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Reaktionen auf den Förderstopp von BMWK, BMWSB und BMF


  

(26.1.2022; wichtige Ergänzung vom 1.2.2022: Halbes Einlenken nach BEG-Förderstopp: förderfähige Altanträge können genehmigt werden.) Vor zwei Tagen haben die Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) sowie der Finanzen (BMF) die Bewilligung von Anträgen nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) der KfW (nicht BAFA!) mit sofortiger Wirkung gestoppt - siehe Beitrag dazu vom 24.1.2022. In den vergangenen Jahren hat kaum eine baurelevante Entscheidung der Regierung so viele Verbändevertreter in so kurzer Zeit reagieren lassen:

Verlässliche Rahmenbedingungen notwendig

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB), reagierte am Montagmorgen als einer der ersten: „Die Nachricht am Montagmorgen ist ein Schock für Bauherren und Bauwillige. ... Investitionen brauchen stabile und verlässliche Rahmenbedingungen, ansonsten werden sie auf die lange Bank geschoben.“

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, erinnerte daran, dass gerade am Bau mit seinen langen Planungs- und Investitionsvorläufen der Förderstopp ein komplett falsches Signal gäbe: „Bauherren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Ein kurzfristiger Förderstopp ohne klare Perspektive, wie es weitergeht, ist fatal und wird zahllose bereits in der Pipeline befindliche Projekte aushebeln. Wie sollen denn auf so einer Basis Investitionsentscheidungen getroffen werden?“

Fertighausindustrie nutzt(e) in 90% ihrer Vorhaben diese Förderung

Achim Hannott und Georg Lange, die beiden Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF), erklärten direkt: „Dieser Schritt kommt in seiner Grundsätzlichkeit völlig überraschend und trifft die gesamte Bauwirtschaft ebenso wie unzählige Bauherren und Investoren. Die Fertighausindustrie nutzt in 90% ihrer Bauvorhaben diese Förderung, um energieeffiziente Gebäude zu realisieren. Das Fatale an dem Förderstopp ist, dass nicht nur Vertrauen zerstört wird, nicht nur viele Finanzierungen plötzlich in der Luft hängen, sondern auch keine schlüssigen Alternativen oder Folgeregelungen vorhanden sind und im Zweifel monatelang auf sich warten lassen werden.“

Foto © baulinks/AO 

Finanzielle Verluste für Planungsbüros

Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, stellte u.a. fest: „Für viele Ingenieurbüros bedeutet der Stopp der KfW-Förderung, dass bereits gestellte Anträge nun möglicherweise nicht bewilligt werden oder bereits erbrachte Planungsleistungen nicht umgesetzt werden können bzw. verschoben werden müssen. So kann die Energiewende nicht gelingen! Hier ist ganz dringend mehr Planungssicherheit gefragt!“

Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, erwartet, dass diese „Vollbremsung“ auch für viele Architekturbüros immense finanzielle Verluste bedeuten, denn sie waren in den letzten Wochen mit Projektplanungen und Förderanträgen beschäftigt, um die für Ende Januar auslaufende Neubauförderung des Effizienzhauses/Effizienzgebäudes 55 (EH55) fristgerecht fertigzustellen und einzureichen. Der nun ausgesprochene Förder-Stopp komme im Fall des EH55 eine Woche früher als angekündigt. Eine Woche mache angesichts der engen Zeittaktung in vielen Architekturbüros einen entscheidenden Unterschied. „Konkret heißt das, dass bereits erbrachte Planungsleistungen nicht umgesetzt werden können und entsprechend auch nicht von den Bauherren vergütet werden.“ Es sei enttäuschend und widerspreche der Idee von Planungssicherheit, dass eine mit viel Mühe und langem zeitlichen Vorlauf entwickelte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit derartigen Ad-Hoc-Manövern komplett in Frage gestellt wird.

