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Deutsche und europäische Bauwirtschaft bis 2018

(17.10.2016) Es ist schon Tradition: Im Rahmen der Vor-Pressekonferenz zur kommen­den BAU sprach Erich Gluch vom ifo Institut am 13. Oktober über die europäische Bau­wirtschaft, die sich speziell in Deutschland in einer ausgezeichneten Verfassung be­findet - siehe sowohl das ifo Geschäftsklima für's Bauhauptgewerbe vom August als auch die ifo Architektenumfrage III/2016. Die Klimadaten sind mittlerweile sogar noch besser als beim „Wiedervereinigungsboom“ Anfang der 1990er Jahre.


Erich Gluch vom ifo Institut (Foto © Baulins/AO)

Die Baunachfrage in Deutschland wurde - und wird - in allen Bausparten ganz we­sentlich von der großen Zahl an Flüchtlingen geprägt, die seit 2014 vermehrt nach Deutschland strömen. Das ifo Institut erwartet, dass dieser Impuls auch in den kom­menden Jahren anhalten wird, obwohl der Flüchtlingsstrom bereits erheblich abgeebbt ist.

Die Erwartung der Marktforscher ist, dass die gesamten Bauinvestitionen in Deutsch­land in diesem Jahr um gut 3% zulegen werden - und dann abflachen ...

  • auf knapp 2% im nächsten Jahr sowie
  • auf 0,2% im übernächsten Jahr (2018).

Der größte Wachstumsbeitrag entfällt dabei in diesem sowie im nächsten Jahr auf den Wohnungsbau, deutliche Impulse seien 2018 vom öffentlichen Bau zu erwarten.

Mehr Menschen

Die Nachfrage im Wohnungsbau wird bereits seit 2010 von umfangreichen Zuzügen unterstützt. Seitdem ist der Außenwanderungssaldo wieder positiv, das heißt, es zie­hen mehr Menschen aus dem Ausland nach Deutschland als umgekehrt. In der Spitze stieg dieser Saldo auf zuletzt gut 1,1 Mio. Personen im Jahr 2015. In diesem Jahr dürf­te der Wanderungsüberschuss allerdings bereits auf rund ½ Mio. Personen zurückge­hen - in der folgenden Grafik linke Skala und orange Balken:

Die beschriebene Entwicklung hatte zur Folge, dass trotz einer weiterhin rückläufigen inländischen Bevölkerung seit 2011 die Bevölkerungszahl insgesamt wieder zunimmt - in der obigen Grafik rechte Skala und grüne Kurve. Aufgrund der anhaltend starken Zuzüge wird sich die Bevölkerungszunahme weiter fortsetzen.

Mehr Geld, günstige Zinsen

Nach der aktuellen Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute wird das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 2016 um rund 2% und 2017 um knapp 1,5% zulegen. Die Beschäftigungssituation sowie die Einkommensperspektiven dürften also für die privaten Haushalte in den nächsten Jahren günstig bleiben. So werden die Arbeitnehmerentgelte in diesem Jahr mit einem Anstieg um 3% deutlich zunehmen, in den beiden Folgejahren dürften 2,5% erreicht werden.

Potentielle Wohnungserwerber profitieren weiterhin vom ausgesprochen niedrigen Zinsniveau, das sogar noch einige Jahre anhalten dürfte.

Hypothekendarlehen mit einer Zinsfestschreibung von 5 bis 10 Jahren sind heute schon für rund 1,5% zu bekommen. Probleme bereiten jedoch vielfach die Vorgaben, die sich aus der desaströsen Umsetzung der europäischen Wohnimmobilienkreditricht­linie in Deutschland ergeben. Denn der Wert der Immobilie spielt danach nur noch eine untergeordnete Rolle – im Gegensatz zur Entwicklung des zukünftigen Einkommens - siehe auch Beitrag „,Das war ein Schuss in den Ofen‘: ZDB fordert Korrektur bei Wohn­immobilien-Kreditrichtline“ vom 24.7.2016.

