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Reaktionen auf die abgeschlossenen Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD

(12.1.2018) Fünf Tage lang haben Union und SPD sondert, zuletzt rund 24 Stunden am Stück. Herausgekommen ist ein 28-seitiges Sondierungsdokument, ein „Papier des Gebens und Nehmens, wie es sein muss“ (Frau Merkel), mit dem man „hochzufrieden“ sein könne (Horst Seehofer) und das ein „hervorragendes Ergebnis“ sei (Martin Schulz). Auch die Lobbyisten in Berlin sind mehrheitlich positiv gestimmt:

Bauindustrie einverstanden

HDB-Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel freut sich: „Es geht endlich vorwärts und das mit den richtigen Vorzeichen! Wir unterstützen ausdrücklich das Ziel, den Investitionshochlauf für die Bundesverkehrswege mindestens auf dem heutigen Niveau zu verstetigen. Das vorgesehene Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz kann außerdem die Grundlage dafür schaffen, diese Gelder umzusetzen und den Mangel an baureifen Projekt zu beseitigen. Die Verhandler dürfen jedoch nicht vergessen, auch die Termin- und Kostensicherheit öffentlicher Bauprojekte anzugehen. Wir plädieren deshalb dafür, die Ergebnisse der Reformkommission ,Bau von Großprojekten‘ konsequent umzusetzen.“

Die Bauindustrie begrüßt außerdem, „dass die soziale Wohnungsbauförderung fortgeführt und steuerliche Anreize im Wohnungsbau geschaffen werden sollen. Gleichzeitig müssen aber auch die Empfehlungen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen weiterverfolgt werden. Wir setzen hier vor allem auf die Stärkung des seriellen Wohnungsbaus.“

Im Umweltbereich sieht Babiel die Notwendigkeit, „gerade die Mantelverordnung auf neue Füße zu stellen, um Zielkonflikte zwischen Boden-, Grundwasser- und Ressourcenschutz aufzulösen: Nur so können unsere Unternehmen ökologisch, wirtschaftlich und rechtssicher handeln. Das ist die Grundvoraussetzung für kostengünstiges und ökologisch nachhaltiges Bauen.“

VPB will „Altersvorsorge durch die eigenen vier Wände“

Für Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Privater Bauherren (VPB), ist der richtige Weg, gerade auch mit Blick auf die Altersvorsorge der Menschen, das Wohneigentum zu fördern: „Die GroKo muss in den Koalitionsverhandlungen den Mut und die Kraft für ein neues Rentenmodell der ‚Altersvorsorge durch die eigenen vier Wände‘ aufbringen. Davon sollten gerade auch die geburtenstarken Jahrgänge noch profitieren.“ Notwendig seien hierzu u.a. Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer. „Dass die GroKo dieses Thema jetzt anpackt, ist wichtig. Ebenso ein spezielles KfW-Kreditprogramm, das Langzeitkredite mit fester Zinsbindung bis zur vollständigen Abzahlung garantiert.“

Mit diesen Forderungen steht der Verband Privater Bauherren (VPB) im Schulterschluss mit fünf weiteren Spitzenverbänden, die sich im Verbändebündnis Wohneigentum zusammengeschlossen haben.

Ziel einer neuen Großen Koalition müsse es jetzt sein, die Eigentumsquote bis 2021 von derzeit knapp 45 auf dann mindestens 50 Prozent zu erhöhen, fordert Frau Merzyn: „Das ist gerade auch mit Blick auf die Altersvorsorge wichtig. Denn bei einer Rente, die auf mehreren Säulen steht, sollte eine davon die eigene Hauswand sein – und damit das mietfreie Wohnen im Alter. ... Beim Wohneigentum hat die Bundesregierung eine Mammutaufgabe vor sich. Aber CDU/CSU und SPD haben heute gezeigt, dass sie bereit sind, erste und entscheidende Schritte zu gehen. Darauf baut Deutschland.“

