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Intelligente Pelletheizung im Mainschlösschen Bamberg

(14.3.2024) Seit Mai 2023 wird im Mainschlösschen bei Bamberg das Standesamt, ein Konzertsaal und Familienrefugium vereint. Bei der Sanierung des denkmalgeschützten Barock-Gebäudes war die Planung und Umsetzung eines angemessenen Wärmeversorgungssystems eine große Hürde. Für die Gebäudetemperierung kam ein Pelletkessel von Windhager zum Einsatz.

Bauherrin Susanne Strauss betont bei der Präsentation der Räumlichkeiten: „Wichtig war uns, dass das Gebäude nach der Sanierung authentisch wirkt.” 

Die Musikerfamilie erwarb 2017 das Mainschlösschen in Hallstadt bei Bamberg, die barocke Authentizität war damals nur noch in Ansätzen zu spüren. Erstmals wurde der ehemalige Schirmhof um 1100 in Aufzeichnungen erwähnt, der nach Plänen von Balthasar Neumann im Jahr 1735 von Ludwig Carl Graf von Ostein ausgebaut wurde. Bei den folgenden Umgestaltungen zu Bäckerei, Gasthof, Gerberei, Gartenbaubetrieb und Uhrmacherladen gingen nicht nur viele künstlerische Details verloren, sondern auch die ursprüngliche Raumaufteilung. Die Familie Strauss verbrachte daher zwei Jahre damit, das Gebäude rückzubauen, den historischen Bauplan wiederherzustellen und mit der Nutzungs- und Heizplanung. 

Ansicht des Barock-Schlösschens. (Bild: Windhager/Stephan Falk) 

Die Heizsanierung

Die Eigentümer konnten für die Bereitstellung von Denkmalpflegemitteln die Oberfranken Stiftung und den Städtebau der Stadt Hallstadt gewinnen, außerdem die Denkmalpflege München (E-Fonds) sowie den Landkreis Bamberg. Für den Erhalt der Fördermittel stellen sie im Gegenzug den großen Saal im Obergeschoss für stilvolle Eheschließungen und Konzertveranstaltungen zur Verfügung. 

An das neue Wärmekonzept, das die antiken Ölöfen ablösen sollte, wurden von Besitzern und Behörden besondere Anforderungen gestellt: die bewohnten Räume zuverlässig mit angenehmer Wärme zu versorgen und gleichzeitig Bausubstanz und historischen Charakter des Schlosses zu erhalten. Die Bauleute beauftragten für die Ausarbeitung und Umsetzung die lokale Firma Kachelmann Bad & Heizung die mit der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnikerin Sandra Schuster auf Lösungen für außergewöhnliche Bausituationen spezialisiert ist.

Die Gebäudetemperierung

„Heizkörper kamen schon aus Denkmalschutzgründen nicht infrage”, erläutert Sandra Schuster ihre Überlegungen, „Fußbodenheizungen in Echtholzböden zu verlegen ist schwierig, außerdem wollten wir die Böden nicht versiegeln und möglicherweise Feuchtigkeit darin einschließen. Für einzelne Bereiche waren konventionelle Wandheizungen im Gespräch, – aber wir haben uns dagegen entschieden, Techniken zu mischen.”

Der Kontakt zu Henning Großeschmidt kam über den Denkmalschutz München zustande, dessen Konzept der Gebäudetemperierung sich im Museumssektor bewährt hat. In Anlehnung an Wärmeverteilungsanlagen aus der römischen und griechischen Antike führt Großeschmidts System zwei niedrigtemperierte Warmwasserleitungen an der Innenseite der Gebäudehülle entlang. Die so temperierten Wände sind isotherm, resistent gegen Feuchtigkeit, Schimmelbefall und Keime. Anstatt Luftschichten im Raum zu verwirbeln, verbreiten sie eine besonders angenehm empfundene Strahlungswärme und tragen zu einem gesunden Raumklima bei. 

Ein Temperierungssystem kommt im Vergleich zu einer Radiatorenheizung mit einer geringeren Vorlauftemperatur aus und somit auch mit weniger Energieaufwand. Ebenso können nachhaltige Wärmequellen und moderne Steuerungstechnologien angebunden werden. 

Unsichtbare Kupferrohre für wohnliche Temperierung. (Bild: Kachelmann Bad & Heizung) 

Das unsichtbare Rohrsystem

In Ermangelung geeigneter Blaupausen oder Auslegungssoftware hieß es für Sandra Schuster und Uwe Täuber in Sachen Auslegung „zurück zu den Wurzeln”. Unter Beratung von Henning Großeschmidt fertigten sie Berechnungen und Zeichnungen für die 373 m² Fläche händisch an. 

Das Obergeschoss umfasst einen 70 m² großen Saal, zwei Büros und ein Schlafzimmer, wo eine Temperierung der Wände für die Familie ausreichend ist. In jeder der vier Gebäudeecken wurde hierfür ein Primärkreis aus Kupferrohr im Außenwandsockel eingelassen. Um einen optimierten Betrieb und Verbrauch zu erzielen, bleiben diese Primärkreise bis in den Frühsommer hinein erwärmt: damit wird eine konstante Grundtemperierung von 16-18 °C aufrechterhalten und das Mauerwerk als Wärmespeichermasse genutzt. Darüber hinaus führte man vom Sockelkreis aus 12 Sekundärschleifen in die Fensternischen und auf Brüstungshöhe an den Außenwänden entlang.

