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Dämmstoff-Trends bei WDV-Systemen

(28.7.2010) Immer dünner sollen sie sein und immer bessere Dämmwerte liefern - in den vergangenen zwei Jahren sind zunehmend Dämmstoffe für "schlanke WDV-Systeme" auf den Markt gekommen. Eine Entwicklung, die für ausführende Fachbetriebe und ihre Auftraggeber nicht ohne Konsequenzen bleibt.

Lothar Bombös, Vorstands­vorsitzender des FV WDVS
Lothar Bombös, Vorstands­vorsitzender des FV WDVS
 

Bereits in der EnEV 2009 werden bessere U-Werte für die einzelnen Bauteile und somit auch für Fassaden gefordert, die EnEV 2012 sieht eine nochmalige Reduzierung des Primärenergiebedarfs von 30 Prozent vor. Experten gehen davon aus, dass die dann angestrebten U-Werte beim Einsatz konventioneller Dämmstoffe auf EPS- und Mineralwollebasis zu einer weiteren Zunahme der Dämmstoffdicke führen werden. Lothar Bombös, Vorstandsvorsitzender des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme (FV WDVS): "Immer mehr Auftraggeber wollen auch im Bestand auf Passivhausniveau kommen bzw. ein Nullenergiehaus realisieren. Bei unseren Mitgliedsunternehmen häufen sich die Anfragen zu Dämmstoffdicken über 20 Zentimeter." Für die Verarbeiter bedeutet der Einsatz höherer Dämmstoffdicken bei der Montage eine explizite Planung und sehr sorgfältige der Anschlussarbeiten an Bauteile wie Dachüberstand und Fensterbänke sowie eine gute Abstimmung zwischen den Gewerken. Dämmstoffdicken dieser Dimension sorgen in der Öffentlichkeit für Diskussionen um den richtigen Lichteinfall oder um die korrekte Einhaltung von Abstandsmaßen - siehe zudem Beitrag "Wärmedämmung darf nicht auf Nachbars Grundstück ragen" vom 21.2.2010.

Die Industrie reagiert auf die steigenden Anforderungen an ihre Produkte und arbeitet konsequent an der Entwicklung innovativer Dämmstoffe für WDV-Systeme, die schlank und dabei effizient sind. Dabei zeichnen sich nach Ansicht von Lothar Bombös gleich mehrere Trends für die nächsten Jahren ab: "Bei den Dämmstoffen wird eine permanente Verbesserung des Lambda-Wertes angestrebt - hin zum schlanken WDV-System. Auch der Trend zur höheren Qualität der Produkte bzw. Systeme ist deutlich zu spüren. Und es werden immer mehr hochwertige Unter- und Oberputze sowie zusätzliche Anstriche eingesetzt." So gehören EPS-Dämmstoffe der WLG 032 oder Mineralwolle der WLG 035 mittlerweile zum Standard bei der energetischen Sanierung von Fassaden, auch Phenolharz- und Polyurethandämmstoffe der WLG 022 bis 028 werden bereits eingesetzt - siehe z.B.Beitrag ""Weber Broutin (heute Saint Gobain Weber) stellt Resol-WDVS mit bemerkenswertem Wärmeleitwert vor" vom 20.4.2007. Hinzu kommen die hoch dämmenden Vakuumisolationspaneele (VIP), die in puncto Qualität und Leistung überzeugen, allerdings deutlich teurer sind als die etablierten Systeme mit EPS, XPS und Mineralwolle. Dr. Wolfgang Setzler, Geschäftsführer des Fachverbandes: "Der Einsatz innovativer Systeme bis hin zu Naturstein- und Glasoberflächen wird in letzter Zeit häufiger nachgefragt. Die Umsetzung scheitert allerdings oft am hohen Preis dieser Systeme."


