Erweiterte Zulassung macht Dämmen mit Baustroh für weitere Zielgruppen attraktiv
(20.8.2014) Strohballen direkt aus der Landwirtschaft dämmen nicht nur vergleichsweise gut (λ zwischen 0,045 und 0,080 W/mK), sie sind auch ein nachhaltiger, regional verfügbarer und preisgünstiger Dämmstoff. Nun wurden die Anwendungsbereiche in der Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) erweitert: Ab sofort ist es somit möglich, Strohballen ...
- ohne zusätzlichen Putzträger auf der Innen- und Außenseite von Gebäuden direkte zu verputzen sowie
- für die Außendämmung von Mauerwerk einzusetzen.
Bislang musste man für diese Bauformen eine Genehmigung im Einzelfall einholen. Durch die neue abZ wird also das Dämmen mit Stroh einfacher und wirtschaftlicher und damit potenziell für neue Anwendergruppen interessant.
Die bautechnischen Nachweise für die erweiterte Zulassung erbrachte der Fachverband Strohballenbau e.V. (FASBA) im Rahmen des Projektes „Strohbau 2012/2013“, in dessen Rahmen auch eine Strohbaurichtlinie zu erarbeiten war, die als Leitfaden für die fachgerechte Umsetzung in der Praxis und die Ausbildung von Fachkräften dienen kann. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) förderte das Vorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
Das Deutsche Institut für Bautechnik hatte schon vor Jahren eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für den Wärmedämmstoff „Baustroh“ erteilt (siehe Baulinks-Beitrag vom 5.3.2006). In der jetzt veröffentlichten Neufassung sind die Anwendungsbereiche aber deutlich erweitert worden und entsprechen den Anforderungen der Praxis nun noch besser. Man kann also den abschließenden Lehm- oder Kalkputz künftig direkt auf die Ballen aufbringen, das macht den ohnehin schon preisgünstigen Dämmstoff noch wirtschaftlicher - spart man doch den Putzträger, in der Regel eine Holzbeplankung, ein. Schon jetzt haben viele Bauherren ihre Strohballenhäuser direkt verputzt, sie mussten dafür jedoch Einzelfallgenehmigungen einholen.
Vorgefertigte Wandelemente aus Holzrahmen mit einer direktverputzten Strohausfachung
... sind auch eine Option für größere, gewerbliche Bauvorhaben. Durch die Vorfertigung lassen sich auf der Baustelle erheblich Geld und Zeit sparen. Das Norddeutsche Zentrum für Nachhaltiges Bauen (NZNB) in Verden an der Aller demonstrierte diese Bauweise anhand eines fünfstöckigen Ausstellungs- und Bürogebäudes, das mittlerweile kurz vor der Fertigstellung steht.
Christian Silberhorn, Geschäftsführer des NZNB, erhofft sich von der neuen Zulassung positive Impulse für den „dezentralen Baustoff“: „Baustroh kann landauf, landab in der Landwirtschaft gewonnen werden und - wenn die Qualität stimmt - regional als zugelassenes Bauprodukt durch die Baustroh GmbH ausgewiesen werden. Die erweiterte Zulassung wird seinen Einsatz künftig noch einfacher machen - ein großer Fortschritt für das nachhaltige Bauen“.
Auch der FASBA, der die Grundlage für die Erweiterung der Zulassung legte und die bautechnischen Nachweise erbrachte, freut sich: „Zehn Jahre Forschung und Erfahrungen Sammeln machen sich jetzt bezahlt“, so Sissy Hein vom FASBA.
SanReMo mit Stroh
Bislang kommen Strohballen vor allem im Neubau zum Einsatz. Mit der neuen Bauaufsichtlichen Zulassung ist ihre Verwendung nun auch in der Sanierung, Modernisierung und Renovierung (SanReMo) deutlich einfacher geworden. Wie man Mauerwerksbauten mit Strohballen effizient und kostengünstig von außen dämmen kann, zeigt das aktuelle Projekt „Alte Brauerei“ in Schwerin.
Der Dämmstoff „Stroh“
Nachhaltiger und günstiger als mit Strohballen aus der Landwirtschaft geht es beim Dämmen mit nachwachsenden Rohstoffen kaum. Stroh ist regional verfügbar, es soll keine chemische Ausrüstung gegen Schädlinge oder für den Brandschutz benötigen und außerdem keine zusätzliche Herstellungsenergie, denn die Ballen können so, wie sie vom Acker kommen, direkt verbaut werden. Voraussetzung ist, dass sie die in der Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung festgelegten Eigenschaften aufweisen, u.a. bezüglich Pressdruck und Restfeuchte. Dies gewährleistet als Baustoffhersteller beispielsweise die Baustroh GmbH. Nach wie vor dürfen die Ballen ausschließlich in nicht-lasttragender Bauweise verbaut werden, d.h. sie können zur Ausfachung in Holzständerkonstruktionen oder - seit der neuen Zulassung - an der Außenseite von Mauerwerk zum Einsatz kommen.
Informationen
zur Strohbauweise finden Interessierte in der kostenlos bei der
FNR erhältlichen Broschüre „Strohgedämmte Gebäude“; sie ist unter
mediathek.fnr.de downloadbar (direkter
PDF-
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Fachverband Strohballenbau e.V. (FASBA)
- Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
- Norddeutsches Zentrum für Nachhaltiges Bauen (NZNB)
- Baustroh GmbH
- Deutsches Institut für Bautechnik
- Chemiefreie Strohdämmplatten mit einem WLG-Wert von 048 für WDV-Systeme neu von Maxit (26.3.2019)
- „Strohgedämmte Gebäude“ in aktualisierter 2. Auflage (17.9.2017)
- Uni Bonn entwickelt leistungsfähigen Dämmputz aus Großgräsern (27.7.2016)
- Geprüft: Strohgedämmte Außenwand bereits mit 10 mm Putz feuerbeständig (F90-B) (24.9.2015)
- Holzschaum vom Fraunhofer Institut für Holzforschung erhält GreenTec Award (28.4.2015)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Dagmar Fritz-Kramer von Baufritz: „Wo bleibt die Förderung ökologischer Baustoffe?“ (27.7.2014)
- Neue FNR-Broschüre „Altbausanierung mit nachwachsenden Rohstoffen“ erschienen (26.6.2014)
- Ökologische „Dämm-Watte“ zum Einblasen oder Verlegen (26.6.2014)
- Tagungsband „Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen“ vom FNR veröffentlicht (23.6.2014)
- Holzschaum-Wärmedämmplatten auf dem Level klassischer Kunststoffschäume (11.3.2014)
- FNR-Marktübersicht „Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“ in 6. Auflage (24.2.2014)
- Spanplatten mit Stroh-, Miscanthus- oder Topinamburanteil (18.8.2010)
- Fachwerk 2.0 mit industriell vorgefertigten Lehm/Hanf-Bauplatten (29.6.2010)
- Referenzbauten aus Holz, Flachs, Stroh und Co im Web (26.5.2009)
- Strohballen als Wärmedämmstoff vom DIBt zugelassen (5.3.2006)
siehe zudem:
- Dämmstoffe / Naturdämmstoffe sowie WDVS und SanReMo-Magazin auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu Betonbau bei Amazon