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Energiepass: Koalition findet Kompromiss

(28.10.2006) Die Bundesregierung hat sich auf Eckpunkte geeinigt, um den Streit um die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) beizulegen. Wird jetzt der Fahrplan eingehalten, kommt die neue EnEV Mitte 2007. Energieausweise werden dann ab 2008 bei Verkauf und Neuvermietung Pflicht.

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Bild vergrößernVergleich der Heizenergieverbrauchs- und Bedarfskennwerte von 99 Einfamilienhäusern (siehe auch Beitrag "Energiepaß: erhebliche Abweichungen bei Verbrauchs- vs. Bedarfsmessung" vom 5.2.2006)

Am 24. Oktober haben sich die Fraktionsvorsitzenden der Koalition über Eckpunkte der Novelle der Energieeinsparverordnung geeinigt. Bis zuletzt wurde über die Grenzen von Bedarfs- und Verbrauchsausweisen¹) gestritten. Dann kam auf Basis einer Vorlage von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel der Durchbruch. Laut Recherche der Gebäude-Energieberater(GEB)-Redaktion ...

  • soll für Gebäude mit weniger als 5 Wohneinheiten, die vor 1978²) errichtet wurden, der bedarfsorientierte Energieausweis verbindlich vorgeschrieben werden. Das gelte dann auch für Gebäude bzw. Modernisierungen an den Gebäuden, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden.
  • soll für Gebäude, die durch Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz auf einen energetischen Stand gehoben worden sind, der mindestens dem Stand der ersten Wärmeschutzverordnung entspricht, die Wahlfreiheit zwischen Bedarfs- und Verbrauchsausweis gelten.
  • soll bei größeren Gebäuden mit vermutlich mehr als 5 Wohneinheiten eine Wahlfreiheit zwischen Bedarfs- und Verbrauchsausweis eingeräumt werden.
  • soll der Energieausweis im Gebäudebestand ab dem 1. Januar 2008 zur Pflicht werden. Energieausweise die schon vor dem 1. Januar 2008 ausgestellt werden, können grundsätzlich mit Wahlfreiheit ausgestellt werden. Auch sie haben eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren.

Die Erstellung von Energieausweisen soll im Rahmen des CO₂-Gebäudesanierungsprogramms oder anderer Förderprogramme der Bundesregierung finanziell gefördert werden. Dies wird vermutlich aber ausschließlich für bedarfsorientierte Energieausweise gelten, weil die Förderung nur über die Modernisierungsprogramme möglich ist. Bislang wurde es in Regierungskreisen allerdings für problematisch gehalten, dass Kosten, die Bürgern aufgrund einer Rechtsverordnung entstehen, öffentlich gefördert werden. Deswegen kann über Höhe und Umfang momentan nur spekuliert werden. Aber: Eine (Vor-Ort-) Energieberatung (mit dem "Abfallprodukt" Energieausweis) ist öffentlich-rechtlich nicht vorgeschrieben und darf deswegen durchaus gefördert werden.

Am 25. Oktober stellten sich Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee und der Staatssekretär Dr. Engelbert Lütke Daldrup der Presse. Tiefensee geht davon aus, dass der Kompromiss jetzt sehr zügig in den vorliegenden Entwurf eingearbeitet werden kann und schon bald ein EnEV-Referentenentwurf zur Anhörung der Verbände und der Länder in den Umlauf geht. Verkündet werden soll die neue Energieeinsparverordnung dann "Mitte 2007". Dieses erscheint realistisch, weil insbesondere die Länder sich mit ihrer Wahlfreiheit sehr weit durchgesetzt haben. Außerdem soll erreicht werden, dass bereits vor der obligatorischen Pflicht ab dem 1. Januar 2008 möglichst viele Energieausweise (bei Verkauf und Neuvermietung) ausgestellt werden.

Tiefensee geht davon aus, dass sich mittelfristig in Deutschland etwa 100.000 bis 150.000 Menschen mit dem Ausstellen von Energieausweisen beschäftigen werden. Er erwartet, dass jährlich für rund 900.000 Gebäude Energieausweise ausgestellt werden müssen, davon würden etwa 300.000 der Bedarfsausweispflicht unterliegen. Allerdings ist der Bauminister zuversichtlich, dass sich deutlich mehr Gebäudeeigentümer für den bedarfsorientierten Energieausweis entscheiden werden. Fest stehe, dass beide Ausweisvarianten projektspezifische Modernisierungsvorschläge enthalten müssen.

