Baulinks -> Redaktion  || < älter 2018/1404 jünger > >>|  

Wo treffen sich Daniel Libeskind, Wohnungsbau und Hinterschnittanker?

(6.9.2018) Der Saphir ist ein seltener Edelstein, den man in Sri Lanka, Indien, den USA, Australien oder Nigeria findet - und neuerdings als Mehrfamilienwohnhaus auch in Berlin. Im Herzen der deutschen Hauptstadt (siehe Google-Maps) hat Daniel Libeskind mit dem „Sapphire“ einen spektakulären Wohnkomplex geschaffen, der in seinem Metier so selten ist wie besagter Edelstein.

alle Fotos, falls nicht anders ausgewiesen © Corrado Ravazzini 

Funkelnd und facettenreich ragt das mehrstöckige Gebäude aus den üblichen Wohnhausbauten der Straßenflucht heraus. Die Assoziation mit dem Edelstein ist vor allem der Fassade geschuldet:

  • komplex geformt,
  • mit vielen asymmetrischen Elementen,
  • ohne einen rechten Winkel und
  • mit ungewöhnliche (Sicht-)Achsen und Perspektiven.

 

Auch die Farbe der Außenverkleidung sollte die eines bläulich schimmernden Saphirs sein. So wurden für die komplett hinterlüftete Fassade bioaktive, sprich selbstreinigende Feinsteinzeugplatten mit reliefierter Metallic-Oberfläche verwendet. Die mehr als 3.600 Keramikelemente produzierte der italienische Steinzeug- Spezialist Casalgrande Padana nach Entwürfen von Daniel Libeskind; 3.100 davon wurden nach Maß zugeschnitten und millimetergenau in die komplexe Oberflächenstruktur der Außenverkleidung eingepasst.

Unsichtbares Befestigungssystem

Um die Fassadenplatten unsichtbar befestigen zu können, entschieden sich die Protagonisten für das Hinterschnittsystem von KEIL. Mit Casalgrande pflegt das Familienunternehmen mit Sitz in der Nähe von Köln seit vielen Jahren eine gute Partnerschaft. Gemeinsam hat man bereits diverse Fassadenprojekte realisiert, darunter die des Vanke Pavillion auf der Expo in Mailand - siehe Beitrag „Freiform-Pavillon auf der Expo 2015 mit schillernden Feinsteinzeugplatten“ vom 10.12.2015. Außerdem hält Casalgrande eine eigene ETA mit dem KEIL Hinterschnittanker als zugelassenem Befestigungsmittel.

Zur Erinnerung: Der Hinterschnittfassadenanker wird formschlüssig und spreizdruckfrei von hinten in die Fassadenplatte eingesetzt. Dadurch bleibt die Ästhetik der Fassadenplatte frei von sichtbaren Bohrungen und anderen störenden Elementen, die über die Zeit zu Schmutzfahnen beitragen könnten. Zudem verstehen sich die Hinterschnittanker mit nahezu jedem erhältlichen Plattenmaterial für vorgehängte hinterlüftete Fassade - angefangen bei (Glas-)Keramik, Feinsteinzeug und Naturwerksteinen, über Faserzement und Glasfaserbeton, bis hin zu Mineralwerkstoffen und Kunststoff/HPL-Platten. So bietet diese Art der Befestigung unendliche Möglichkeiten der Gestaltung - mit geschlossenen oder offenen Fugen, elegant, traditionell, modern, filigran oder unkonventionell.

Komplexes Projekt

Dem Vernehmen nach war das Sapphire auch für KEIL kein 08/15-Projekt. „Mit seiner expressiven Architektur hat Libeskind sämtliche Partner vor große bautechnische und technologische Herausforderungen gestellt“, bestätigt KEIL-Produkt Manager Georg Miebach. „Für uns galt es, die besondere architektonische Kreativität und das Design mit Bauvorschriften und Zulassungsbestimmungen in Einklang zu bringen. Mit den Detailplanern des Fassadenbauers Medicke haben wir uns im Vorfeld immer wieder bezüglich besonders kniffliger Konstruktionsdetails eng abgestimmt, um sicherzustellen, dass der Hinterschnittanker Made in Germany eine zulassungskonforme Befestigung gewährleisten kann. Insgesamt haben wir fast 15.000 Hinterschnittanker geliefert, von denen jeder einzelne ein Gewicht bis zu 900 kg tragen könnte.“


 

Die Geometrie der Fassade erlaubte lediglich 500 Elemente im Standard-Format 60 x 120 cm. Die restlichen 3.100 Keramikplatten mussten nach Maß zugeschnitten werden. Dieser Zuschnitt erfolgte wiederum nicht zufällig, sondern so, dass das Relief auf den Platten präzise und nahtlos zusammengesetzt werden konnte.

Für die spreizdruckfreie Montage mit den KEIL-Hinterschnittankern wurde auf der Rückseite der dünnen Keramikelemente die in der Statik ermittelte Anzahl an Systembohrungen erstellt. Vier solcher Bohrungen waren an den Fliesen mit Standardmaß notwendig, an den Elementen mit Spezialmaß jedoch bis zu acht - je nach Ausformung und Besonderheit der Befestigungssituation.

Angesichts der hohen Anzahl an Spezialelementen wurden alle Keramikplatten auf der Rückseite mit einem Identifikationscode versehen, um vor Ort die genaue Positionierung sicherzustellen. Um den Zeitplan zu erfüllen, wurden die Keramikplatten in 15 getrennten Transporten  angeliefert. Die vollständige Auslieferung zog sich über neun Monate hin, die gesamte Fassade wurde innerhalb von vier Monaten montiert.

Die Montage, die detaillierte Werkplanung inklusive 3D-Planung und die Fertigung aller Komponenten wurde von Metallbau Medicke aus Glauchau vorgenommen, einem Fassadenbauer, dessen Monteure sich mit anspruchsvollen Bauvorhaben auskennen. Doch auch Geschäftsführer Marcus Medicke bewertet das Sapphire als eine der größten bautechnischen Herausforderungen, vor die sein Unternehmen bisher gestellt wurde: „Die Fassade war sicher eines der komplexesten Projekte, die wir je realisiert haben. Und das gilt gleich in mehrfacher Hinsicht: für den Werkstoff der Fassadenbekleidung, für die tragende Unterkonstruktion und die anspruchsvolle architektonische Gestaltung. Wir haben neue konstruktive Wege beschritten und viele neue Montagelösungen für die Zukunft generiert.“

Foto © Andre_Baschlakow 

Weitere Informationen zu Hinterschnittankern können per E-Mail an KEIL angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

Impressum | Datenschutz © 1997-2024 BauSites GmbH