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Angekündigt: Dämmstoff aus Altpapier mit wirksamem Brandschutz ohne viel Chemie


Eine Einblasdämmung wird zum soliden Dämmstoff. (Foto ©  Empa)
  

(11.2.2019) Wissenschaftler von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) haben gemeinsam mit der Isofloc AG einen Dämmstoff aus Altpapier entwickelt, der sich für vorfabrizierte Holzbauelemente auch in mehrgeschossigen Holzhäusern eignet und die Konstruktion wirksam vor Feuer schützen soll. Das Bindemittel ist laut Pressemitteilung eine für Mensch, Tier und Umwelt unbedenkliche Substanz. Anfang 2020, so schätzt man bei Isofloc, kann die neue Dämmung zusammen mit den passenden Einblasmaschinen auf den Markt kommen.

„eingeblasene Dämmplatte“

In dem neuen Dämmstoff steckt vergleichsweise wenig Chemie, aber umso mehr technisches Knowhow. Entscheidend dabei ist, dass die Altpapier-Dämmung nicht zerbröselt.

„Wir haben es hier nicht mit Dämmstoffmatten zu tun, die von Arbeitern zugeschnitten und ins Bauteil eingepasst werden müssen“, erläutert die Forscherin Franziska Grüneberger. „Die Altpapier-Fasern werden vielmehr in einen Hohlraum eingeblasen, bis er ganz gefüllt ist.“

Das Einblasen soll zudem aus Kostengründen möglichst leicht und schnell erfolgen, deshalb müssen die Fasern in diesem Moment gut fließen. Sobald sie jedoch im Hohlraum sind, sollen sie formstabil bleiben. So kann die Konstruktion bei Bränden geschützt werden. Am Ende soll die maschinell eingeblasene Dämmung so fest und formatfüllend im Bauteil sitzen wie eine von Menschenhand eingepasste Dämmplatte. Nur so kann sie die Hitze eines Feuers lange genug zurückhalten und einen vorzeitigen Abbrand der Konstruktion verhindern.

Die Umsetzung war wohl nicht ganz leicht: „Wir haben für die bereits am Markt etablierten Zellulosefasern der Isofloc AG nach einem geradezu magischen Bindemittel suchen müssen - ein Stoff, der möglichst von einer Sekunde auf die nächste wirkt», erinnert sich Frau Grüneberger.

Parforceritt durch die Chemie

Das Industrieprojekt gemeinsam mit der Dämmstofffirma Isofloc begann im Frühjahr 2017. Franziska Grüneberger und ihr Kollege Thomas Geiger begannen nach geeigneten Bindemitteln zu suchen - was wohl einem Parforceritt durch die Chemie gleichkam.

  • Erste Randbedingung: Für den Einsatz im nachhaltigen Holzbau sollte das Bindemittel nachweislich ungiftig sein - ein Stoff, mit dem Menschen dauerhaft und problemlos in Berührung kommen können. In Frage kamen Hilfsstoffe aus der Textil-, Papier-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie - oder Substanzen aus der Natur.
  • Zweite Rahmenbedingung: Das gewünschte Bindemittel soll günstig und in großen Mengen verfügbar sein.

„Wir stellten gemeinsam mit Willi Senn, dem Entwicklungsingenieur bei Isofloc, eine Reihe von Versuchen an und verbanden die Dämmfasern mit unterschiedlichen Zusatzstoffen“, berichtet die Forscherin. Zugleich lief die Suche nach dem geeigneten „Startschuss“, der die Fasern von einem Moment zum nächsten verbindet. Erhitzen mit Dampf? Mit Infrarotstrahlung? Über magnetische Induktion? Schließlich fand sich aus der großen Reihe von „Verdächtigen“ der gewünschte Stoff - eine Substanz aus der Lebensmittelindustrie. Laborversuche an der Empa und bei der Isofloc AG in Bütschwil zeigten auch im Brandfall eine zuverlässige Verbindung des Zelluloseflockengefüges.

Upscaling und Brandversuch

Die Flocken wurden in mehrere Test-Holzrahmen eingeblasen, daneben ein identischer Hohlraum mit Flocken ohne den neuartigen Zuschlagstoff, und im herkömmlichen Verfahren eingebracht. Nun ging es ins Brandlabor der VKF ZIP AG. Dort wurde der Holzrahmen eine Stunde lang einer 800 bis 1000°C heißen Flamme ausgesetzt. Der Holzrahmen durfte an keiner Stelle durchbrennen, und es durften auch keine glühenden Flocken herausfallen. Die neue Dämmung hielt dem Test stand und schützte die Konstruktion zuverlässig, während die Flocken ohne Zuschlagstoff durch die fehlende Verklebung aus dem Holzrahmen herausfielen.

Empa-Know-how für die Industrie: Franziska Grüneberger und Willi Senn entwickelten ein neues Bindeverfahren, welches den Isofloc-Dämmstoff deutlich feuerfester macht als bisher. (Foto © Empa) 

Brandschutzwirkung mit Steinwollmatten vergleichbar

Die Vorteile erläutert Jon-Anton Schmidt, Leiter Anwendungstechnik bei der Isofloc AG: „Das Dämmmaterial in loser Form einzubringen, ist schon eine enorme Zeitersparnis. Mit dem zusätzlichen Vorteil der Formstabilität und der damit verbundenen Brandschutzwirksamkeit erreichen wir Schutzwirkungen, die mit geklemmten Steinwollmatten vergleichbar sind. Das macht die ohnehin schon ökologische und effiziente Dämmung für die Bauindustrie noch interessanter.“

Neue Generation von industriellen Dämmsystemen

Der finale Entwicklungsschritt geschieht nun beim Industriepartner Isofloc AG. Dort müssen die Maschinentechniker und Ingenieure aus dem bestehenden Prototypen eine neue Generation von Einblasmaschinen entwickeln, die die Anforderung an Reproduzierbarkeit und Qualitätskontrolle erfüllen. Die Dosierung des Bindemittels ist dabei wichtig. Sie muss in allen Produktionsschritten in engen Toleranzen eingehalten und überwacht werden können.

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