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DGNB-Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte

Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte
  

(22.5.2018) Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat ein Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte entwickelt, mit dem die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2050 praktisch umsetzbar gemacht werden soll. Zudem will das Rahmenwerk dazu beitragen, dass Klimaneutralität bei Neubauten zum Standard wird.

„Mit unserem Rahmenwerk wollen wir einen entscheidenden Beitrag leisten, um die globalen Klimaschutzziele für die verschiedensten Entscheidungsträger der Bau- und Immobilienwirtschaft handhabbar zu machen“, erklärt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Wenn wir bis 2050 Grundlegendes verändern wollen, müssen wir jetzt anfangen. Ein verlässlicher Rahmen, der Orientierung bietet, wie sich die CO₂-Emissionen kontinuierlich, im notwendigen Maß reduzieren lassen, ist hierfür unabdingbar.“

Das Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Standorte gliedert sich in drei Hauptelemente, die fachlich aufeinander aufbauen und je nach Bedarf und Zielsetzung separat oder zusammen angewendet werden können.

Regeln für die Bilanzierung von CO₂-Emissionen

In ersten Teil des Dokumentes werden die grundlegenden Regeln für die CO₂-Bi­lan­zie­rung von Gebäuden beschrieben. Die Bilanzierungsregeln basieren auf den Grundprinzipien ...

  • Relevanz,
  • Vollständigkeit,
  • Konsistenz,
  • Transparenz und
  • Genauigkeit.

Die genauen Regeln variieren je nachdem, ob nur der Betrieb oder zusätzlich auch die eingesetzten Materialien betrachtet werden sollen. Der Bilanzrahmen für den Betrieb umfasst drei Elemente:

  • Direkte CO₂-Emissionen der Energieerzeugung innerhalb des Grundstücks durch biogen und fossil basierte Wärme-, Kälte- und Stromerzeugung,
  • Indirekte CO₂-Emissionen der Energieerzeugung außerhalb des Grundstücks (z.B. Netzstrom, Fernwärme, Fernkälte) sowie
  • Vermiedene CO₂-Emissionen (Gutschriften) durch exportierte Energie (z.B. Heizenergie, Kühlenergie, Elektrizität)

Dabei ist der gesamte gebäude- und nutzerbedingte Energieverbrauch zu erfassen.

In der erweiterten Form umfasst der Bilanzrahmen zusätzlich die eingebundenen CO₂-Emis­sionen der eingesetzten Materialien. Hierfür kommt die Methode der Ökobilanzierung zum Einsatz, um die Treibhausgaspotenziale für die im Gebäude verwendeten Bauteile zu ermitteln.

Klimaneutrale Gebäude: Begriffsdefinition und Regeln für die CO₂-Bericht­erstattung

Um die klimaschutzrelevanten Informationen zu einem Gebäude oder Standort transparent und vergleichbar zu machen, sind in Teil 2 des Rahmenwerks Indikatoren definiert, die sich auf verschiedene Leistungskennzahlen beziehen. Diese sollen gebündelt in Form eines Emissionsausweises bereitgestellt werden. Unterschieden wird dabei, ob die Kennzahlen auf tatsächlich gemessenen Ist-Werten beruhen, wie es bei Gebäuden möglich ist, die mindestens drei Jahre in Betrieb sind, oder ob es sich um Planberechnungen bei Neubauten handelt.

Je nachdem, welcher Bilanzierungsrahmen gewählt wurde, kann ein Gebäude oder Standort auf Grundlage des Rahmenwerks den Status ...

  • „Klimaneutral im laufenden Betrieb“ oder
  • „Klimaneutral über den Lebenszyklus“ erlangen.

Als klimaneutral gilt ein Gebäude, dessen Jahresbilanz der CO₂-Emissionen für den Gebäudebetrieb weniger als Null Kilogramm CO₂ beträgt. Dabei bezieht sich der zu ermittelnde CO₂-Wert auf die Summe aller klimaschädlichen Emissionen gemäß anerkannter internationaler Standards.

Klimaschutzfahrplan als Methode zum CO₂-Management

Ein Gebäude oder Standort, das aktuell noch keine Jahresbilanz von Null Kilogramm CO₂ aufweist, kann den Status „Klimaneutral bis 2050“ erreichen. Hierfür muss ein projektspezifischer Klimaschutzplan erstellt werden, dessen Ziel die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 ist.

