Elektronische Europäische Dienstleistungskarte: ZDB lehnt EU-Dienstleistungspaket ab
(8.2.2017; ergänzt am 12.3.2017) Die EU-Kommission hat am 10. Januar 2017 ein Maßnahmenpaket zur so genannten EU-Binnenmarktstrategie vorgelegt. Damit soll es Unternehmen und Freiberuflern erleichtert werden, grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb der EU ohne große administrative Hürden erbringen zu können. Dies soll, so die EU-Kommission, „den europäischen Unternehmen als Sprungbrett für ihre Entfaltung auf dem Weltmarkt dienen“. So soll beispielsweise die bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit erforderliche Bürokratie durch eine „Elektronische Europäische Dienstleistungskarte“ in Grenzen gehalten werden. Dienstleistungserbringer sollen ferner einen einzigen Ansprechpartner in ihrem Heimatland und in ihrer eigenen Sprache haben.
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, ist mit dieser Regelung nicht einverstanden und kritisierte heute in Berlin: „Das von der Europäischen Kommission am 10. Januar 2017 veröffentlichte Dienstleistungspaket bietet für das Baugewerbe keinerlei Mehrwert - vielmehr schafft es neue Einfallstore für Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit und gefährdet bestehende Kontrollrechte innerhalb Deutschlands.“
„Wir begrüßen es grundsätzlich, wenn grenzüberschreitende Tätigkeiten erleichtert werden. Es darf aber nicht dazu führen, dass die Gründung von Briefkastenfirmen sowie Scheinselbstständigkeit durch diese Karte erleichtert wird,“ so Pakleppa. „Scheinselbstständige Kolonnen auf deutschen Baustellen sind heute bereits Realität. Sie dürfen durch Maßnahmen der EU nicht auch noch gestärkt werden.“
Die Vorschläge der EU-Kommission zu einer Elektronischen Europäischen Dienstleistungskarte zielten in die falsche Richtung und würden im Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung kontraproduktiv wirken. „Sie laufen gleichzeitig dem eigenen Ziel der Europäischen Kommission zuwider, verstärkt gegen diese Phänomene in Europa vorzugehen. Darüber hinaus ist es der Kommission nicht gelungen, die Befürchtung zu entkräften, dass effektive Kontrollen der Arbeitsbedingungen im Aufnahmestaat weiterhin problemlos möglich sein werden. Dafür gibt es zu viele Widersprüche in den Texten,“ kritisiert der ZDB.
Es bestehe kein Bedarf, den Mitgliedstaaten neue Anforderungen bei der Prüfung ihrer Berufsreglementierungen aufzuerlegen. Die Mobilität von Selbständigen und abhängig Beschäftigten werde bereits heute durch die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen gewährleistet. Es bestehe damit kein Handlungserfordernis. Auch habe der Europäische Gerichtshof stets anerkannt, dass jeder Mitgliedstaat eigenverantwortlich bestimmen könne, welche Berufe er reglementiert und auf welchem Niveau die Reglementierung erfolge.
„Der Deutsche Bundestag hat in seinem Beschluss vom Juli 2016 zur Binnenmarktpolitik der Europäischen Kommission unmissverständlich klargestellt, dass er Beschränkungen der Regelungskompetenz des nationalen Gesetzgebers im Bereich der reglementierten Berufe ablehnt. Dies gilt es jetzt durchzusetzen. Wir erwarten, dass unser bewährtes System der dualen Ausbildung inklusive der Meisterpflicht nicht angetastet wird,“ resümiert der ZDB-Hauptgeschäftsführer.
Deutscher Bundestag rügt Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission
Der Deutsche Bundestag hat am 9. März 2017 eine Subsidiaritätsrüge gegen das Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission erhoben und wehrt sich damit gegen die eindeutigen Eingriffe der Kommission in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten. „Mit der Rüge hat der Deutsche Bundestag das richtige Signal nach Brüssel gesendet. Grundsätzlich unterstützen wir die Kommission in ihrem Vorhaben, den Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union zu erleichtern. Mit dem Dienstleistungspaket überschreitet die Kommission jedoch ihre Kompetenzen und an der Stelle ist es wichtig, dass Deutschland mit einem klaren ,Nein‘ Grenzen setzt,“ kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, den Beschluss des Bundestages.
Der Vorschlag zum Notifizierungsverfahren mit dem die Kommission nationale Gesetzgebung im Bereich von Berufsreglementierungen aufhalten und sogar untersagen kann, schränke die nationalen Gesetzgeber unverhältnismäßig ein. Hierzu Pakleppa: „Bildungspolitische Entscheidungen und damit auch die Frage von Berufsreglementierungen sind ganz eindeutig Sache der Mitgliedstaaten. In diesem Sinne ist auch der Vorschlag für eine verpflichtende Verhältnismäßigkeitsprüfung von Berufsreglementierungen abzulehnen. Eine solche Prüfung dürfte keinesfalls rechtlich verbindlich, sondern nur als Empfehlung an die Mitgliedstaaten ausgesprochen werden.“
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- ZDB: „Mittelständische Bauunternehmen leiden unter Illegalität und mafiösen Strukturen“ (31.1.2018)
- Reform der Entsenderichtlinie nach über 20 Jahren hält der ZDB für überzogen (24.10.2017)
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siehe zudem:
- Schwarzarbeit im Baubranchen-Magazin von Baulinks
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