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Bereits über 22 Jahre alt?! Die Titanzink-Haube der Grazer Schulschwestern

(25.11.2010) Vor 22 Jahren erhielt eines der ungewöhnlichsten und schönsten Gebäude Österreichs 10 Jahre nach seiner Errichtung eine komplette Umhüllung aus Titanzink von Rheinzink. Errichtet wurde dieser in Architekturkreisen weltweit bekannte "Mehrzwecksaal der Grazer Schulschwestern" 1977 aus Spritzbeton (siehe Bing-Maps und/oder Google-Maps). Zu der ungewöhnlichen Form sagt ihr Architekt, Prof. Domenig: "In den Allgemeinregeln der Architektur heißt es, dass ein vielfach zu nutzendes Gebäude zwangsläufig eine neutrale Hülle bzw. eine neutrale Aussage zur Folge hat. Bei der Planung wurde der konsequente Versuch unternommen, einen speziell gestalteten, bewusst und persönlich geformten Körper bzw. Raum zu schaffen, ohne die gewünschte vielfältige Nutzung einzuschränken."

Der Glaube bleibt ewig gleich jung. Die zeitlose Formensprache und die Dauerhaftigkeit der Mehrzweckhalle sollte diese Gewissheit widerspiegeln.

Die kühne Abkehr von alltäglicher Bauweise wurde auch durch die starke kulturelle und religiöse Identität der Franziskanerinnen möglich, die die Schule als Orden tragen. In der Architekturgeschichte wurden aussagestarke Bauten immer von Menschen und Organisationen errichtet, die über geistige Stärke und Ausdruckskraft verfügten. Menschen sehnen sich nach ausdrucksstarker Architektur, nach Lebensräumen, die die eigene Phantasie beleben, Begegnungen ermöglichen, nicht erdrücken sondern Horizonte eröffnen. Die "moderne" Bauweise der glatten Flächen, der riesigen Ausmaße steriler Abweisung erstickt die Lebensfreude und die Fähigkeit, sich anderen Menschen, neuen Gedanken und harmonischen Gefühlen zu öffnen. Den trotzigen Reflex auf diese alltägliche Tristesse sehen wir in Form von Graffiti in fast allen Großstädten dieser Welt.

Unvorstellbar, dass der Mehrzwecksaal mit seiner umhüllenden Haube aus Titanzink mit Graffitis beschmiert werden könnte! Dieses Bauwerk fordert den Betrachter. Es löst so viele unterschiedliche Empfindungen und Assoziationen aus, wie es Betrachter gibt. Mehr noch, derselbe Betrachter wird zu einer jeweils anderen Zeit unterschiedliches empfinden und sehen, denn Kunst entsteht nicht nur durch den Künstler, sondern auch durch den Betrachter.

Die architektonisch gestaltete Aufforderung zum Lernen mit allen Sinnen passt auch ausgezeichnet in das Leitbild der Schule, in dem unter anderem steht: "Die AHS bietet ihren SchülerInnen breiten Raum, sich in den musischen, kreativen und sportlichen Bereichen zu entfalten, und fördert das Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein." Das vor 30 Jahren verwirklichte Konzept der Mehrzweckhalle hat sich bis zum heutigen Tag bewährt. Vor 30 Jahren waren die Schüler sehr dankbar, dass ihnen nicht etwas Altes und Konventionelles vorgesetzt wurde. Heute sind es die Kinder der damaligen Schüler, die dieses einzigartige Gebäude großartig finden.

Glänzende Hülle, die sich bewährt

Das kühne Bauwerk wurde zunächst nur aus Spritzbeton mit einem Dichtanstrich errichtet, der jedoch seine Funktion nicht erfüllen konnte. Auf den frühen Bildern sieht man das glatte, weiße Gebäude. Dann, auf den Bildern nach der Ummantelung wird deutlich, wie Titanzink die gegliederte Form des Baukörpers unterstreicht und mit seinem typischen changierenden Schimmer bereichern kann. Der bemerkenswerte, an einen biologischen Körper erinnernde Bau von Prof. Domenig erhielt so nach zehn Jahren gelebter Nutzung seine endgültige Haut, die in ihrer eigenen Lebendigkeit die Ziele der Schule, die Harmonie des Bauwerkes schimmernd hervorhebt.

Schwester Maria Magdalena berichtet, dass der Besucherstrom aus der ganzen Welt nicht abreißt; seit Jahrzehnten sei das Gebäude ein Highlight für architekturinteressierte Graz-Besucher.

Für die Nutzer ist es jedoch essentiell, dass ein Gebäude auch langfristig als Lebensraum funktioniert: das architektonische Konzept hat sich schon über 30 Jahre als tragfähig und vorbildlich erwiesen und erfüllt trotz stetiger Veränderung der Umweltbedingungen die ästhetischen und praktischen Ansprüche. Seit 20 Jahren funktioniere die Titanzink-Umhüllung ohne großen Pflegeaufwand, auch die Optik habe sich nicht wesentlich verändert - eine gleichmäßige Patina gibt dem Gebäude allemal eine würdige Ausstrahlung. Alles in allem ist es ein Gebäude, das sich seit Jahrzehnten bewährt hat, schön und funktionell ist, an dem man keine Jahreszahl sieht.

Spenglerarbeit vereint Gebäudeschutz und Kunst

Wo kann man schon eine so umfangreiche, in jedem Detail gewissenhaft ausgeführte Spenglerarbeit auf Augenhöhe sehen? Die Spenglerarbeit am Mehrzwecksaal der Grazer Schulschwestern, einem Dach mit völlig freier Formgebung ohne gerade Linien, vereint Gebäudeschutz und Kunst. Zwei Jahre haben die Arbeiten für die 1200 m² große Dachfläche gedauert.

Die Unterkonstruktion ist zweischalig hinterlüftet. Für die eigentliche Deckung verarbeitete man ein 0,7 mm dickes Titanzink-Band, wobei die einzelnen Scharen in Länge und Breite den jeweiligen Erfordernissen angepasst wurden. Sämtliche Grate wurden als Doppelwinkelstehfalz ausgeführt, um die wegen unterschiedlicher Wärmebeanspruchung durch die Sonneneinstrahlung variierende wärmebedingte Längenänderung des Werkstoffes ausgleichen zu können.

Die Arbeit der Firma Pichler aus Pöllau ist ein Schauobjekt des österreichischen Spenglerhandwerkes und Kulturgut geworden. Für die Schulschwestern ist dieses Kulturgut auch Lebensraum und dafür ist die wichtigste und grundlegendste Anforderung, dass das Dach trotz der immer aggressiveren Umwelt auf Dauer dicht bleibt. Und dieses Dach ist seit über 22 Jahren und auf ewig dicht - wie Schwester Maria Magdalena überzeugt feststellt.

Weitere Informationen zu Titanzink für Dach und Fassade können per E-Mail an Rheinzink angefordert werden; siehe auch "Dokumentation zur Libeskind-Villa und ArchiZincture von Rheinzink" vom 15.5.2010)

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