Ausgangspunkt ist die Berechnung des Ist-Werts der CO₂-Emissionen. Ausgehend von diesem projektindividuell geltenden Startwert werden jahresbezogen Grenzwerte festgelegt, die das Gebäude oder der Standort einhalten muss, um das für 2050 angesetzte Ziel „Null CO₂-Emissionen im laufenden Betrieb“ tatsächlich zu erreichen. Hierfür sind Maßnahmen zur Reduktion der CO₂-Emissionen aufzustellen, in eine zeitlich und wirtschaftlich sinnvolle Abfolge zu bringen und deren Wirkungen zu berechnen.

Beim Klimaschutzfahrplan geht es also um die Prognose zukünftiger CO₂-Emissionen und die Erstellung eines validen Fahrplans, der für das Projekt Sanierungen, Modernisierungsmaßnahmen oder Betriebsoptimierungen definiert. Liegen die prognostizierten Werte immer unterhalb der jahresbezogenen Grenzwerte, ist die Bezeichnung „Klimaneutral bis 2050“ zulässig. Um diesen Status zu erhalten, müssen für das Projekt jährlich aktuelle Ist-Werte erfasst werden, um den Fortschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität zu dokumentieren.

Anwendbar für zahlreiche Zielgruppen und Einsatzzwecke

Die Anwendungsmöglichkeiten für das Rahmenwerk sind nach Einschätzung des DGNB vielfältig. So hilft es beispielsweise, den effektiv erreichten Klimaschutz eines Gebäudes oder Standorts verbindlich zu prüfen und mit anderen Projekten vergleichbar zu machen. Dabei setzt die DGNB einen umfassenden Betrachtungsrahmen, indem sie neben den Energieströmen zur Konditionierung des Gebäudes auch den Nutzerstrom in die Bilanzgrenze mit aufnimmt. Ebenfalls im Fokus steht die Kommunikation der CO₂-Bilanz über konsistente Berechnungsvorgaben. Durch den erforderlichen, regelmäßigen Abgleich von Soll- und Ist-Werten lassen sich sowohl der geplante als auch der bereits erreichte Klimaschutzbeitrag eines Gebäudes oder Standorts transparent darstellen.

Bonuspunkte

Projekte, die auf Grundlage des Rahmenwerks den Nachweis als „klimaneutrales Gebäude“ erlangen, erhalten zudem in der DGNB-Zer­ti­fi­zie­rung Bonuspunkte für ihre Zukunftsfähigkeit. Nicht zuletzt kann das Rahmenwerk als Grundlage für klimaschutzfördernde Finanzierungsmöglichkeiten, steuerliche Vorteile oder ordnungsrechtliche Instrumente dienen. Wie dies aussehen kann, hat die DGNB mit ihrem im Februar 2018 veröffentlichten Entwurf eines Gebäude-Emissions-Gesetzes 2050 vorgestellt, das auf denselben inhaltlichen Kernpunkten fußt wie das jetzt veröffentlichte Rahmenwerk.

„Die DGNB sieht es als wichtigen Punkt an, die Förderpolitik neu auszurichten und klimaschutzfördernde Sanierungen attraktiv und rentabel zu machen“, erklärt Lemaitre. „Daher richtet sich das Rahmenwerk auch an alle politischen Entscheidungsträger, die an der Umsetzung der deutschen Klimaschutzziele arbeiten und auf eine Dekarbonisierung Deutschlands hinarbeiten.“

Weitere Zielgruppen sind auf fachlicher Ebene alle Planer und Bauherren, die das Thema Klimaschutz ernst nehmen und konkret an ihren eigenen Sanierungs- oder Neubauprojekten umsetzen möchten. Zudem richtet sich das Rahmenwerk an alle Eigner oder Betreiber von Gebäuden, die sich des Themas für ihr Gebäude annehmen möchten und die Weichen in Richtung Klimaschutz stellen wollen.

Erprobung des Rahmenwerks an ersten Projekten

Auf der Website der DGNB kann das Rahmenwerk für klimaneutrale Gebäude und Stand­orte kostenlos unter www.dgnb.de/klimaschutz-rahmenwerk heruntergeladen werden. Die im Rahmenwerk beschriebenen Methoden sollen in den kommenden Monaten an ersten Projekten umfangreich erprobt werden. Auf Grundlage der dann vorliegenden Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Methoden und Instrumenten soll anschließend eine verbindliche Fassung des Rahmenwerks finalisiert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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