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Regierung versteht EEG 2016 als Paradigmenwechsel

(13.6.2016) Das Bundeskabinett hat am 8. Juni die von Bundeswirtschaftsminister Sig­mar Gabriel vorgelegte Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Damit sollen - so der Duktus der Regierung - „die Erneuerbaren weiter planvoll ausge­baut, ihr Ausbau mit dem Netzausbau synchronisiert und die Förderhöhe für erneuer­bare Energie marktwirtschaftlich ausgeschrieben“ werden. Das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.


© arsdigital / Fotolia

Bundesminister Gabriel geht davon aus, dass „mit dem heutigen Kabinettbeschluss der Weg frei ist für einen Paradigmenwechsel bei der Förderung der erneuerbaren Energi­en“, und betont: „Der weitere Erneuerbaren-Ausbau ist und bleibt eine tragende Säu­le der Energiewende. Wir wollen den Anteil Erneuerbaren Energien von derzeit rund 33 auf 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 und auf 55 bis 60 Prozent im Jahr 2035 steigern. Das EEG 2016 ist das zentrale Instrument, um diese Ziele mit einer effektiven jährli­chen Mengensteuerung zu erreichen und die Erneuerbaren stärker an den Markt he­ranzuführen. Mehr Wettbewerb, ein kontinuierlicher Ausbau mit effektiver Steuerung, Begrenzung der Kosten, Akteursvielfalt und Verzahnung mit dem Netzausbau - das sind die Koordinaten für die nächste Phase der Energiewende. Beim jetzt dringend notwendigen Netzausbau wird der Vorrang für Erdkabel nicht als Bremsklotz, sondern als Eisbrecher wirken.“

Kerninhalte der EEG-Reform

1. Wettbewerbliche Ausschreibungen steuern den Ausbau und begrenzen die Kosten

Künftig soll die Höhe der EEG-Vergütungen nicht mehr staatlich festgelegt, sondern durch Ausschreibungen am Markt bestimmt werden. Dazu wurden für die einzelnen Technologien jährliche Ausschreibungsmengen festgelegt:

  • Photovoltaik: Im PV-Bereich sollen 600 MW pro Jahr ausgeschrieben werden; vorher waren es 400 MW. Neben Freiflächen werden nun auch andere große PV-Anlagen ab 750 kW einbezogen: Alle großen PV-Anlagen stellen sich dem Wett­bewerb.
  • Wind an Land: Bei Onshore-Windenergieanlagen sollen 2017, 2018 und 2019 2.800 Megawatt (MW) brutto pro Jahr ausgeschrieben werden. Danach steigt die Ausschreibungsmenge auf 2.900 MW brutto pro Jahr. Der bisherige Ausbau­pfad wurde in den letzten zwei Jahren wegen des übermäßig starken Windaus­baus überschritten. Und darum werde „nachgesteuert“ mit ...
    • der Festlegung der Ausschreibungsmenge,
    • einer Einmal-Degression von 5% zum 1. Juni 2017 und
    • einer Anpassung des „atmenden Deckels“ für den Fall, dass der Zubau über den Korridor ansteigt bevor die Mengensteuerung durch die Aus­schreibungen greift.
  • Wind auf See: Bei Offshore-Anlagen wird das Ziel einer installierten Leistung von 15.000 MW im Jahr 2030 beibehalten. Um einen kontinuierlichen Ausbaupfad zu erreichen, werden mit jährlich 730 MW die Ausschreibungsmengen gleichmä­ßig auf die Jahre 2021 bis 2030 verteilt. Zudem sind sich Bund und Länder darü­ber einig, dass bei Wind auf See sowohl die Netzanbindung auf See als auch an Land sichergestellt werden muss, aber zugleich für die betroffene Industrie kein „Fadenriss“ entstehen darf.
  •  Biomasse:  Beim Thema Biomasse konnte beim letzten Koalitionsausschuss ein Kompromiss gefunden werden. Er beinhaltet folgende Punkte: 150 MW Aus­schreibungsmenge (Neuanlagen + Bestandsanlagen) für die Jahre 2017, 2018 und 2019. In den Jahren 2020, 2021 und 2022 werden jeweils 200 MW ausge­schrieben. Die Ausschreibungsmengen für die Folgejahre werden bei der nächs­ten Novelle des EEG festgelegt.

2. Akteursvielfalt bleibt erhalten

Die Akteursvielfalt soll mit dem EEG 2016 erhalten bleiben. Kleine Anlagen bis 750 KW werden von der Ausschreibung ausgenommen. Bei der Ausschreibung für Windenergie an Land gelten erleichterte Bedingungen für Bürgerenergiegesellschaften. Generell wurde nach Ansicht der Bundesregierung „im Ausschreibungsdesign, wo es möglich war, jeweils die Variante gewählt, die besser für die Akteursvielfalt ist“.

