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DAM-Preis 2020 geht an die James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel

(3.2.2020) Bei der James-Simon-Galerie auf der Berliner Museumsinsel gelang David Chipperfield Architects ein städtebaulicher Spagat: Es galt, an einer der prominentesten wie auch sensibelsten Stellen Berlins ein repräsentatives Eingangsgebäude zur Museumsinsel zu schaffen, das sich gleichzeitig dem architektonischen Ensemble aus Pergamon-Museum, Neuem und Altem Museum sowie Kupfergraben (Spree) und Humboldt Forum (Stadtschloss) ein- und unterordnet.

Foto © Simon Menges 

Die Longlist

Für den DAM-Preis nominiert das Deutsche Architekturmuseum (DAM) - seit 2016 auch unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Architektenkammern sowie eines Experten­bei­rats - jedes Jahr 100 bemerkenswerte Gebäude oder Ensembles.

Die nominierten Bauwerke für den diesjährigen Preis mussten zwischen Ende 2017 und Frühjahr 2019 fertiggestellt sein. Grundsätzlich bestand für die Nominierung der Bauten auf der Longlist keine Einschränkung auf eine bestimmte Bautypologie, Mindestgröße oder Bausumme.

Seit 2017 werden übrigens alle Bauten dieser Nominierungsliste, geographisch sortiert, im Architekturführer Deutschland vorgestellt. Die Ausgabe 2020 (verlegt von DOM publishers) ist bereits im Handel - siehe Nachbarbeitrag. Gleichzeitig ist die Longlist auch im Internet unter dam-preis.de einsehbar. Über die Jahre entsteht so zusätzlich ein digitales Archiv bemerkenswerter Gebäude in Deutschland.

Foto © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects 

Die Shortlist

Für den DAM-Preis 2020 bestimmte die Jury unter Vorsitz von Stephan Schütz (gmp Architekten von Gerkan Marg und Partner, Gewinner des DAM-Preises 2019) aus dem Feld der Longlist 26 Projekte für die engere Wahl. Auffallend viele Bauten dieses Jahrgangs befinden sich im ländlichen Raum, wie der Wiederaufbau einer Hofstelle im Fränkischen, die Ergänzung einer Schlossanlage in Thüringen oder verschiedene Einfamilienhäuser.

Auch Mittelstädte liefern interessante Antworten auf drängende Bauaufgaben, wie der Ersatz eines Bürohauses durch ein gemischt genutztes Ensemble in Bielefeld. Außerdem fielen einige interessante, hybrid genutzte Gebäude auf, wie die erste gewerbliche Baugruppe in Berlin oder ein für und mit Geflüchteten umgebautes Wohnhaus in München, das zugleich ein gastronomischer Ort und Begegnungsstätte geworden ist.

Foto © Simon Menges 

Die Finalisten

Auf einer gesonderten Juryfahrt Anfang September 2019 wurden die fünf finalen Bauensembles von der Jury vor Ort besichtigt. Am Ende der Fahrt stand die Diskussion um das Preisträgerprojekt 2020.

Die Bauten im Ausland

Nicht in der Auswahl für den DAM-Preis, aber seit vielen Jahren ein fester Bestandteil dieser Übersicht zur deutschen Gegenwartsarchitektur, sind die Bauten von Architekturbüros aus Deutschland in anderen Ländern.

Foto © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects 

Der Preisträger


Foto © Simon Menges (Bild vergrößern)
 

Mit dem DAM-Preis 2020 erhalten David Chipperfield Architects diese Auszeichnung bereits zum zweiten Mal: 2010 für das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel (siehe Beitrag vom 4.1.2011) und nun für die James-Simon-Galerie am selben Ort (siehe Google-Maps).

Was kann nachhaltiger sein als ein neuer, gelungener Stadtbaustein, den man nicht missen mochte und der vorher offenbar gefehlt hat? Ein Stadtbaustein, der mit großer Sorgfalt eingefügt wurde zwischen die Bauten der klassischen Meister Friedrich August Stüler (Neues Museum, Alte Nationalgalerie), Karl Friedrich Schinkel (Altes Museum) und Alfred Messel (Pergamonmuseum).

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Bauherrin wusste, was noch fehlte im Ensemble der Museumsinsel, welche Funktionen übersehen worden waren oder noch nicht auf der Agenda standen im 19. Jahrhundert:

  • ein genügend großer Museumsshop
  • Aufzüge, Garderoben und Toilettenanlagen für eine immer größer werdende Schar an kulturinteressierten Besuchern,
  • ein Vortragssaal,
  • ein Café und Restaurant sowie
  • eine eigene allgemeine Wechselausstellungsfläche.

Foto © Simon Menges 

Das alles ist nun auf einer städtebaulich prägnanten Ecke am Kupfergraben untergebracht, wo früher der - 1938 abgerissene - Neue Packhof von Schinkel gestanden hatte. Es sind drei räumliche Elemente, die die Komposition hauptsächlich ausmachen und ihr eigentliches, überraschend großes Volumen verbergen.

Vom Kupfergraben und über die Eiserne Brücke kommend, erblickt man eine unwirklich schlanke Pfeilerhalle, die über einem mächtigen Sockel über dem Kupfergraben schwebt. Hinter der Pfeilerhalle liegt die breite, dreifach geknickte Freitreppe, die zu dem Portalbau des oberen Eingangs führt. Und schließlich dockt ein ebenfalls von schlanken Stützen formulierter Innenhof im Erdgeschoss nahtlos an die Stülerschen Kolonnaden an, durch das Aufnehmen ihrer Proportionen und ihres Rhythmus.

Foto © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects 

Dieser neue Innenhof verbindet die James-Simon-Galerie mit dem gegenüberliegenden Neuen Museum und dem noch lange im Bau befindlichen Pergamonmuseum. Im Erdgeschoss befindet sich das zentrale Foyer als Verteiler nach unten und oben oder in das überraschend große Auditorium, das in den Hohlraum unter die Freitreppe geschoben wurde. Im Untergeschoss wird eines Tages die Archäologische Promenade vier der fünf Museen miteinander verknüpfen. Oben auf der Terrasse der Galerie befindet sich das Café und Restaurant Cu29, dessen Interieur ebenfalls von David Chipperfield Architects gestaltet wurde.

Materialien und Ausführung sind exquisit gewählt und gefügt: im Inneren glatter Sichtbeton, der in Kontrast gesetzt ist zu einer transluzenten Marmorwand oder Furnieren aus dunklem Walnussholz, die Handläufe und Beschläge aus Bronze, die Boden aus Muschelkalk. Draußen veredelt und unterstreicht ein Marmorzuschlag im Beton den strahlenden Charakter des neuen Baus.

Foto © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects 

Zu erwähnen ist noch, dass im vor zehn Jahren ausgezeichneten Nachbargebäude - dem Neuen Museum - das prominenteste Exponat die Büste der Nofretete ist. Entdeckt wurde sie bei Grabungen, die der Berliner Unternehmer James Simon (1851–1932), finanziert hatte. Das neue Eingangsgebäude auf der Museumsinsel würdigt auch sein Mäzenatentum.

Zur Erinnerung: Seit 2007 werden mit dem DAM-Preis jährlich herausragende Bauten in Deutschland ausgezeichnet. 2020 wird der Preis vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) bereits zum vierten Mal in enger Zusammenarbeit mit JUNG als Kooperationspartner vergeben.

Foto © Ute Zscharnt für David Chipperfield Architects 

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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