Freiburg oder Fichtelgebirge? Neuer Ansatz zur Berechnung der Wärmedämm-Rentabilität
(3.5.2015) Zahlreiche Studien beschäftigen sich mit der Frage, ab wann sich eine energetische Sanierungsmaßnahme wirtschaftlich rechnet. Die Ergebnisse sind mitunter gegensätzlich, weil sie auf Grundlage von einigen wenigen Durchschnittswerten errechnet wurden und die große Anzahl unbekannter und vor allem schwankender Faktoren außen vor lassen. So werden im Ergebnis stark unterschiedliche Amortisationszeitpunkte präsentiert, die letztlich zu Verunsicherungen führen und der Debatte um die Wirtschaftlichkeit mehr schaden als nutzen.
Das Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW München) hat daher im Auftrag des Gesamtverbandes Dämmstoffindustrie (GDI) in einer neuen Untersuchung nicht mehr Zeitpunkte, sondern Zeiträume errechnet, in denen sich eine energetische Sanierungsmaßnahme amortisieren kann. Zu den relevanten Faktoren und Annahmen zählen die Wissenschaftler u.a. ...
- die mögliche Realzinsentwicklung von 0 bis 3 Prozent,
- die Bandbreite des Ausgangsenergiepreises von 0,06 bis 0,16 Euro pro Kilowattstunde,
- die Entwicklung der jährlichen Energiepreissteigerung von 2,5 bis 7,5 Prozent.
- den Ausgangszustand des Hauses sowie
- das jahresbedingte Wetter und
- die Klimaregion, in der die Immobilie steht.
„Einen festen Zeitpunkt zu definieren, ab dem sich eine Maßnahme rechnet und dieses Ergebnis auf jedes Objekt einfach zu übertragen, ist eine Betrachtung, die Fehlinterpretationen beinhalten muss“ erklärt Prof. Dr. Andreas Holm vom FIW. „Bei der Betrachtung der Frage nach der Wirtschaftlichkeit von wärmedämmenden Maßnahmen kann man sich nicht nur überschlägiger Werte bedienen, es müssen zahlreiche Optionen in ihrer möglichen Bandbreite durchgerechnet werden: Wenn sich etwa im nächsten Jahr der Ölpreis verdoppelt, amortisiert sich die Maßnahme schneller als gedacht. Steigen die Energiepreise plötzlich dauerhaft langsamer, rechnet sich die gleiche Maßnahme erst später. Und bei einem Gebäude in Freiburg muss aufgrund der klimatischen Bedingungen auch anders gerechnet werden als bei einem Gebäude im Fichtelgebirge. Mit dem sogenannten stochastischen Ansatz können wir Von-Bis-Zeiträume definieren, die sich mit den jeweiligen Faktoren konkretisieren lassen.“
Marianne Tritz, Geschäftsführerin des GDI, sieht in diesen Berechnungen eine Chance, die Debatte um die Wirtschaftlichkeit von Dämmmaßnahmen zu versachlichen: „Jede energetische Sanierungsmaßnahme wird unter individuellen Bedingungen ausgeführt. Genaue Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit einer Maßnahme können aber nur dann gegeben werden, wenn diese Randbedingungen hinreichend bekannt sind. So kommt man zu objektbezogenen Ergebnissen, bei denen sich die eine Maßnahme rechnet und eine andere Maßnahme nicht rechnet. In der Studie des FIW sehen wir daher eine gute Grundlage, die Wirtschaftlichkeitsdebatte auf einer anderen Ebene zu führen. Die Untersuchung verdeutlicht, dass sich allgemeingültige Aussagen über die Wirtschaftlichkeit von Dämmmaßnahmen nicht einfach so treffen lassen.“
Die vollständige Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW München) ist unter gdi-daemmstoffe.de abrufbar (direkter PDF-Download). Die zentralen Ergebnisse der Studie sind:
Oberste Geschossdecke: Bei einem Ausgangs-U-Wert von 0,9 W/m²K liegt die Amortisationszeit bei einer begehbaren Geschossdecke in der Regel zwischen 6 und 16 Jahren (Mittelwert: 10 Jahre). Die gleiche Maßnahme bei unbegehbarer Geschossdecke amortisiert sich nach etwa zwei bis fünf Jahren.
Steildach: Bei einem Ausgangs-U-Wert von 0,9 W/m²K liegt die Amortisationszeit in der Regel zwischen 6 und 16 Jahren, wobei sich die Maßnahme nach durchschnittlich 10 Jahren amortisiert hat.
Flachdach: Bei einem Ausgangs-U-Wert von 0,9 W/m²K liegt die Amortisationszeit zwischen 5 und 13 Jahren
Fassadendämmung: Für eine Außenwanddämmung von U = 1,4 W/m²K mit einem Wärmedämmverbundsystem ergibt sich entsprechend den Anforderungen der Energieeinsparverordnung ein großer Schwankungsbereich der Amortisationszeit. Je schlechter der energetische Ursprungszustand der Wand ist, desto schneller amortisiert sich eine Fassadendämmung:
- Bei Außenwänden, die vor der ersten Wärmeschutzverordnung (WSchV) 1977 errichtet worden sind, ergibt sich eine Amortisationszeit zwischen 4 und 10 Jahren. Am wahrscheinlichsten sind 6 Jahre.
- Die nachträgliche Dämmung von Außenwänden, die in der Zeit von WSchV 1977 bis 1995 gebaut wurden, amortisiert sich in der Regel zwischen 9 und 22 Jahren, typischerweise rechnet sie sich nach 15 Jahren.
Kellerdämmung: Geht man beim unteren Gebäudeabschluss von einem energetischen Zustand aus, der vor der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung typisch war, so beträgt die mittlere Amortisationszeit bei einer Kellerdeckendämmung von unten mit Bekleidung acht Jahre. Ohne Bekleidung reduziert sich die Amortisationszeit auf etwas unter sechs Jahre.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- GDI Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V.
- FIW München - Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V.
- Förderratgeber von co2online und Fördermitteldatenbank von fe.bis
- Icopals Energierechner für's Flachdach als WebApp (1.9.2017)
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- Die Top 10 Dämmstoffmarken der Bauunternehmer - ermittelt von BauInfoConsult (15.1.2017)
- Klimaschutzplan 2050: Nach Kompromiss bei Kohleenergie muss die Dämmung es richten (23.11.2016)
- Wirkungszusammenhänge zwischen Sanierungsmaßnahmen und Nutzerverhalten auf 96 Seiten (22.9.2016)
- weitere Details...
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siehe zudem:
- Wärmedämm-Verbundsystem im Fassaden-Magazin sowie Baustoff-Recycling von Baulinks
- Literatur / Bücher zum Thema Wärmedämm-Verbundsystem bei Amazon