynamische Akzente, die der Bauaufgabe in vorbildlicher Weise gerecht werden.
Kraftvolle Bauskulptur und architektonische Innovation
Vor Ort gefundene Ressourcen, Ideen und das richtige Material für deren Umsetzung - dafür wurde die Zollverein School of Management and Design in Essen (Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa / SANAA) durch die Jury gewürdigt. Es konnten membranhaft dünne Außenwände ausgeführt und "die Leistungsfähigkeit des Baustoffs Beton ungewöhnlich weit ausgereizt werden", so lobend die Jury. "Die Fassaden sind von einer Leichtigkeit, die in einem spannungsvollen Kontrast zur monumentalen, blockhaften Natur des Baukörpers steht. So wird der Bau als kraftvolle Skulptur mit Wahrzeichencharakter erlebt." (siehe auch Beitrag "Moderne Schalungsplatten machen Sichtbeton ansehnlich" vom 26.4.2007)
Den Architekturpreis Beton 2008 erhielten zu gleichen Teilen:
-
Mercedes-Benz Museum, Stuttgart
Architekten: Ben van Berkel / UNStudio -
Wohnhaus/Sammlung Boros, Berlin
Architekten: Realarchitektur, Berlin: Jens Casper, Petra Petersson, Andrew Strickland - "Birg mich, Cilli!" - Umbau eines denkmalgeschützten Bauernhauses,
Viechtach
Architekten: Studio für Architektur - Peter Haimerl, Jutta Görlich, München
Lobende Erwähnungen erhielten:
-
Dokumentationszentrum der Gedenkstätte Bergen-Belsen
Architekten: KSP Engel und Zimmermann Architekten -
Sächsisches Bergarchiv und Mineralogische Sammlung,
Schloss Freudenstein, Freiberg
Architekten: AFF architekten, Berlin - Stadtbahnstation Rathaus Süd, Bochum
Architekten: Pahl + Weber-Pahl Architekten, Darmstadt -
Zollverein School of Management and Design, Essen
Architekten: Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa / SANAA
siehe auch für weitere Informationen:
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siehe zudem:
- Betonbau, Zement, Außenwände und Wärmedämmverbundsysteme auf Baulinks
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