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Experten zur Naturschutznovelle: gegen Einvernehmensregel, für Biotopverbund

(17.5.2017) Die geplante Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes stößt auf Kritik: Bei einer Anhörung von sieben Sachverständigen im Umweltausschuss wurde heute (17. Mai) besonders eine Regelung skeptisch gesehen, wonach das Bundesumweltministerium (BMUB) bei Maßnahmen zum Meeresschutz Einvernehmen mit vier weiteren Ressorts herstellen muss. Befürchtet wird, dass die Ministerien für  Wirtschaft (BMWi)), Verkehr (BMVI), Agrar (BMEL) und Forschung (BMBF) mit der Regelung, die deutlich über ein Beteiligungsrecht hinausgeht, gleichsam ein Vetorecht erhalten.

Zur Erinnerung: Das Bundeskabinett hatte die Novelle am 8. Februar beschlossen. Sie soll u.a. den Schutz der Natur in Nord- und Ostsee stärken. Ein weiterer wichtiger Punkt der Novelle ist der Aufbau eines bundesweiten Biotopverbundes an Land bis Ende 2027, der zehn Prozent eines Landes umfassen soll. Zudem sollen Höhlen und Stollen künftig als geschützte Biotope gelten.

Kritik an der Veto-/Einvernehmensregel

Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Prof. Beate Jessel, nannte die Einvernehmensregel unüblich. Die Arbeit ihrer Behörde würde so nicht einfacher. Rechtsanwalt Andreas Lukas von der Universität Kassel betonte ebenfalls, die Regelung verwundere aus rechtlicher Sicht. Rechtsanwältin Franziska Heß sprach von der Gefahr eines Präzedenzfalles, der auch bei anderen Gesetzesvorhaben Anwendung finden könnte. Frau Heß befürchtet zudem, dass fachfremde Interessen beim Zuschnitt von Schutzgebieten den Blick auf den Naturschutz verstellen könnte. Die Grünen-Abgeordnete Steffi Lemke stellte daher den generellen Sinn der Novelle in Frage.

Vor der Anhörung hatten Umweltverbände bereits Alarm geschlagen und vor einem „Ausverkauf von Nord- und Ostsee“ gewarnt. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) startete unter dem Motto „SOS fürs Meer“ eine Petition an die Abgeordneten des Bundestages und wandte sich mit einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin. Die Ausschussvorsitzende Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) sagte in der Anhörung, Presseartikel zum Bundesnaturschutz seien selten. Zu dieser Novelle habe es aber welche gegeben.

Zustimmung für Biotopverbund

Der geplante Biotopverbund fand Zustimmung und Kritik unter den Experten. Frau Jessel verwies darauf, dass das Zehn-Prozent-Ziel schon seit 2002 vorgesehen, aber noch nicht länderübergreifend erreicht sei. Die Umsetzungsfrist bis 2027 nannte sie angemessen. Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten in ihrer Stellungnahme, dass der Zeithorizont im Kabinettsbeschluss gegenüber dem Referentenentwurf des Umweltministeriums um zwei Jahre verschoben wurde. Torsten Mertins vom Deutschen Landkreistag bezeichnete aber die Frist als politisch willkürlich und die Umsetzung als schwierig.

Detlef Stöhr von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) äußerte sich ähnlich. Es sei auch wenig erforscht, ob der Biotopverbund etwas bringe. Nach Verbandsangaben sind 30% der Bundesrepublik mit Wald bedeckt, davon sind 48 Prozent in privatem Besitz. BfN-Präsidentin Jessel hielt dem entgegen, der Biotopverbund sei zur dauerhaften Sicherung wildlebender Populationen, die Anpassung von Arten an den Klimawandel und den Erhalt vernetzter Lebensräume essentiell.

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