3. Der Ausbau der Erneuerbaren Energie und des Netzes sollen besser verzahnt werden

Bund und Länder halten an den bestehenden Netzausbauplänen fest. Dennoch ist hier mehr Tempo gefragt - zumal ein schnellerer Netzausbau die Kosten für den Aus­bau der Erneuerbaren senken und sie sozial und wirtschaftspolitisch verträglich ma­chen sollte.

Gleichwohl rechnet das Wirtschaftsministerium damit, dass es für eine Übergangszeit in einigen Regionen Deutschlands Engpässe im Übertragungsnetz geben werde. Dies betreffe vor allem Norddeutschland. Daher soll übergangsweise der Windenergieaus­bau an Land dort lokal entsprechend angepasst werden, wo sich Netzengpässe ver­stärkt zeigen. Das bedeutet, die Ausschreibungsmenge in Norddeutschland wird auf den Wert von 58% des durchschnittlichen Zubaus der Jahre 2013-2015 festgelegt.

Der Gesetzentwurf wird nun im nächsten Schritt Bundestag und Bundesrat zugeleitet. Ziel ist ein zügiger Abschluss des parlamentarischen Verfahrens.

Reaktion des VDMA: „Kabinettsbeschluss zum EEG zeigt den richtigen Weg“

Der im Kabinett beschlossene EEG-Entwurf weist nach Bewertung des VDMA den rich­tigen Weg und setze die richtigen Meilensteine: „Energiewende behält nur dann Ak­zeptanz, wenn sie effizient gestaltet wird. Dies setzt eine sinnvolle Markt- und Sys­temintegration der erneuerbaren Energien voraus. Die Organisation des Ausbaus über wettbewerbliche Ausschreibungen wird wesentlich dazu beitragen“, sagt Matthias Ze­linger, Energiepolitischer Sprecher des VDMA. „Damit Deutschland auch weiter Leit­markt für Energiewende-Technologien bleibt, müssen alle Beteiligten noch einige Stei­ne aus dem Weg räumen. Grundsätzlich werden die Anlagenhersteller mit dem Design und den Parametern der Ausschreibungen aber umgehen können“, resümiert Zelinger.

Reaktion des BEE: „Mogelpackung“

Kein Vierteljahr nach dem Kabinettsbeschluss zu den Klimazielen von Paris habe das gleiche Kabinett zusätzliche Beschränkungen für den Ausbau der Erneuerbaren Ener­gien beschlossen. Damit würden die deutschen Zusagen an die Weltgemeinschaft und gegenüber den besonders von Dürre oder Überschwemmungen bedrohten Staaten krachend verfehlt. Zusätzlich zu dem unzureichenden Ausbaupfad zu Lasten des Kli­maschutzes würden sogar die konkreten Ausbauzahlen zu Lasten der Bundesländer durch die Hintertür gesenkt - so die Einschätzung des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE).

Mit dem neuen EEG würden vor allem kleinere Projekte und Bürgerenergieanlagen be­nachteiligt - so der BEE, der die Bundesregierung auffordert, die eigenen Klimaschutz­ziele ernst zu nehmen und die Erneuerbaren nicht auszubremsen: „Es geht uns um Klima- aber auch um Vertrauensschutz“, betont BEE-Geschäftsführer Dr. Hermann Falk. „Die geplante Einmalabsenkung der Vergütung greift in bestehende Projekte ein, damit werden vor allem Standorte in Süddeutschland und kleinere Bürgerprojekte ge­fährdet. Zudem senkt die Bundesregierung die mit den Ländern vereinbarte Ausbau­menge durch die Hintertür. Im Gegensatz zur geltenden Rechtslage in der Freiflächen­ausschreibungsverordnung (FFAV) fehlt im jetzigen EEG-Entwurf eine Regelung, nach der bezuschlagte, aber nicht realisierte Ausbaumengen in der nächsten Runde neu ausgeschrieben werden. Dies wird nach eigenen Berechnungen der Bundesregierung zu einer Absenkung des Ausbaus um mindestens 10 Prozent oder 280 Megawatt füh­ren“, argumentiert Falk. Die mit den Bundesländern vereinbarten 2.800 Megawatt für Wind seien also eigentlich nur 2.520. Zudem sei fraglich, ob die sehr optimistische Re­alisierungsquote von 90% tatsächlich erreicht werden könne, das wird sich erst nach Vollendung der ersten Ausschreibungsperiode überprüfen lassen. „Auch misstraut die Bundesregierung massiv der Bürgerenergie, wenn Mieterstrom und Eigenverbrauch zu­sätzlich belastet und besteuert werden sollen. So wird die Akzeptanz für die Energie­wende bewusst untergraben“, resümiert Falk.

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