EcoCommercial Building Programm stellt Studie für nachhaltigen Supermarkt vor
(24.9.2012) Im Rahmen seines EcoCommercial Building Programms hat Bayer
MaterialScience gemeinsam mit dem Architekturbüro Planquadrat eine Studie für
einen nachhaltigen Supermarkt in Deutschland erstellt - mit einem um 75%
geringerem Energieverbrauch: Dank energetischer Optimierung und auf der Basis
einer intelligenten Kombination moderner Materialien und Technologien könnte für
das Einzelhandelsgebäude mit einer Nutzfläche von 3.500 m² ein energetisches
Einsparpotenzial von 60.000 Euro pro Jahr erreicht werden - das ergab die
Gebäudesimulation im Vergleich zu einem konventionell gebauten Supermarkt. Die
Energiekosten würden von 23 Euro auf nur noch 6 Euro pro m² und Jahr sinken.
Unter ökologischem Gesichtspunkt zählt vor allem die Reduktion des Kohlendioxid-
und Stickoxid-Ausstoßes um mehr als die Hälfte. Zudem könnte der
Schwefeldioxid-Ausstoß um die Hälfte gesenkt werden. Damit wäre der Supermarkt
auch bestens gerüstet für das Gold-
Maßgeblich für die Realisation eines rundum nachhaltigen Supermarkts ist ein integraler Planungsprozess, und zwar von Beginn an. Planungsexperten müssen ebenso einbezogen werden wie die künftigen Nutzer und Eigentümer sowie Experten auf Produktebene. Nur so lässt sich die optimale Kombination von Gebäudestruktur und Architektur, Konstruktion und Materialien finden. Computersimulationen und Analysen geben Aufschluss über den künftigen Energieverbrauch sowie Betriebskosten. Genau dies verspricht das von Bayer MaterialScience ins Leben gerufene EcoCommercial Building Programm (ECB): die Produkt- und Planungsexperten von mehr als 50 Partnern des ECB verknüpfen ihr Know-how für eine ganzheitliche Planung und unterstützen damit Entwickler, Investoren und Planer beim Bau nachhaltiger Gebäude - siehe Nachbarbeitrag.
Als Referenzgebäude für die Studie des EcoCommercial Building Programms diente ein alleinstehender, konventioneller Supermarkt mit einem Gesamt-Jahresenergieverbrauch von rund 198 KWh/m². Der nachhaltige Supermarkt erzielt im Vergleich dazu mit 107 kWh/m² einen deutlich niedrigeren Jahresenergieverbrauch. Grund der optimalen Energiebilanz des Einzelhandelsgebäudes ist das Gebäudekonzept – eine Kombination von Entwurf, Planung und innovativen Materialien.
Photovoltaikfassade
Markant ist das Design des Supermarktes, der sich wie ein Hügel aus der Landschaft erhebt. Der Eingang öffnet sich gen Süden und die Front wird komplett von einer Photovoltaikfassade genutzt. Der im Eingangsbereich vorgelagerte Wassergürtel reflektiert das Sonnenlicht und erhöht damit die Effizienz der Photovoltaik-Front zusätzlich:
Entscheidend für den Wirkungsgrad der Photovoltaik-Anlage sind die Ausrichtung und die Neigung der Aufstellflächen. Hohe Energieerträge werden erzielt mit einer nach Süden geneigten Fläche von ca. 30° Grad, wie dies beispielsweise bei einem schrägen Hausdach der Fall ist. Bei der Integration von PV-Modulen in die Gebäudefassade ist dieser Neigungswinkel jedoch aus architektonischen Gründen häufig nicht möglich. Gewöhnliche Gebäudefassaden sind mit der typischen 90°-Neigung nicht optimal ausgerichtet. Als beste Lösung für Architektur und Gebäudetechnik stellte sich im Falle der Supermarktstudie ein 60°-Winkel heraus. Damit erzielt die Pholtovoltaikfassade einen Jahresmittelwert der Sonneneinstrahlung von 135 W/m²:
Die Solarmodule sind in eine Leichtbau-Kunststoffverscheibung aus Polycarbonat integriert. Damit ist zugleich für die notwendige Beschattung im Inneren gesorgt. Da Polycarbonat etwa 10-mal leichter ist als Glas, kann es meist auch ohne schweres Gerät verarbeitet werden. Zudem wird bis zu 30% weniger Stahl für die Unterkonstruktion benötigt - was sich natürlich auch finanziell auszahlt. Das begrünte Dach macht das Thema Nachhaltigkeit weithin sichtbar. Zugleich trägt es zur Klimatisierung des Innenraums und zum Rückhalt von Regenwasser bei. Die Dichtigkeit des Gründachs gewährleisten bewährte Systemlösungen auf Basis verschweißter Kunststoffbahnen.
