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Ausgezeichneter Plusenergie Holz-Schulbau bis in die letzte Farbschicht nachhaltig

(1.8.2017) Das Schmuttertal-Gymnasium im westlich von Augsburg gelegenen Diedorf (siehe Google-Maps) ist eine Schule mit Modellcharakter, ein bundesweit einmaliges Leuchtturmprojekt, das u.a. den Deutschen Architekturpreis 2017, den Deutschen Holzbaupreis 2017 in der Kategorie „Neubau“ und den DGNB Preis „Nachhaltiges Bauen“ 2016 für sich entschieden hat.

alle Fotos © Keimfarben

In zweijähriger Bauzeit entstand im Rahmen eines Forschungsvorhabens der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Plusenergie Holz-Schulbau für rund 1.000 Schüler, der baulich und pädagogisch neue Wege geht und in vielerlei Hinsicht vorbildlich ist: Offene Lernlandschaften mit vielfältig nutzbaren Räumen ermöglichen individuelles Lernen und Lehren, und dank modularer Holzbauweise kann die Schule auch in Zukunft flexibel auf pädagogische Entwicklungen reagieren. Die Architektur wird aber nicht nur neuesten pädagogischen, sondern auch strengsten bauökologischen Ansprüchen gerecht und produziert außerdem über den eigenen Bedarf hinaus Energie - und das alles mit hoher Gestaltungsqualität.

Auf der grünen Wiese

In einem Landschaftsschutzgebiet, direkt am Flusslauf der Schmutter, fügen sich die an Scheunen erinnernden Baukörper mit ihren hellgrauen Holzfassaden und leicht geneigten Satteldächern harmonisch in die angetroffene Topographie. Die landschaftsverträgliche Einbindung des großen Bauvolumens war eine spannende Herausforderung für die in einer Arbeitsgemeinschaft wirkenden Architekten Hermann Kaufmann und Florian Nagler.

„Ursprünglich wollten wir das Raumprogramm auf sechs Gebäude verteilen“, erinnert sich Architekt Florian Nagler. „Doch Überlegungen der Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz führten uns schließlich zu der jetzigen Anlage.“ Das Ensemble besteht aus vier einander ähnlichen, kompakten Gebäuden, die sich um einen rechteckigen Hof gruppieren:

  • zwei dreigeschossige Unterrichtstrakte,
  • eine Dreifachsporthalle und
  • ein zweigeschossiges Eingangsgebäude mit Aula, Mensa, Verwaltung und Bibliothek.

Raum und Struktur bilden eine Einheit, das sichtbare Holztragwerk prägt die Innenräume. Zur optimalen Tageslichtnutzung wird Licht über shedartige Dachfenster und Lichthöfe in die vergleichsweise tiefen Baukörper geleitet, transparente Zwischenwände und Tageslichtsysteme unterstützen die Lichtverteilung.

Landschaften des Lernens

Das pädagogische Konzept der Schule sieht vor, dass jeweils fünf Klassen ein Cluster bilden und sich vier traditionelle Klassenzimmer sowie einen gemeinsam genutzten sogenannten „Marktplatz“ teilen. Diese offenen Bereiche sind „Ermöglichungsräume“, die mit frei zugänglichen Lernmaterialien und PC-Arbeitsplätzen ausgestattet sind und von Schülern und Lehrern frei genutzt werden können, um alternative Unterrichtsformen, Teamwork und selbstverantwortliche Methoden des Lernens zu erproben.

Pro Obergeschoss gibt es zwei dieser Cluster, die von einem ringförmigen Flur und zwei Treppenhäusern an den jeweiligen Gebäudeenden erschlossen werden. Raumhaltige Wände mit verschiedenen Funktionen wie Stauraum, Trinkbrunnen oder Haustechnik trennen sie vom Zentrum ab.

In den belichteten Bereichen der Erdgeschosse sind die Fachräume für Naturwissenschaften, Kunst und Musik untergebracht. Auch hier gibt es gemeinsame „Marktplätze“, die fächerübergreifend genutzt werden können. Die klassische Trennung der Schauobjekt-Sammlung nach Fachgebieten wurde aufgegeben, die Exponate präsentieren sich in einer Gesamtschau, in der sich die Überschneidung von Themengebieten besser darstellen lässt.

Eine integrative Freiraumplanung mit differenziert gestalteten, teilweise überdachten Höfen, grünen Klassenzimmern und ökologischen Lehrgärten überträgt die innovative pädagogische Architektur des Innenraums in den Außenraum.

Nachhaltig und nachwachsend

In einem partizipativen Prozess haben die Lernenden und Lehrenden zusammen mit Fachplanern und Bauherrn die Gestalt ihrer Schule entwickelt. Ab Oberkante Keller bzw. Bodenplatte wurde das Gebäude komplett als elementierter Holzbau realisiert. Auch die Fassade und ein Großteil des Innenausbaus sind aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz, insgesamt wurden knapp 5.000 m³ unterschiedliche Holz- und Holzwerkstoffe wie Konstruktionsvollholz, Brettschichtholz und Brettsperrholz verbaut.