Dipl.-Ing. Jörg Friemel, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure NRW, stellte fest: „Unabhängig von der Tatsache, dass die KfW 55-Förderung aus ökologischer Sicht zweifelhaft war, ist die Vorgehensweise katastrophal. Das Vertrauen auf die Verlässlichkeit von Regierungsentscheidungen leidet sehr. Die ganze Branche wird verunsichert, es entstehen große wirtschaftliche Schäden.“

Nichtige Energieberatungen

Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des Energieberaterverbands GIH, verurteilt „auf das Schärfste“ den mit sofortiger Wirkung verkündeten Antrags- und Zusagestopp der KfW-Programme im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG): „Damit wird das Vertrauen in die Energieberatung untergraben, die Baubranche in Mitleidenschaft gezogen und das Klimaziel im Gebäudebereich verfehlt. Unverständlich, wie die Regierung den Klimaschutz in Gebäuden derart konterkarieren kann! ... Unzählige Energieberatungen, die auf Grundlage der aktuellen Förderungen erfolgt sind, sind somit nichtig, da Finanzierung und einkalkulierte Zuschüsse von einem auf den nächsten Tag gestrichen wurden.“

Altlast der abgewählten Bundesregierung

Dipl.-Ing. Marita Klempnow, Vorstand des Deutschen Energieberater-Netzwerks, machte die Förderpolitik der alten Bundesregierung verantwortlich: „Dieser Förderstopp ist eine fatale Altlast der abgewählten Bundesregierung. ... Die neue Bundesregierung musste die Reißleine ziehen, nachdem die zur Verfügung stehenden 5 Mrd. Euro ausgeschöpft und für insgesamt 20 Mrd. Förderanträge eingegangen waren.“

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überschreibt ihre Pressemitteilung mit „Klima-Notlage im Gebäudesektor eskaliert weiter“. Und Barbara Metz, Stellvertretende DUH-Bun­des­geschäftsführerin, konstatierte: „Angesichts der klimapolitischen Notlage im Gebäudesektor ist der Förderstopp ein weiterer Dämpfer. ... Das Auslaufen der teuren und ineffizienten Neubauförderung ist absolut richtig, hätte jedoch mit einer ordnungsrechtlichen Anhebung der Neubaustandards Hand in Hand gehen müssen. Damit der Neubau jetzt nicht auf völlig veraltete Standards zurückfällt, muss der bislang geförderte Standard gesetzlich als Mindeststandard festgeschrieben werden. Es ist außerdem ein fatales Signal, dass der Gebäudesanierung der Geldhahn abgedreht werden soll. Die Bundesregierung muss noch vor dem neuen Finanzhaushalt allen Sanierungswilligen Planungssicherheit geben und entsprechende Fördermittel garantieren. Die Ursache dieser Krise ist bei der völlig fehlgeleiteten Förderpolitik der Vorgängerregierung zu suchen, jetzt liegt es an der neuen Bundesregierung, die Situation im Gebäudesektor tatsächlich zu verbessern.“

Für Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), ist der Programmstopp ein „Nackenschlag für die energetische Sanierung“: „Viele Unternehmen hatten darauf vertraut, die für die Gebäudeförderung bereitgestellten finanziellen Mittel für ihre aktuellen und bereits in Planung befindlichen Projekte nutzen zu können. So werden wir abermals um Jahre zurückgeworfen und wichtige Neubauprojekte werden verworfen, wenn die Förderung nun ausbleibt. Das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr rückt in weite Ferne.“

Baupolitischer Fehlstart

Manfred Jost, Präsident des Verbandes Wohneigentum (VWE) versteht den Förderstopp als einen „baupolitischen Fehlstart der neuen Regierung, der für Chaos sorgt und viel Vertrauen kosten wird“. Eigentümer seien seit Monaten darauf eingeschworen worden, ihr Haus klimafit machen zu müssen. Das sei für viele sowieso schon eine Mammutaufgabe.

Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, sieht in dem Programmstopp der BEG ebenfalls einen herben Rückschlag für die Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor und betonte: „Mit dem vorläufigen Programmstopp wird die Chance vertan, dass die im Gebäudesektor dringend notwendige Dekarbonisierung durch Elektrifizierung und Digitalisierung endlich Fahrt aufnehmen kann – und somit die Klimaziele im Gebäude erreicht werden können.“

Verteuert das Bauen erheblich

Erwin Taglieber, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates (DHWR), kritisierte die Entscheidung als „böse Überraschung“. Nach den wirtschaftlichen Verwerfungen der Corona-Krise sowie den schlechten Materialverfügbarkeiten bei explodierenden Kosten 2021 komme die Regelung für die gesamte Bauwirtschaft, Bauherren und Investoren zur Unzeit: „Der Antragsstopp verteuert das Bauen erheblich und wird zu weniger Bautätigkeit führen. Schon jetzt berichten unsere Unternehmen von Auftragsstornierungen, da viele Finanzierungen plötzlich in der Luft hängen und zahlreiche Aufträge bis zur Klärung der künftigen Förderung ausgesetzt werden.“

