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Bericht vom Xella-Fachkolloquium: Wege zur Dekarbonisierung in der Baubranche

(13.11.2022) Mehr als 100 Vertreter der internationalen Porenbeton- und Kalk­sand­stein-Industrie sowie aus Wissenschaft und Forschung kamen Mitte Oktober zum ersten wissenschaftlichen Fachkolloquium „Mineralisches Bauen in Zeiten des Klimawandels“ in Berlin zusammen. Die Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft mbH initiierte das eintägige Treffen im Humboldt Forum im Berliner Stadtschloss, auf dem die Vorträge vor allem die Frage „Wie lässt sich die Baustoffindustrie ökologisch und ökonomisch vernünftig dekarbonisieren?“ erörterten.

Das Treffen in Berlin diente zum einen dazu, den Status Quo bezüglich der Dekarbonisierung in der Porenbeton- und Kalksandstein-Herstellung zu bestimmen, aber auch um zukünftige Lösungsansätze zu erörtern. Insgesamt 19 Referentinnen und Referenten präsentierten aktuelle Ergebnisse aus Wissenschaft und Praxis. Nach einleitenden Worten von Torsten Schoch und dem CEO der Xella Group, Christophe Clemente sowie Hans-Dieter Hegner, dem Vorstand des Baubereichs der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, gab es auch eine wichtige Stimme aus der Politik. So wurde beispielsweise die Europaabgeordnete Hildegard Bentele aus Brüssel zugeschaltet. Sie sprach in ihrem Beitrag über den „European Green Deal“ und das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität bis 2050.

Die insgesamt vier Tagungsabschnitte, die das Thema der Dekarbonisierung aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten, gaben die Richtung deutlich vor: Die ganze Porenbeton- und Kalksandsteinindustrie gestaltet nicht nur ihre Produktion nachhaltig, sondern im Idealfall die gesamte Wertschöpfungskette.

Dekarbonisierung als Lösung

Wie fortgeschritten einige Ansätze sind, zeigte zum Beispiel Dr. Volker Thome vom Fraunhofer Institut für Bauphysik. Er stellte ein patentiertes Verfahren vor, das die Recyclingfähigkeit von Porenbeton verbessert. Das Verfahren, genannt „ENSUBA“, dient der Entsulfatisierung von Bauschutt. Dadurch ließe sich in Zukunft ein wesentliches Problem beim Recycling von Porenbeton beheben.

Auch die Mauerwerksproduktion stand im Fokus. Wie kann der Prozess so gestaltet werden, dass der Ressourceneinsatz minimiert wird und zugleich eine ökonomisch sinnvolle Produktion gewährleistet wird? Ein Ansatz sind innovative Produktionsverfahren, wie sie Dr. Oliver Kreft, Verantwortlicher für Kreislaufwirtschaft bei der Xella Techno­lo­gie- und Forschungsgesellschaft, zum Thema „Potenziale der Kreislaufwirtschaft zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes der Porenbetonindustrie“ vorstellte. Um die Deponierung von Bauabfällen aus Porenbeton zu minimieren, soll in Zukunft der schon heute in der Produktion eingesetzte Anteil an Porenbetonmehl (zerkleinerte sortenreine Produktionsreste bzw. Verschnittreste von Baustellen) bis 2030 verdoppelt werden. Diese Maßnahme hat das Potential, enorme Aufnahmekapazitäten für Altporenbeton aus dem Gebäudeabbruch bzw. Rückbau zu generieren. Darüber hinaus ließen sich die rohstoffbedingten CO₂-Emissionen der Porenbetonherstellung allein innerhalb der Xella Deutschland GmbH um bis zu 36 Kilotonnen (kt) pro Jahr verringern.

In allen Beiträgen wurde deutlich:  CO₂-Einsparungen sind nur durch eine konsequente Optimierung der Herstellungsprozesse, sowie Ersatz oder Reduzierung von energieintensiven Vorprodukten wie Zement oder Kalk möglich. Auch die Implementierung einer echten Kreislaufwirtschaft zur Grundlage des unternehmerischen Handelns im Bausektor wurde immer wieder betont.

Gesetzlicher Rahmen muss stimmen

Das Thema „Nachhaltigkeit auf Gebäudeebene“ leitete Prof. Thomas Lützkendorf vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit seinem Beitrag zu Lebenszyklusanalysen von Baustoffen ein. „Life Cycle Assessments“ (LCA) sind unabdingbar, um die Nachhaltigkeit von Baustoffen und damit Gebäuden als Ganzes zu bestimmen. Die anschließenden Präsentationen von Dr. Alexander Röder und Prof. Natalie Eßig waren ebenso auf die Wichtigkeit der richtigen Deklaration von Baustoffen ausgerichtet. Wichtig, und weit mehr als Formalitäten, sind die „Environmental Product Declarations“ (EPDs) und das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG), um den Nachhaltigkeitsprozess auch auf dieser Ebene zu zertifizieren.

Eine Kernbotschaft des Kolloquiums war: Wege zur Dekarbonisierung der Bauwirtschaft werden weltweit gesucht. So berichtete beispielsweise Paula Alvarez Pino, Associate Director of the Sustainable Smart Cities Research Center von der University of Alabama at Birmingham (UAB), über die Bemühungen, in den USA nachhaltiges Bauen mit den Baustoffen Porenbeton und Kalksandstein zu etablieren. Nicht umsonst sprach Christophe Clemente von einer „globalen“ Herausforderung, auch wenn der Bausektor an sich sehr „lokal“ ist.

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