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Konzept zur Bekämpfung der Winterarbeitslosigkeit

(23.8.2005) Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister Wolfgang Clement hat sich am 22.8. in Berlin mit den Tarifparteien des Baugewerbes, federführend vertreten durch Klaus Wiesehügel, Bundesvorsitzender der IG BAU, und Frank Dupré, Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, sowie der Bundesagentur für Arbeit auf ein wegweisendes Konzept zur Bekämpfung der Winterarbeitslosigkeit verständigt. Es soll ab dem Winter 2006/07 zunächst für den Bereich des Bauhauptgewerbes Anwendung finden, gleichzeitig aber auch die Grundlage für entsprechende Lösungen in anderen Wirtschaftszweigen mit hoher Winterarbeitslosigkeit bilden.


"Wir treten damit aktiv einer weit verbreiteten Praxis entgegen, Arbeitnehmer bei Arbeitsmangel in der Schlechtwetterzeit zu entlassen. Werden die Arbeitgeber künftig - wie vorgesehen - von den individuellen Kosten einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer auch bei fehlenden Aufträgen entlastet, fehlt jeder wirtschaftliche Grund zur Kündigung. Die eingearbeitete Belegschaft kann erhalten bleiben und kurzfristig eingehende Aufträge abarbeiten. Hiervon profitieren letztendlich alle, auch die Beitragszahler, die von den hohen Kosten der Arbeitslosigkeit entlastet werden", erläutert Bundesminister Clement die Zielrichtung der Vereinbarung.

Kernpunkte des neuen Konzeptes sind:

  • Das etablierte Drei-Säulen-Modell, wonach die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft in der gemeinsamen Verantwortung von Arbeitslosenversicherung, Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegt, wird weiterentwickelt: die Arbeitslosenversicherung stellt ab dem Winter 2006/07 die neue zentrale Leistung Saison-Kurzarbeitergeld (KUG) ab der ersten Ausfallstunde bereit, Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernehmen die Finanzierung flankierender Maßnahmen.
  • Das Saison-Kurzarbeitergeld dient der Überbrückung von Arbeitsausfällen in der Schlechtwetterzeit (Dezember bis März). Es soll neben Arbeitnehmern in der Bauwirtschaft auch Arbeitnehmern weiterer Wirtschaftszweige, die von saisonalem Arbeitsausfall betroffen sind, zu gute kommen.
  • Die neue zentrale Leistung wird in das bewährte System des Kurzarbeitergeldes integriert. Bisherige Sonderregelungen zu Gunsten der Bauwirtschaft können abgeschafft werden, was auf Seiten der Arbeitgeber sowie der Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit zu erheblichen Verwaltungsvereinfachungen führen wird.
  • Die einzelnen Arbeitgeber können durch ein flankierendes Umlageverfahren von den von ihnen zu tragenden Sozialversicherungsbeiträgen beim Saison-Kurzarbeitergeld entlastet werden. Im Bauhauptgewerbe wurde bereits Konsens darüber erzielt, dass diese Umlage an Stelle der bisherigen Winterbau-Umlage treten und gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern anteilig im Verhältnis 60 Prozent zu 40 Prozent aufgebracht werden soll.
  • Außerdem wird eine stärkere Nutzung von Arbeitszeitkonten gefördert. Werden in den arbeitsintensiven Monaten aufgebaute Arbeitszeitkonten während der Schlechtwetterzeit wieder abgebaut und dadurch Arbeitsausfälle und die Zahlung von Kurzarbeitergeld im Vorfeld verhindert, wird dies durch einen Bonus aus der Umlage belohnt.

"Diese partnerschaftlich entwickelte Lösung hat nach meiner Überzeugung Vorbildcharakter für ähnliche Modelle in anderen Teilen der Bauwirtschaft sowie anderen Wirtschaftszweigen mit saisonaler Beschäftigung. Bundesregierung und Tarifvertragsparteien gehen nun die Umsetzung des Konzeptes auf gesetzlicher und tariflicher Ebene tatkräftig an. Ich werde mich dafür mit aller Kraft einsetzen", bekräftigt Bundesminister Clement. "Ich appelliere in diesem Zusammenhang auch an die öffentlichen Auftraggeber bei Bund, Ländern und Gemeinden, verstärkt zu einer Auftragsvergabe in den Wintermonaten zu kommen, so dass auch die wirtschaftliche Basis für eine ganzjährige Beschäftigung insbesondere in der Bauwirtschaft gelegt wird und unnötige Entlassungen im Winter vermieden werden."

ZDB-Vizepräsident Frank Dupré ist ebenfalls mit dem Erreichten zufrieden: "Mit dem heute vorgestellten Konzept wird ein wesentlicher Baustein des Verhandlungsergebnisses der Tarifrunde 2004/2005 umgesetzt. Wir erwarten, dass damit die Wirksamkeit der Arbeitsmarktinstrumente im Bereich der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft gesteigert werden kann. Deshalb begrüßen wir die beabsichtigte Einführung eines Saison-Kurzarbeitergeldes. Die bestehende Schlechtwetterregelung findet zwar in der betrieblichen Praxis eine hohe Akzeptanz; gleichwohl werden in der Schlechtwetterzeit deutlich weniger Bauarbeiter beschäftigt als im Jahresdurchschnitt." Dupré erklärte zugleich, dass die vorrangige Inanspruchnahme von Arbeitszeitguthaben auf der Grundlage der bestehenden tarifvertraglichen Jahresarbeitszeitregelung grundsätzlich aufrechterhalten bleibe und der Aufbau von Arbeitszeitguthaben mehr als bisher gefördert werden soll.

Der IG BAU-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel erklärte bzgl. des neuen Konzeptes am Montag in Berlin: "Wir haben erstmals seit Abschaffung des alten Schlechtwettergeldes unter der Regierung Kohl eine wirklich wasserdichte Lösung gefunden, die für alle nur Vorteile hat und auch die öffentlichen Kassen entlastet. Niemand muss mehr gekündigt werden, wenn bei schlechtem Wetter oder wegen fehlender Aufträge nicht gearbeitet werden kann. Ich bin Wolfgang Clement sehr dankbar, dass er diese partnerschaftlich zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft entwickelte Lösung derart tatkräftig unterstützt und politisch begleitet hat." Der IG BAU-Chef ergänzt: "Das Schicksal der vielen hunderttausend Bauarbeiter, die jedes Jahr im Winter nach Hause geschickt wurden, darf sich in Zukunft nicht wiederholen. Dafür muss auch die Politik Sorge tragen, egal welche Partei gerade an der Regierung ist. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt erwartet auch von den Unionsparteien ein klares Bekenntnis für die ganzjährige Beschäftigung der Bauarbeiter. Wir haben jetzt die Chance, im Konsens der Tarifvertragsparteien mit der Politik mit der Winterarbeitslosigkeit Schluss zu machen und damit nicht zuletzt die Beitrags- und Steuerzahler von den Kosten der Arbeitslosigkeit zu entlasten."

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