Jan Dietrich Radmacher, der Vorstandsvorsitzende beim Bundesverband Kalksandsteinindustrie, geht davon aus, dass mit dem Förderstopp „ein noch nicht zu beziffernder Schaden für viele Bauherren, die gesamte Bau- und Wohnungswirtschaft und letztendlich auch den Klimaschutz einhergeht“ und forderte, dass „weiterhin ein substanzieller Anteil Förderung in den Neubau fließt“.

Motivationsbremse

Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), sprach von „starken Irritation im Markt“ und kommentierte: „Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Förderung ist deren Stabilität. Bau- und Sanierungsvorhaben werden langfristig geplant. Die Förderung soll Eigentümer dazu motivieren, mehr für den Klimaschutz zu tun, als der Staat in den Bauvorschriften ohnehin verlangt. Ist eine staatliche Förderung fester Bestandteil des Finanzierungskonzepts, darf sie nicht einfach wegbrechen.“

Eckpfeiler der Finanzierung

Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Privater Bauherren (VPB), stellte fest: „Damit wird der Willen zum energetischen Bauen ein Stück weit abgewürgt. Für viele Bauherren sind diese Mittel existenziell, um ihr Bauprojekt stemmen zu können. Leider ist auch die versprochene Eigentumsförderung noch nicht auf den Weg gebracht. Damit sind tatsächlich viele neue Steine in den Weg derjenigen gelegt, die aus eigener Kraft einen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot schaffen wollen.“

Florian Becker, Geschäftsführer vom Bauherren-Schutzbund, spricht von einem „Vertrauensbruch“ für viele Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich auf die Förderung verlassen haben: „Im angespannten Immobilienmarkt mit steigenden Baupreisen und wachsenden Anforderungen an energieeffizientes Bauen sind die Förderprogramme der KfW ein Eckpfeiler in der Finanzierung der meisten Bauherren. ... Im Zusammenhang mit dem Auslaufen der KfW 55-Förderung und dem Ende des Baukindergeldes birgt der Vorgang unkalkulierbare Gefahren für die Erreichung der klima- und wohnpolitischen Ziele der Bundesregierung.“

zur Erinnerung: überhaupt keine Vollbremsung!

Dr. Hans-Joachim Riechers, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), erinnerte daran, dass das wichtige Förderprogramm (Zuschüsse) für Einzelmaßnahmen im Bestand von dem Förderstopp nicht betroffen sei. Es werde nach wie vor über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abgewickelt und es können weiterhin Anträge gestellt werden. Ebenfalls nicht betroffen sei die steuerliche Förderung von Einzelmaßnahmen. Der Stopp betreffe im Wesentlichen den Bereich Neubau. Nach vorne schauend sagte Herr Riechers: „Unser dringendes Anliegen muss nun sein, die Förderung energetischer Maßnahmen im Bestand ... für die Zukunft sinnvoll zu gestalten. Dazu gehört die Vermeidung unwirtschaftlich hoher Anforderungen, mit denen die energetische Modernisierung unnötig verteuert würde. Die Förderung muss sich darauf konzentrieren, dass möglichst viele Bestandsgebäude mit einer Wärmedämmung versehen werden, damit sie anschließend ‚Niedertemperatur-ready‘ sind und mit erneuerbarer Energie beheizt werden können. ... Fördergelder, die künftig nicht mehr in den Neubaubereich fließen, sollten generell für die energetische Gebäudemodernisierung zur Verfügung stehen. Nur dann rückt das Erreichen der Klimaziele näher.“

Jetzt aber in die Puschen kommen!

Alle Verbände forderten die Bundesregierung auf, die Förderung schnellstmöglich wieder aufzunehmen und die Fördertöpfe auskömmlich auszustatten. Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbandes energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG), sagte quasi stellvertretend: „Die Bundesregierung muss jetzt entschlossen handeln und bei der Förderung nachlegen. Die hohe Nachfrage bei den Anträgen zeigt, dass die energieeffiziente Gebäudesanierung ein Erfolgsmodell auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand ist.“

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