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Ausbeutung ohne Grenzen? Renovierungsvereinbarung darf Mieter nicht sittenwidrig belasten

Mietnachlass, Mietrecht, Mietverträge, Verputzen, Malen, Fliesenlegen, Sonderkündigungsrecht(3.9.2002) Es ist durchaus üblich, dass Vermieter und Mieter neben dem eigentlichen Vertrag einen weiteren "Deal" vereinbaren: Der Mieter erklärt sich bereit, die Wohnräume in Eigenregie zu renovieren, und erhält im Gegenzug dafür einen Mietnachlass. Wie der Infodienst Recht und Steuern der LBS mitteilt, müssen dabei allerdings die Vorteile wenigstens annähernd gleich verteilt sein. Wenn der Mieter enorme Leistungen erbringt und dafür kaum etwas erhält, dann kann der Vertrag sittenwidrig sein. (Landgericht Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 7 S 1524/99)

Der Sachverhalt: Zu dem Zeitpunkt, als der Mietvertrag abgeschlossen wurde, war eine Wohnung in Nürnberg stark renovierungsbedürftig. Der Vermieter machte deswegen seinen künftigen Mietern das Angebot, dass sie selbst für die Ausführung zahlreicher Arbeiten sorgen - zum Beispiel Verputzen, Malen und Fliesenlegen. Dafür sollten sie drei Monate lang keine Miete bezahlen. Beide Parteien unterschrieben die Vereinbarung. Für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Renovierung hatte sich der Eigentümer das Recht einer Sonderkündigung vorbehalten. Davon machte er nach relativ kurzer Frist, als die Arbeiten erledigt waren, auch Gebrauch. Er klagte zunächst vor dem Amtsrichter und dann vor dem Landgericht auf Räumung. Die Mieter wehrten sich gegen dieses Sonderkündigungsrecht und machten folgende Rechnung auf: Sie hätten die Wohnung mit einem Kostenaufwand von rund 40.000 Mark renoviert und dafür nur einen Mietnachlass in Höhe von knapp 2700 Mark erhalten. Leistung und Gegenleistung stünden in einem groben Missverhältnis, deswegen sei der Vertrag grob sittenwidrig gewesen. Ihnen hätte nicht gekündigt werden dürfen.

Das Urteil: Die Justiz schlug sich in beiden Instanzen voll auf die Seite der Mieter. Zwar sei es im Grunde den Parteien unbenommen, was sie miteinander vereinbaren. Wenn aber ein Vertrag dem Anstandsgefühl "aller billig und gerecht denkenden Menschen" widerspreche, dann sei er sittenwidrig und deswegen nicht gültig. Normalerweise gehe man schon von einem solchen groben Missverhältnis aus, wenn die Leistung die Gegenleistung mindestens um das Zweifache übersteige. Hier hätten aber die Mieter das Vielfache dessen erbracht, was ihnen im Gegenzug angeboten wurde. "Besonders verwerflich" sei es auch, dass nahezu alle vertraglichen Vereinbarungen zu Lasten der Mieter gingen. Die Kündigung habe deswegen keine Gültigkeit.

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