BFW freut sich über positive Signale

Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW): „Mit der Ankündigung von steuerlichen Anreizen für den freifinanzierten Wohnungsbau, der Evaluierung der Mietpreisbremse und der Absage an Verschärfungen der energetischen Vorgaben setzen CDU, CSU und SPD im Sondierungspapier positive Signale. Diese Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Ausschlaggebend ist aber vielmehr, wann die Immobilienunternehmen mit welchen Maßnahmen rechnen können. Angesichts des Wohnraummangels muss hier sofort angepackt werden - und nicht erst in zwei oder drei Jahren! Die Immobilienbranche, aber auch die Mieter, Eigentümer und Wohnraumsuchenden in Deutschland wurden schon zu lange mit leeren Versprechen abgespeist, die nicht eingehalten wurden.“

Deutscher Städte- und Gemeindebund mit wenig Kritik

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt das Ergebnispapier der Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung: „Die Ergebnisse sind aus Sicht der Städte und Gemeinden eine gute Basis für die Politik der kommenden Jahre. Wir sehen darin eine Chance für die Kommunen, für Deutschland und für Europa“ erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg. „Besonders die Fortschreibung der Finanzmittel für die Kommunen in den Bereichen Integration, Bauen und Verkehrspolitik ist ein ganz wichtiges Signal. Die verhandelnden Parteien haben offenbar erkannt, dass sich die Stärke des Standortes Deutschland und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger vor Ort in den Kommunen entscheidet.“

„Aus unserer Sicht ist es auch gut und richtig, Europa als Schwerpunkt zu benennen. Dies ist ein klares Bekenntnis zur Zukunft der EU. Nur mit einem bürgernahen Europa, in dem Solidarität gelebt wird, haben wir wirtschaftlich und politisch gute Perspektiven.“ Aus Sicht der Kommunen zeigt das Papier, dass die verhandelnden Parteien die Bedeutung der kommunalen Ebene klar erkannt haben und viele Maßnahmen planen, um die Städte und Gemeinden zu stärken. „Neben der Fortschreibung der Integrationsmittel begrüßen wir, dass es ein klares Bekenntnis zu Gewerbesteuer und Grundsteuer gibt. Kommunen brauchen ausreichend finanzielle Spielräume, daher ist es auch richtig, dass die neue Regierung sich mit dem Altschulden befassen wird“, so Landsberg. Auch der Plan, bis 2025 leistungsstarke Breitbandnetze auf Gigabit-Basis zu schaffen, ist aus Sicht des DStGB ein richtiger Ansatz. Hier müsse allerdings darauf geachtet werden, dass dies flächendeckend erfolgt und vor allem die ländlichen Regionen von einer Förderung profitieren.

Kritisch sehen die Städte und Gemeinden den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter: „Auch wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern müssen, halten wir dies für den falschen Ansatz. Ein Rechtsanspruch schafft noch keinen Betreuungsplatz. Die so geweckten Erwartungen werden kaum zu erfüllen sein. Richtig wäre es, schrittweise den Ausbau von Ganztagsschulen anzugehen, beginnend mit den sozialen Brennpunkten.“ Begrüßt wird allerdings, dass das Kooperationsverbot im Bildungsbereich weiter gelockert wird. „Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, das ist ein erster Schritt dorthin“.

bdew fordert nach

Zu den Sondierungsergebnissen erklärt Stefan Kapferer, Vorsitzender der bdew-Hauptgeschäftsführung, in einer ersten Einschätzung: „Die von CDU, CSU und SPD erzielten Ergebnisse in den Bereichen Energie- und Klimaschutz sind eine solide Grundlage für die Koalitionsgespräche. Es ist positiv, dass sich die Verhandler klar zu den Klimazielen 2030 bekennen und mit den relevanten Akteuren kurzfristig ein Aktionsprogramm mit konkreten Maßnahmen für die Zielerreichung entwickeln wollen. Hier dürfen sie keine Zeit verlieren und sollten einen strikten Zeitplan aufstellen. Die Energiewirtschaft braucht hier endlich Klarheit und Investitionssicherheit.“

Darüber hinaus müsse die Bundesregierung die Weichen dafür stellen, dass sich die Investitionsbedingungen für den Bau von CO₂-armen Kraftwerkskapazitäten, Speichern und sonstigen Flexibilitäten verbessern. Andernfalls werde die weitere Reduktion der Kohleverstromung nicht unter Wahrung der Versorgungssicherheit möglich sein.