Effizientes Beleuchtungskonzept durch Tageslichtoptimierung
Die frühe Abstimmung zwischen Architektur und Gebäudetechnik ermöglichte die Entwicklung eines energieeffizienten Beleuchtungskonzepts, das die Nutzung von Tageslicht mit einschließt: Die Dachfenster des Supermarktes sind bewusst gen Norden ausgerichtet und reduzieren dadurch die Kühllast enorm. Gleichzeitig gelangt natürliches Tageslicht ins Gebäude und senkt den Energiebedarf für die Beleuchtung um bis zu 25%. Der optimale Neigungswinkel der Shedflächen für den Sonneneintrag wurde mit Hilfe einer Simulation ermittelt und beträgt 57°. Ein Winkel von 90° wäre zwar für geringere Wärmeeinträge technisch optimal, dieser ist jedoch architektonisch nicht ansprechend. Ein gestalterisch optimaler Winkel von 27° sorgt wiederum für einen deutlichen Anstieg der Wärmeeinträge und ist energetisch nicht sinnvoll.
Für die Verscheibung der Dachfenster kommen mit Nanogel gefüllte Polycarbonat-Multisteg-Platten zum Einsatz. Sie kombinieren Bruchsicherheit mit einem geringen Gewicht, hoher Transparenz und hervorragenden Dämmeigenschaften: Die eingesetzte Verscheibung Makrolon Ambient S2S-25 besitzt einen Wärmedurchgangskoeffizient von 1,0 W/m²K und entspricht damit in etwa den Werten einer horizontalen Dreischeiben-Verglasung. Dabei weisen die Polycarbonat-Platten jedoch mit ca. 7 kg/m² ein deutlich geringeres Gewicht auf – die Dreischeiben-Verglasung wiegt im Durchschnitt ca. 35 kg/m². Dies ermöglicht eine wesentlich leichtere Konstruktion mit weniger Befestigungselementen und Verstrebungen.
Trotz intensiver Tageslichtnutzung ist die Verwendung künstlicher Lichtquellen unerlässlich. LED-Leuchtmittel verbrauchen im Vergleich zu Glühbirnen weniger Energie bei gleicher Lichtmenge. In Supermärkten setzten sie zudem die Ware optimal in Szene und können dennoch den Energiebedarf um 75% und mehr senken. Aufgrund der langen Lebensdauer der LEDs von derzeit etwa 50.000 Stunden reduzieren sich die Wartungskosten.
Die Rückenflächen der Dachfenster lassen sich wiederum für weitere Photovoltaikmodule nutzen, was sich ebenfalls positiv auf die gesamte Energiebilanz des Gebäudes auswirkt. Zusammen mit der Photovoltaikfassade erreichen diese einen Gesamtenergieeintrag von 35 KWh/m² pro Jahr, was damit etwa 32% des tatsächlichen Energieverbrauchs entspricht.
Die Gebäudehülle als Basis des Konzepts
Das nachhaltige Baukonzept wird getragen von der energie- und ressourceneffizienten Gebäudehülle mit dem Dämmstoff Polyurethan. Je nach Anwendungsbereich werden Lambda-Werte bis zu 0,024 W/mK erreicht, was im Vergleich zu anderen etablierten Dämmstoffen bis zu 40% höhere Dämmleistungen oder entsprechend schlankere Aufbauten ermöglicht (siehe ?-Werte im Vergleich). Da Polyurethan kein Wasser aufnimmt, muss er selbst im Falle einer Leckage nicht ausgetauscht werden. Der Werkstoff ist aufgrund des niedrigeren spezifischen Gewichts auch um den Faktor 7 leichter, als die Alternative aus Mineralwolle mit vergleichbarer Dämmleistung.
Konventionelle Heizung, erneuerbare Energien
Durch eine Kombination von konventionellen Heizquellen und erneuerbaren Energien soll sich der Supermarkt wirtschaftlich und ökologisch klimatisieren lassen. Die Beheizung und Kühlung erfolgt über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe sowie mittels Betonkernaktivierung über ein Flächensystem im Fußboden und in der Decke. Diese Technologie nutzt die hohe Wärme- und Kältespeicherfähigkeit massiver Betondecken und -wände: Im Beton verlegte Rohr- oder Kanalsysteme leiten im Sommer kaltes und im Winter warmes Wasser durch die Bauteile. Die darin enthaltene thermische Energie wird gespeichert und bei Bedarf zum Heizen oder Kühlen freigesetzt.
