Euroconstruct: Belebung des Europäischen Wohnungsbaus nicht vor 2014/2015
(14.8.2013) Der Wohnungsbau in Europa befindet sich weiter auf Schrumpfkurs und dürfte dieses Jahr den tiefsten Stand seit 20 Jahren erreichen. Die Experten des europäischen Forschungs- und Beratungsnetzwerkes „Euroconstruct“ rechnen ferner damit, dass die Wohnungsbauaktivitäten erst 2015 wieder spürbar zunehmen werden. Insgesamt zeige sich zudem ein starkes Gefälle zwischen Nord- und Südeuropa.
Neubauaktivitäten ca. 45% unter dem Niveau von 2006
In den 19 Euroconstruct-Ländern flossen im vergangenen Jahr - gemessen in Preisen von 2012 - insgesamt fast 600 Mrd. Euro in Wohnungsbaumaßnahmen. Für 2013 wird erneut ein Rückgang erwartet, wobei der Neubaubereich aller Voraussicht nach größere Einbußen verbuchen wird als der Bestandssektor. Der Umfang der Neubauaktivitäten wird ca. 45% unter dem Niveau von 2006 liegen. „Die Aussichten hellen sich nur allmählich auf, unter anderem da die Arbeitslosenzahlen vielerorts auf Rekordniveau liegen und etliche europäische Regierungen ihre Bürger finanziell immer stärker an der Sanierung des Staatshaushalts beteiligen“, erklärt Ludwig Dorffmeister, Bau-Experte aus dem ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien.
- Erst ab 2014 rechnet das Netzwerk mit einer leichten Erholung in Höhe von 1%.
- Im Jahr 2015 sollte das Wachstum dann fast 2½% betragen.
Uneinheitliche Entwicklung zwischen Nord und Süd
Mittelfristig dürfte der Wohnungsbau in den 19 Partnerländern der
Euroconstruct-
Vor allem die norwegische Wohnungsbautätigkeit, die bereits 2011 deutlich ausgeweitet wurde, bleibt weiterhin lebhaft. Diese Entwicklung wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit - wenn auch in abgeschwächter Form - bis zum Jahr 2015 fortsetzen. Der Wohnungsbau profitiert dort zum einen von der stabilen wirtschaftlichen Lage und zum anderen von der Zuwanderung und der fortschreitenden Urbanisierung - und die Produktion von Neubauwohnungen kann aktuell nicht einmal mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten.
In der Schweiz und in Frankreich ist im Zeitraum 2013 bis 2015 dagegen mit Rückgängen zu rechnen. Hier wird das Wohnungsbauvolumen den Schätzungen der Experten zufolge allerdings nur leicht abnehmen.
Jährliche Einbußen von mehr als 1% prognostiziert die Euroconstruct-Gruppe jedoch für Ungarn und Italien. In Italien dürfte die Wohnungsbaunachfrage in diesem Jahr sogar um 4½% schrumpfen, bevor sie sich 2014 stabilisieren sollte.
Am schlechtesten wird sich nach Einschätzung der Experten der Wohnungsbau in Tschechien, Portugal und Spanien entwickeln. Insbesondere die beiden Länder auf der iberischen Halbinsel leiden unter einer Wirtschaftsflaute. Darüber hinaus hat Spanien weiter mit den Folgen der geplatzten Immobilienblase zu kämpfen. Während in Portugal und Tschechien die Lage wohl äußerst angespannt bleiben wird, ist für Spanien zumindest Licht am Ende des Tunnels zu erkennen: Nach dem dramatischen Einbruch seit der Finanzkrise wird der dortige Wohnungsbau im Jahr 2015 - ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau - wohl immerhin um rund 4½% zulegen.
„Erfreulich ist, dass Irland, das ebenfalls eine schwere Wohnungsbaukrise zu überstehen hatte, nicht mehr zu den großen Sorgenkindern zählt. Hier dürften die Wohnungsbauleistungen 2014 um rund 5½% und 2015 sogar um 10% zunehmen“, erläutert Dorffmeister.
Nur noch 3,1 Neubauwohnungen pro 1000 Einwohner
Der Neubaubereich schwächt sich derzeit weiter spürbar ab. Im laufenden Jahr wird die Genehmigungsquote für das Euroconstruct-Gebiet aller Voraussicht nach auf 3,1 Neubauwohnungen pro 1000 Einwohner sinken und damit den niedrigsten Wert der vergangenen Jahre erreichen. Diese Abwärtsentwicklung macht sich natürlich auch bei den Wohnungsfertigstellungen bemerkbar. Bis 2014 wird die Fertigstellungsquote auf nur noch 2,8 Wohnungen pro 1000 Einwohner abnehmen, bevor sie 2015 wieder auf 2,9 Neubauwohnungen zulegen sollte.
Die Euroconstruct-Experten gehen davon aus, dass in den 19 Partnerländern dann insgesamt rund 1,37 Millionen Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden fertiggestellt werden.
In Deutschland hat die Zahl der Wohnungsfertigstellungen seit 2010 beträchtlich zugelegt. In diesem Jahr wird mit einem kräftigen Anstieg auf etwa 205.000 Neubauwohnungen gerechnet. „Die niedrigen Bauzinsen, die stark gestiegene Zuwanderung sowie die anhaltende Flucht in Sachwerte dürften den Wohnungsbau hierzulande weiterhin stimulieren. Für 2015 rechnen wir mit rund 240.000 Wohnungsfertigstellungen. Dies würde einen Anstieg gegenüber 2010 um etwa 100.000 Einheiten bedeuten“, erklärt Dorffmeister.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Deloitte Property Index: Was kostet Wohnen in Europa? (29.6.2014)
- Deutscher Wohnungsbau behauptet Position im europäischen Mittelfeld (6.4.2014)
- +5,6% mehr Aufträge im Bauhauptgewerbe im September 2013 im Vergleich zum Vorjahr (25.11.2013)
- 15,0% mehr Aufträge im Bauhauptgewerbe im Juli 2013 im Vergleich zum Vorjahr (27.9.2013)
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ausgewählte weitere Meldungen:
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- ifo Architektenumfrage: Geschäftsklima zu Beginn des 2. Quartals 2013 nahe Allzeithoch (13.6.2013)
- Europäisches Architektenbarometer: Perspektiven etwas aufgehellt (12.5.2013)
- Deutscher Wohnungsbau ist im europäischen Mittelfeld angekommen (1.4.2013)
- Fenster- und Türenbranche 2012: Prognostizierte Gesamtzahlen für Europa (11.3.2013)
- Europäische Bauleistungen laut Euroconstruct im Rückwärtsgang (30.1.2013)
siehe zudem:
- Verbände, öffentliche Hand und Baupreise bei Baulinks
- Literatur / Bücher zu den Themen Bauwirtschaft, Immobilien sowie Architekt und Wirtschaft bei Amazon