Keine Immobilienpreisblase in Deutschland

Die Preise für Wohnimmobilien sind in den letzten Jahren angestiegen; in einigen Groß­städten sogar sehr deutlich. Dennoch ist die Angst vor einer Immobilienpreisblase in Deutschland unbegründet. Gluch argumentiert, dass die Preise ganz wesentlich nicht von Spekulation getrieben werden sondern von „natürlichen“ Faktoren wie ...

  • knappem Bauland,
  • Fachkräftemangel,
  • steigenden energetischen Anforderungen,...

Hinzu kommt, dass die Nachfrage zunehmend auch von Teilen der Bevölkerung getrie­ben wird, die sich um die Zukunft des Euro sorgen bzw. kaum noch andere Anlageal­ternativen sehen.

In diesem Jahr dürften rund 260.000 Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden fertiggestellt werden. Bis 2018 könnte eine Steigerung auf rund 285.000 Einheiten erfolgen. Mit 3,2 Fertigstellungen je 1.000 Einwohner dürfte dann auch der Durch­schnittswert für alle europäischen Länder (3,3) fast erreicht werden:

Wirtschaftsbau erwartet Zwischenhoch

Im Wirtschaftsbau hatte die Investitionsneigung der Unternehmen seit 2012 nachge­lassen. Die Frühindikatoren deuten für 2016 und 2017 aber wieder auf eine Belebung der gewerblichen Bauleistungen hin.

Im gewerblichen Tiefbau machen sich die zusätzlichen Bundesmittel für die Deutsche Bahn sowie die - nochmals aufgestockten -Fördermittel für den Breitbandausbau po­sitiv bemerkbar. In den nächsten Jahren dürfte die aber nur noch moderat steigende Auslandsnachfrage den Bedarf an Neubauten spürbar dämpfen. Deshalb wird bereits für 2018 mit einem leichten Rückgang der gewerblichen Bauinvestitionen gerechnet.

Entspannung beim öffentlichen Investitionsrückstand

Die deutliche Entlastung von den Flüchtlingskosten sowie Bundesmittel für finanz­schwache Gemeinden werden den Kommunen in den nächsten Jahren zusätzliche Fi­nanzspielräume bescheren. Dies wird dazu führen, dass die Kommunen ihren Investi­tionsrückstand - insbesondere im Gebäudebereich - zukünftig wieder etwas verringern werden.

Die öffentlichen Tiefbauinvestitionen profitieren daneben bis 2018 von den vorüber­gehend stark erhöhten Verkehrsinvestitionen des Bundes. Die öffentlichen Bauinvesti­tionen dürften im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 um rund 2¼% p.a. zunehmen.

Europa im Aufwind

Nach einer sechsjährigen Schrumpfungsphase geht es in Europa seit 2014 wieder bergauf. Im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 wird ein Wachstum von fast 3% p.a. erwartet. Die vier wichtigsten Treiber für diese positive Entwicklung sind:

  • Bevölkerungsanstieg und -wanderungen,
  • gute gesamtwirtschaftliche Aussichten,
  • spürbare Einkommenszuwächse und sinkende Arbeitslosigkeit und
  • anhaltend niedrige Zinsen.

Bei einer Analyse auf der Basis der Bausparten zeigt sich, dass im Wohnungsbau Irland in den drei Jahren bis 2018 mit einem Anstieg von insgesamt über 50% das höchste Wachstum aufweisen wird, gefolgt von Ungarn und Portugal mit einem kumulierten Plus von rund 30%. Ausgesprochen schwach, mit einem lediglich marginalen Zuwachs, rangieren Belgien, Schweiz und Italien am Ende der Rangliste:

Auch im Nichtwohnhochbau ist Irland mit einer Ausweitung der Bauinvestitionen bis 2018 um fast 60% der Spitzenplatz nicht zu nehmen. In allen übrigen Ländern liegen die durchschnittlichen Wachstumsraten in den nächsten drei Jahren zwischen jährlich ½ und 4,5 %.

Im Tiefbau wird die zukünftige Entwicklung bis 2018 in Finnland und Spanien, vor allem aber in Portugal, recht zurückhaltend eingeschätzt. In Polen und Norwegen dürfte je­doch bis 2018 ein erhebliches Erholungspotential vorliegen.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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