Gefragt nach Kosten nannte Tiefensee ...

  • für den Verbrauchsausweis Kosten im Minimum von rund 40 bis 60 Euro und
  • für den Bedarfsausweis von 80 bis 120 Euro.

Diese Angaben werden seit einiger Zeit vom Bauministerium genannt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass alle Vereinfachungen genutzt werden, Gebäudepläne vorhanden sind und die Eigentümer sich an der Datenaufnahme beteiligen. Die Kosten dürften deswegen wohl kaum den späteren Marktpreisen entsprechen, wenn man die haftungsrechtlichen Konsequenzen daraus bedenkt und die Energieausweise nicht vom Aussteller als Akquisitionsleistung subventioniert werden. Außerdem wäre bei den genannten Kosten eine Präsentation der Ergebnisse in einem Abschlussgespräch nicht möglich.

Energiepass-Bandtacho, Deutsche Energie-Agentur dena

Festgelegt wurde auch der Bandtacho für den Energieausweis (Bild oben: Energiepass-Bandtacho der Deutschen Energie-Agentur dena; Bild vergrößern). Unklar ist aber noch, wie die Übergangsfristen nach Baualtersklassen geregelt werden. Das oben genannte Baujahr 1978 regelt nur die Einstufung für den Bedarfsausweis. Die Einschätzung von 900.000 jährlich zu bewerteten Gebäuden weist aber darauf hin, dass die Fristen aus dem Tiefensee/Glos-Entwurf (siehe Beitrag vom 7.April 2006) in etwa beibehalten werden. Vermutlich werden ab 2008 nicht alle Gebäude, sondern zunächst nur die vor einem bestimmten Baujahr errichteten zu bewerten sein.

dena begrüßt Einigung zum Gebäudeenergieausweis

Stephan Kohler, Geschäftsführer der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), begrüßt es sehr, dass sich die Koalition nun geeinigt und eine klare Regelung zum Gebäudeenergieausweis beschlossen habe. Der Gebäudeenergieausweis werde sich jetzt als Qualitätsmerkmal auf dem Immobilienmarkt etablieren und die dringend notwendige Markttransparenz im Gebäudebestand schaffen. Kohler ist sich sicher, dass "Mieter und Gebäudeeigentümer fundierte Informationen über den Energiebedarf ihres Gebäudes möchten - vor allem aber auch praxisgerechte und konkrete Modernisierungsempfehlungen. Der bedarfsorientierte Energiepass ist für alle Hausbesitzer, die sich gegen steigende Energiepreise wappnen wollen, ein hervorragendes Instrument - nicht nur für diejenigen, die jetzt per Gesetz verpflichtet werden."

Die dena will die Umsetzung des bedarfsbasierten Energieausweises am Markt weiter vorantreiben und arbeitet an einem differenzierten Qualitätssicherungssystem für die Aussteller des Energieausweises. Wir groß das Interesse ist, zeige die Nachfrage nach dem freiwilligen und bedarfsbasierten dena-Energieausweis und die Suche nach qualifizierten Energieberatern in der Aussteller-Datenbank der dena. Über 100.000 Suchanfragen verzeichne sie im Monat. Hier sind inzwischen 18.000 qualifizierte Energieberater aus dem ganzen Bundesgebiet gelistet, die den dena-Energieausweis ausstellen dürfen.

Die dena informiert zum Gebäudeenergieausweis nicht nur im Internet, sondern auch über die kostenfreie dena-Energie-Hotline. Über 2.000 Anrufe allein zum Thema Energieausweis würden hier jeden Monat eingehen.

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¹)  Bedarf oder Verbrauch? Grundsätzlich können Energieausweise entweder den Energiebedarf oder den Energieverbrauch des Gebäudes deklarieren. Der Informationsgehalt beider Varianten ist nicht identisch: Die Bedarfsberechnung trifft normative Annahmen für Klima und Nutzung und bildet so den "rechnerischen Verbrauch". Energieausweise auf Basis von Verbrauchskennwerten bilden das Nutzerverhalten und Klimaeinflüsse ab. (mehr über Bedarfs- und Verbrauchspaß)
²)  1977 trat die erste Wärmeschutzverordnung und 1978 die erste Heizungsanlagenverordnung in Kraft

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