„Die Anhebung des Ausbauziels für Erneuerbare Energien ist im Grundsatz positiv. Wichtig ist jedoch, dass der Ausbau kosteneffizient erfolgt und mit dem Netzausbau synchronisiert wird. Es ist bedauerlich, dass die zentralen Themen Netzausbau und -modernisierung, die Förderung von Speichertechnologien und der Sektorkopplung sowie der Kraft-Wärme-Kopplung bisher nur am Rande erwähnt werden. Hier müssen die Verhandler dringend nachlegen. Sträflich vernachlässigt werden zudem die Wärme- und Verkehrswende. Dabei sind genau das die Bereiche, in denen schnell und relativ kosteneffizient massive CO₂-Einsparungen erzielt werden könnten,“ so Kapferer

Ein schwerer Fehler sei überdies, dass die Verhandler die Vorschläge zur Reform der Finanzierung der Energiewende wieder über Bord geworfen haben. Vor allem die Senkung der Stromsteuer wäre ein wichtiger Ansatz zur Entlastung der Stromkunden gewesen.

BSW-Solar fordert mehr Bekenntnis zur Neuen Energiewelt

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, begrüßt die angestrebte Beschleunigung des EE-Ausbaus: „Was aber leider noch aussteht, ist ein klares Aufbruchssignal und Bekenntnis zur Neuen Energiewelt mit ihren enormen Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Mit Homöopathie ist dem Klimaproblem nicht beizukommen. Die Energiewende darf nicht länger halbherziges Stückwerk bleiben. Eine Verständigung auf wesentliche wirksame Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaziele in allen Sektoren muss im Rahmen von Koalitionsverhandlungen dringend nachgeholt werden. Die geplanten „Kommissionen“ werden dies allein nicht leisten können.“

Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert von der nächsten Bundesregierung eine Vervielfachung der Solarenergie-Nutzung im Wärme-, Strom- und Mobilitätssektor. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg der Energiewende sei die Herstellung fairer Marktbedingungen durch Einführung einer wirksamen CO₂-Be­preisung sowie die Beseitigung bestehender Marktbarrieren und Ausbaudeckel für die Solar- und Speichertechnik. Nach einer Branchenbefragung unter mehreren hundert Solar- und Speicherunternehmen hat der BSW die wichtigsten zehn Maßnahmen aufgezeigt, wie mit Hilfe der inzwischen preiswerten und ausgereiften Solar- und Speichertechnologie die Energiewende zum Erfolg geführt werden kann - siehe PDF-Download und Beitrag „Solarenergieausbauziel 2017 erneut verfehlt“ vom 8.1.2018.

Einer der Punkte ist die Aufstockung des Auktionsvolumens ebenerdig errichteter Solarparks von derzeit 600 Megawatt im Jahr auf mindestens 3 Gigawatt (GW). Die nun im Rahmen der Sondierungsgespräche beschlossenen Sonderausschreibungen verfolgen das Ziel, in den Jahren 2019 und 2020 jeweils 2 GW Solar- und Windparks zusätzlich zu errichten. Körnig: „Das ist ein Anfang, der für die Folgejahre dringend verstetigt und ausgebaut werden muss.“

Der BSW fordert, nun gleichzeitig den jährlichen Photovoltaik-Ausbaukorridor von 2,5 GW deutlich anzuheben und den 52-GW PV-Gesamtdeckel zu streichen. Andernfalls werde die Sonderausschreibung ins Leere laufen und zu einem ungewollten Einbruch der PV-Investitionen bei Gebäuden führen.

