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Neubauförderung für das Effizienzhaus/-gebäude 55 endet Ende Januar 2022

(21.11.2021) Am 4. November hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) darüber informiert, dass zum 1. Februar 2022 die Neubauförderung für das Effizienz­haus/-gebäude 55 (EH55) der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eingestellt wird. Sprich: EH55-Anträge können nur noch bis zum 31. Januar 2022 gestellt werden.

Noch am 22. September hatte die Bundesregierung beschlossen, die für die Gebäudeförderung bereitgestellten Mittel für 2021 nochmals um 11,5 Mrd. Euro auf insgesamt bis zu 18 Mrd. Euro zu erhöhen - siehe Beitrag vom 28.9.2021. Gleichzeitig wurde aber auch vereinbart, die bestehende BEG-Fördersystematik hinsichtlich der Fördereffizienz zu überprüfen und anzupassen. So sollen künftig vorhandene Fördermittel gezielt eher dort eingesetzt werden, wo Treibhausgas-Minderungen zur Erreichung der Sektorziele am notwendigsten sind und einen größtmöglichen, sichtbaren Beitrag zur Emissionsminderung leisten - und das ist die Sanierung, der nun die Förderung nach EH55 für den Neubau zum Opfer gefallen ist.

Die Bundesarchitektenkammer (BAK)

... beispielsweise bewertet den angekündigten Förderstopp für das Effizienz­haus/-gebäude 55 zum 1.2.2022 ambivalent: Klimapolitisch überfällig, jedoch mit schlechtem Timing und schlechter Signalwirkung.

Bereits bei der Verabschiedung des im Jahr 2020 in Kraft getretenen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sei laut BAK deutlich geworden, dass die gesetzlich gestellten Anforderungen an Neubauten zur Erreichung der Klimaziele unzureichend seien: Weder sei es gelungen, das GEG einfacher und handhabbarer für Bauherren, Planerinnen und Planer zu formulieren, noch sei mit dem Referenzhaus ein Gebäudestandard definiert worden, der sich am aktuellen technischen Status quo orientierte. Vielmehr sei unter dem Eindruck des Mangels an bezahlbarem Wohnraum den lautstark vorgetragenen Prognosen zu steigenden Baukosten Glauben geschenkt worden. Im Ergebnis habe man sich entschieden, das Anforderungsniveau des GEG bis mindestens 2023 auf dem Stand des Jahres 2014 zu belassen. Anstatt den eigentlich erforderlichen EH55-Stan­dard zum gesetzlichen Mindeststandard zu machen, legte man sich darauf fest, diesen stattdessen großzügig zu fördern.

Förderung anstatt Forderung

Zuletzt entfiel der mit Abstand größte Anteil der deutschlandweit zugesagten Gebäudeförderung auf EH55-Neubauten. Hier wurde mit der Gießkanne gefördert, was eigentlich längst durch das GEG hätte gefordert werden sollen. Aus Sicht des Förder­geld­ge­bers - aber auch des Steuerzahlers - ist es daher folgerichtig, dass hier nachjustiert wird. Zur Einhaltung der Klimaziele auf nationaler und EU-Ebene brauchen wir in der Neubauförderung schnellstmöglich eine Orientierung hin zu anspruchsvolleren Standards. Außerdem muss die Sanierungsrate massiv vorangetrieben werden. Denn hier ist der Hebel für die Einsparungen von Treibhausgasen besonders wirksam. Dass die vorhandenen und nicht unbegrenzt zur Verfügung stehenden Fördermittel künftig effizienter eingesetzt und dorthin gelenkt werden sollen, wo sie einen möglichst wirksamen Beitrag zur Emissionsminderung leisten, ist aus BAK-Sicht folgerichtig.

Schlechtes Timing und schlechte Signalwirkung

Negativ bewertet die BAK, dass die Einstellung der EH55-Neubauförderung derart überstürzt vorgenommen wird. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist mit der komplett novellierten Förderung systemischer Maßnahmen wie dem EH55 erst im Juli dieses Jahres an den Start gegangen. Dass weniger als ein Jahr später die EH55-Neubauförderung wieder eingestellt werden soll, ist alles andere als konsistent.

Neben der schlechten Signalwirkung befürchtet die BAK kurzfristig auch einen Nega­tiv-Effekt für den Klimaschutz. Durch den Wegfall der EH55-Neubauförderung entsteht vorübergehend eine Lücke zwischen dem aktuell geltenden Neubau-Mindeststandard des GEG und dem geförderten EH40-Standard. Bauherren, Planerinnen und Planer haben dann die Wahl:

  • Es müssen entweder mehr Geld und mehr Planungsaufwand aufgebracht werden, um die ursprünglich als EH55 vorgesehenen Neubauten auf den geförderten EH40-Standard zu bringen,
  • oder es werden die im Vergleich zum EH55 schwächeren und durch das GEG geforderten Mindeststandards umgesetzt. Dafür verzichtet man dann auf die staatliche Förderung.

Aus Sicht der BAK sollte die Einstellung der EH55-Neubauförderung bis zur geplanten Änderung des GEG und bis zu der durch das Klimaschutz-Sofortprogramm in Aussicht gestellten überfälligen Anhebung der gesetzlichen Neubaustandards verschoben werden. Für die Übergangszeit sollten die Förderbedingungen für den EH55-Neu­bau­stan­dard überarbeitet werden. Denkbar wäre z.B., nur noch den ambitionierteren Standard der EH55 EE-Klasse zu fördern und den Förderbetrag abzuschmelzen. Außerdem sollte der Gesetzgeber garantieren, dass die neuen Förderbedingungen über einen langen Zeitraum gültig bleiben und kurzfristige Änderungen ausgeschlossen sind.

Die Bundesingenieurkammer

... bedauert die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministeriums, die Neubauförderung des Effizienzhauses 55 einzustellen. Auch BIngK-Präsident Dr.-Ing. Heinrich Bökamp befürchtet, dass die hohen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz ein Ener­gie­haus/-gebäude 40 für Bauherrn wenig attraktiv machen: „Bei Wegfall der Neubauförderung für ein Energiehaus/-gebäude 55 droht ein Rückfall auf das niedrigere GEG-Niveau. Das gilt es zu verhindern!“

Auch wenn eine Erhöhung der Energieeffizienzstandards zur Erreichung der Klimaschutzziele aus Sicht der Bundesingenieurkammer dringend erforderlich sei, wirke sich eine derart kurzfristige Änderung kontraproduktiv auf das Planen und Bauen aus. Die Planungssicherheit für Bauherren und Planende werde dadurch erheblich beeinträchtigt, das Bauen gehemmt und verzögert. Sinnvoll wäre eine Änderung der Förderstandards im Zusammenhang mit einer entsprechenden Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Der Wegfall der Förderung zu diesem frühen Zeitpunkt komme daher zur Unzeit.

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