Bodenbeläge spielen wichtige Rolle beim Unterhalt eines Supermarktes
Der Unterhalt macht bei einem Gebäude den wesentlichen Anteil der Lebenszykluskosten aus - etwa 80% der Kosten fallen erst nach Fertigstellung an. Wichtige Faktoren sind die Reinigung und Haltbarkeit des Bodens. Die Wahl des Belags sollte daher ganz bewusst getroffen werden. Fugenlose Systeme auf Basis von Polyurethanen sind hoch belastbar und lassen sich einfach sauber halten. Wartungsintervalle können verlängert werden, die Pflege geht schneller und es werden weniger Reinigungsmittel und Wasser verbraucht. Das reduziert die Kosten, die Umwelt profitiert und die Böden sind auch schön in der Optik; es lassen sich ganz individuelle Farben realisieren.
In Summe hat das EcoCommercial Building Programm gemeinsam mit dem Architekturbüro Planquadrat einen rundum nachhaltigen Supermarkt entworfen, dessen Bilanz sich sehen lassen kann: Wie eingangs erwähnt, liegen die Energiekosten um 75% unter den Werten für ein konventionelles Gebäude, die Emissionswerte um 50 bis 75% unter den Vergleichswerten. Dies zeigt, dass mit sinnvollen Bausystemlösungen auf Basis innovativer Werkstoffe hochgradig nachhaltige Gebäude realisiert werden können. Grundlage ist eine ganzheitliche Planung und Expertenwissen unterschiedlichster Gewerke und Produkte, wie sie das EcoCommercial Building Netzwerk anbietet.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Wärmerückgewinnung entscheidende Effizienztechnologie in Nichtwohngebäuden (1.8.2014)
- Studie: Energieeffizienz von Industriehallen bietet mehr als nur ein grünes Firmenimage (13.12.2013)
- Studie belegt CO₂-Einsparung von 100 Mio. t pro Jahr durch Wärmerückgewinnung (5.9.2013)
- Weiterbildung in neuem Gewand zum „Energieberater TU Darmstadt“ oder „Fachplaner TU Darmstadt“ (13.5.2013)
- Im Wachstumsmarkt Nachhaltiges Bauen ist die DGNB Marktführer in Deutschland (14.10.2012)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Umwelt-Campus der Fachhochschule Trier als grünste Hochschule ausgezeichnet (24.9.2012)
- Forschungsprojekt zu modularen (Stahl-)Bausystemen für nachhaltige Architektur (22.9.2012)
- „Modulares Oberlicht-System“ begründet neues Velux-Geschäftsfeld (19.9.2012)
- Brennwert-Heizautomaten neu von Remko für Lagerhallen und Gewerberäume (31.8.2012)
- BINE-Projektinfo: Hybrid-Kollektoren kombinieren Photovoltaik und Solarthermie (23.8.2012)
- Dachbegrünung und Photovoltaik in kongenialer Partnerschaft (26.6.2012)
- Neue DGNB-Handbücher für Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Stadtquartiere (19.6.2012)
- HFT Stuttgart und Ed. Züblin AG forschen gemeinsam am Neubau für übermorgen (15.6.2012)
- „Ganzheitliches Planen und Bauen“ auf 44 Seiten von der Bay. Ingenieurekammer-Bau (12.6.2012)
- Neue LED-Strahler von Philips zur Shopbeleuchtung mit über 60 Lumen/Watt (30.4.2012)
- Protokollband Nr. 40 „Passivhaus-Verkaufsstätten“ erschienen (30.1.2012)
- licht.wissen 06 erklärt die Regeln der Shopbeleuchtung (9.3.2011)
- Lichtbänder und -kuppeln mit Aerogel (4.8.2010)
- Energiekonzept für Supermärkte (31.7.2009)
- McDonald´s startet EE-Tec-Restaurant mit Schüco Systemtechnik (7.5.2009)
- Nicht "Solardach oder Gründach", sondern "Solardach und Gründach" (17.4.2009)
- Hindernisse bei der Verbreitung gebäudeintegrierter Photovoltaik (4.12.2007)
siehe zudem:
- Nachhaltigkeit, Ladenbau, Photovoltaikanlagen, Leichtbau, Fassadenbekleidung, Fassadensysteme, Lüftung, Dachbegrünung auf Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Fassade und Metallbau bei Baubuch / Amazon.de