ifo kritisiert mehr Staat und hohe Steuern

ifo-Präsident Clemens Fuest hat das Sondierungspapier der GroKo scharf kritisiert. „In der Finanzpolitik liegt der Schwerpunkt des Programms in Ausgabensteigerungen - vor allem im Ausbau von Sozialleistungen. Einkommensteuer-Senkungen finden praktisch nicht statt, es gibt keine Änderungen beim Einkommensteuertarif. Beim Solidaritätszuschlag soll es nur eine Entlastung von 10 Milliarden Euro für den Zeitraum 2018-2021 geben, was bei Einnahmen aus dem Soli von rund 80 Milliarden in diesen vier Jahren sehr wenig ist. Die Soli-Senkung gleicht den Anstieg der Steuerquote durch kalte Progression nicht aus. Durch die geplante Freigrenze beim Soli werden Bezieher höherer Einkommen von jeglicher Steuerentlastung ausgeschlossen.“

Fuest fügte hinzu: „Dieses Regierungsprogramm bringt eine dauerhafte Ausdehnung des Staatsanteils an der Wirtschaftsleistung, also höhere Steuern und mehr öffentliche Leistungen. Außerdem steigt die Steuerprogression, es wird also mehr umverteilt. Insofern hat sich die SPD weitgehend durchgesetzt, abgesehen von der Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz, der offenbar nicht kommen wird.“

Die zentrale steuerpolitische Forderung im Wahlprogramm der CDU habe gelautet: Steuern senken für alle. „Das wird nicht eingelöst. Den 10 Milliarden Steuersenkung stehen 36 Milliarden Mehrausgaben gegenüber. Dabei sind die angekündigten Ausweitungen der Rentenleistungen und höhere Beiträge zum EU-Haushalt noch gar nicht berücksichtigt“, sagte Fuest weiter. Eine „eklatante Lücke im Sondierungspapier“ sei die Abwesenheit jeder Aussage zur Unternehmensbesteuerung, außer der Forderung, Steuervermeidung zu verhindern. Auch sei unklar, ob der Soli für die Körperschaftsteuer bleibe.

In der Europa-Politik werde pauschal angekündigt, dass Deutschland höhere Beiträge an den EU-Haushalt leisten solle und es sei die Rede von einem Investitionsbudget, aber alles bleibe sehr vage. Mit dem Investitionsbudget komme die GroKo dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron entgegen. Auch die Idee der Überführung des European Stability Mechanisms (ESM) ins EU-Recht tauche auf, es fehlten aber Angaben darüber, wie das konkret gestaltet werden soll. „Die tatsächlichen Probleme der Eurozone (Bankenunion, Restrukturierung öffentlicher Schulden) werden nicht angegangen.“

Positiv sei immerhin der Plan, ein Migrationsgesetzbuch zu schaffen, das eine rationale und konsistente Migrationspolitik bringen solle, ergänzte Fuest.

VDMA: „Der Mix stimmt nicht!“

Zum Abschluss der Sonderungsgespräche zwischen Union und SPD erklärt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann: „Das reicht noch nicht! Deutschland braucht mehr als den kleinsten gemeinsamen Sondierungs-Nenner. Das holprige Ende der Sondierungen darf kein Vorgeschmack für künftiges Regierungshandeln sein. Ein großer Wurf für unser Land bleibt offenbar aus. ... Die Sondierungsergebnisse erscheinen als mutlose Fortsetzung der vergangenen Legislatur.“

Kritisiert wurd u.a. die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Das schaffe Belastungen, wo insbesondere Erleichterungen für private Investitionen nötig wären. Die Einigung auf ein Einwanderungsgesetz wiederum sei ebenso überfällig wie notwendig.

„Messlatte möglicher Koalitionsverhandlungen darf nicht eine erwartete innerparteiliche Gefühlslage sein: Wir brauchen vielmehr einen klaren Innovationskurs, wettbewerbsfähige politische Rahmenbedingungen und entschlossenes Handeln für Europa. In einer digitalen Welt heißt das vor allem: Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und Zukunftsinvestitionen statt wachsender Sozialausgaben. Vorrang müssen jetzt Bildung und eine moderne Infrastruktur haben,“ fordert der VDMA-Hauptgeschäftsführer.

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