Bild aus dem Beitrag "Fassadendämmung mit Vakuum: WDVS aus VIPs" vom 6.4.2010

Beim Blick auf die höheren Baustoffkosten argumentieren die Hersteller ihrerseits mit den Kosteneinsparungen bei den Anschlussarbeiten, die sich durch dünnere Dämmschichtdicken ergeben, und der höheren Energieeinsparung für den Auftraggeber. So können heute mit zwei Zentimeter dicken Vakuumisolationspaneelen die gleichen Werte erreicht werden wie mit 16 bis 20 Zentimeter dicken Dämmstoffen in konventionellen WDV-Systemen. Der Dämmstoff Phenolharz (WLG 022) beginnt sich als Variante zu etablieren. Verarbeitenden Unternehmen wird allerdings seitens der Industrie empfohlen oder sogar zur Bedingung gemacht, ein entsprechendes Fachseminar über die Anwendung dieser Dämmstoffe zu absolvieren.

Dr. Wolfgang Setzler, Geschäftsführer des FV WDVS
Dr. Wolfgang Setzler, Geschäftsführer des FV WDVS   Rüdiger Lugert, Vorstand Technik im FV WDVS  

Darüber hinaus gebe es laufend Versuche mit neuen Techniken und mit modifizierten Dämmstoffen, unter anderem aus dem Bereich der Naturbaustoffe. Dr. Wolfgang Setzler: "Bis diese jedoch zur Marktreife kommen und sich anschließend in der Praxis bewährt haben, werden nach unserer Einschätzung noch mindestens fünf bis zehn Jahre ins Land gehen."

... und Innendämmung?

Einen weiteren Trend sieht Setzler im Bereich der Innendämmung. "Das ist eine Lösung bei denkmalgeschützten und stark gegliederten Fassaden oder bei Grenzbebauung, wenn keine Außendämmung möglich ist. Auch zur Schimmelbekämpfung wird Innendämmung vermehrt eingesetzt."

WDVS: mehr als Dämmung

Ob innen oder außen - bei der Weiter- und Neuentwicklung der Systeme geht es nicht alleine um die Dämmstoffe, wie Rüdiger Lugert, Vorstand Technik des Fachverbandes, betont: "Wir sprechen nicht umsonst von Systemen. Ein WDVS besteht bekanntlich nicht nur aus dem Dämmstoff, sondern auch aus Oberflächen, Klebe- und Armierungsmassen, Dübeln, Armierungsgeweben usw. An all diesen Fronten wird weiterentwickelt. Im FV WDVS arbeiten sechs unterschiedliche Arbeitskreise an übergeordneten technischen Problemstellungen." Kommen neue Materialien zum Einsatz, empfehlen die Experten dem Verarbeiter im Vorfeld ein Gespräch mit dem Fachberater des Systemherstellers und ggf. eben den Besuch einer Fortbildungsveranstaltung. Rüdiger Lugert: "Der Profi-Kunde bekommt auf Wunsch ein komplettes Serviceangebot, das von der Vermittlung von theoretischem Wissen und Erstellung von Detailzeichnungen bis hin zur Unterstützung bei der Montage der Dämmsysteme auf der Baustelle reicht. Bauherr, Architekt und Planer sowie der ausführende Baubetrieb können hier mit der ganzen Kompetenz unserer Mitgliedsfirmen rechnen." Dieses Wissen nützt vielen Verarbeitern sehr, denn sie haben in der Regel keine eigenen Erfahrungswerte bezüglich des Zeitaufwandes für die Montage eines innovativen Dämmsystems, was wiederum die Kalkulation erschwert. Bei großen Objekten raten die Experten, eine Mustermontage zur Ermittlung der Zeiten vorzunehmen, und "last but not least steht der Systemhersteller mit Rat und Tat zur Seite". Wer sich frühzeitig mit den neuen Möglichkeiten vertraut macht, steht besser da, meint Rüdiger Lugert und empfiehlt dem ausführenden Fachhandwerk: "Sich zu informieren, die Weiterbildungsveranstaltungen der Handwerksverbände und der Mitglieder des Fachverbandes zu nutzen und vor allem offen für Neues zu sein - das ist meines Erachtens das Gebote der Stunde."

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