Die Geschossdecken wurden in Holz-Beton-Verbundbauweise ausgeführt, was für optimalen Schallschutz in allen Nutzungsbereichen und eine ausreichende Wärmekapazität sorgt. Zusätzliches Öko-Plus ist die hocheffizient gedämmte Gebäudehülle mit hinterlüfteter Fassadenverkleidung aus lasierten, sägerauen Brettern. Sie entspricht ebenso den Kriterien des Passivhausstandards wie die entsprechend qualifizierten dreifach verglasten Fensterelemente, die im Zuge der Vorfertigung schon in die Wandbauteile integriert waren. Die Fassadenverkleidung kragt über jeder Etage etwas nach vorn vor – das ist konstruktiver Witterungsschutz im Holzbau (Bild rechts).

Heizenergie bezieht das Gymnasium aus zwei 100-kW-Pelletkesseln, Frischluft liefern zwei große Lüftungsanlagen mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von bis zu 73%. Die Satteldächer integrieren auf ihren flach geneigten Südseiten 1650 Photovoltaikmodule, die im Jahr 510 MWh Strom liefern und damit den Primärenergiebedarf der Schule um den Faktor 1,5 überkompensieren.

Innovative Sonderlösungen - z.B. bei Brandschutz und Raumakustik

Weil offene Lernlandschaften bislang weder in den Bauordnungen der Länder noch in den Schulbaurichtlinien geregelt sind und daher einen Sonderfall darstellen, mussten im Bereich Brandschutz und Akustik neue Ansätze entwickelt werden. Wesentliches Ziel des Brandschutzkonzepts ist die schnelle und sichere Evakuierung aller im Schulgebäude befindlichen Personen über direkte Zugänge aller Unterrichtsräume zum notwendigen Treppenraum. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die automatische Brandmeldung, die gewährleistet, dass bei einem Brandereignis das Alarmsignal an jeder Stelle im betreffenden Gebäudeteil deutlich hörbar ist.

Für die erhöhten Anforderungen im Bereich der Raumakustik wurden schallabsorbierende Verkleidungen für Wände und Decke entwickelt. Eng gestaffelte, mit Holzwolle-Leichtbauplatten ausgefachte Dach- und Deckenträger sowie abschirmende, schallabsorbierende Stellwände steigern die akustische Behaglichkeit:

Ausschnitt aus dem Bild oben

Gesunde Lernumgebung

Die beispielhaften räumlichen Lösungen wurden nach strengen ökonomischen und ökologischen Kriterien entwickelt und optimiert. Schon in der Planungsphase wurde im Unterschied zu einem herkömmlichen Neubau jedes Material, das zur Verwendung kommen sollte, auf seine ökologische Tauglichkeit hin überprüft. Dieser Prozess wurde dann auf der Baustelle mit der stetigen Kontrolle aller genutzten Materialien fortgesetzt.

Besonders durch den umfassend verwendeten Werkstoff Holz entsteht ein Lern- und Raumklima, das Maßstäbe setzt. „Holz in seiner Anmutung wird als positiv empfunden, gerade von Kindern. Der Baustoff lässt sich gut formen, er riecht gut, ergibt eine erlebbar und spürbar gute Atmosphäre. Klima und Komfort sind als außerordentlich gut zu bewerten,“ so Frank Schwindling, Kreisbaumeister und Leiter der Fachgruppe Bauen im Landratsamt Augsburg. „So gut, dass Eltern teilweise mit dem Argument, ihre Kinder seien Asthmatiker, um einen Schulplatz nachsuchen.“

Bei einem Holzbau ist Holzschutz natürlich ein Thema, das konstruktiv, aber auch durch Beschichtung gelöst werden muss. Die Holzfassade des Schmuttertal-Gymnasiums wurde außen hellgrau mit der silikatischen Vergrauungslasur KEIM Lignosil-Verano und im Innenbereich mit KEIM Lignosil-Inco weiß lasierend beschichtet. Ausschlaggebend für diese Wahl war einerseits die generelle gesundheitliche Unbedenklichkeit des absolut emissionsfreien Farbauftrags, die auch strengsten baubiologischen Anforderungen standhält, auf der anderen Seite aber auch die mineralisch-matte, farbtonstabile Optik und nicht zuletzt die überzeugende Wirtschaftlichkeit. Ein weiterer Vorteil für die Umwelt: Die ökologischen Mineralfarben werden in der Nachbarschaft produziert, im Diedorfer Unternehmen Keimfarben – das heißt regionale Produktion und kürzeste Transportwege.

Bautafel:

Weitere Informationen zu Holzfarben und Holzschutz können per E-Mail an Keimfarben angefordert werden.

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