Für eine optimale Wärmeverteilung wurden Abstände von 10 cm zwischen den Leitungen eingehalten, bei einer Überdeckungshöhe durch Putz etc. von 10-15 mm. Die Rohre liegen auf diese Weise komplett in der Wand, weshalb die Denkmalschutzbehörde eine Spezialgenehmigung für die Anfertigung der Leitungsschlitze erteilte. Dadurch sind nur noch die Thermostat-Ventile zur separaten Regelung der Sekundärschleifen zu sehen. 

Auch im Erdgeschoss installierte man analog zum Obergeschoss vier Primärkreise im Außensockel, sowie 12 einzeln regelbare Sekundärschleifen. Zusätzlich wurden Küche, Ess- und Wohnzimmer, Kinderzimmer und Bad mit Fußbodentemperierungsschleifen ausgestattet: Jeder der bodentemperierten Räume erhielt ein RTL-Ventil zur individuellen Temperatureinstellung und einen neuen Holz- bzw. Fliesenbelag. 

Zudem wurde der Dachboden mit zwei neuen Zimmern mit Bad/Küche ausgebaut: Die hier eingebrachten Wandtemperierungsrohre können bei Bedarf noch zur Erwärmung des übrigen Dachgeschosses erweitert werden – so lassen sich mit insgesamt ca. 1.500 m Kupferrohr mit 15 mm und 18 mm Durchmessern die Räume auf eine angenehme Temperatur aufheizen. 

Die Stücke des Kupferrohrnetzes wurden vor Ort per Hand vermessen, vorgebogen und von den ausgebildeten Fachhandwerkern händisch hartgelötet und Nische für Nische zusammengefügt. Die Installateure fertigten nach der Aufbringung des Putzes für jedes Fenster eine Wärmebild-Aufnahme an, um die Leitungsverläufe zu dokumentieren und auf Funktion zu prüfen. Bei der Inbetriebnahme ließen sich außerdem mithilfe thermografischer Aufnahmen Restluft-Bestände im System orten. Da die Firma Kachelmann von vornherein eine Entgasungsstation hatte einbinden lassen, waren die erforderlichen Spülungen zügig erledigt. 

Das Rennen machen die Pellets

Das dreiköpfige Planungsteam stand bei der Ermittlung einer sinnvollen Wärmequelle für das Anwesen vor einer weiteren Kernherausforderung des Projekts. In dem historischen Bauwerk mit 4,3 m Raumhöhe galt es laut Normberechnung, eine Heizlast von 61,1 kW zu decken. Aufgrund der konstanten Temperaturhaltung mittels Bauwerkstemperierung kann jedoch schon ein Wärmeerzeuger mit 45 kW Spitzenleistung den Bedarf erfüllen.

Schon allein aus ökologischen Gründen kamen fossile Brennstoffe nicht infrage, weshalb eine umweltfreundliche Alternative erwogen wurde. Eine Solaranlage wurde verworfen, da diese aus Denkmalschutzgründen nur unter unverhältnismäßigem Aufwand auf dem Dach des Stallgebäudes hätte installiert werden können. Auch eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe wäre bei der benötigten Mindest-Vorlauftemperatur von 50 °C nicht rentabel gewesen. Schließlich fiel die Entscheidung zugunsten eines Pellet-Heizsystems, das im Mainschlösschen mehrere Vorteile bietet: Es ermöglicht eine nachhaltige Rohstoffverwertung, da die Biomasse aus nachwachsenden Quellen stammt und besonders sauber verfeuert wird. Des Weiteren überzeugt es mit günstiger Raumausnutzung, geringem Wartungsaufwand und vergleichsweise niedrigen Betriebskosten.

Saal Flügel im Obergeschoss. (Bild: Windhager/Stephan Falk) 

Abgestimmte Technik

Neben dem Haupthaus bietet der ehemalige Stall Stauraum für 10-12 Tonnen Pellets. Bei Bedarf wird das Lager von der Familie Strauss aus regionalen Bezugsquellen aufgefüllt, um die benötigten 100.000 kWh Heizenergie sicherzustellen. Die eigentliche Heizungsanlage samt Technik musste auf ca. 14 m² im selben Nebengebäude Platz finden. Hier fügte sich der kompakte BioWIN XL 45 kW auf eine Stellfläche von 1,12 m² ideal ein. Ein komplett schamottfreier Metallkörper, ein langlebiges Doppelzündelement und eine vollautomatische Heizflächenreinigung sorgen für lange Wartungsintervalle von einem Jahr.

Erst nach Verbrauch von 8 Tonnen Pellets ist Dank des Verbrennungsverfahrens eine Leerung der integrierten Aschebox nötig. Das bedeutet im Falle des Mainschlösschens lediglich dreimal im Jahr. Mittels einer pneumatischen Sauglösung werden die Pellets über 8 flexible Entnahmesonden vom Lager zum Kesselbehältnis transportiert, ohne dass es einer Lagerraumschräge bedarf.

Je nach bevorzugter Tageszeit lassen sich die Saugintervalle einstellen. Zudem wurde Anfang 2023 ein Fernzugriff eingerichtet, sodass Einstellungsanpassungen von der Wohnung oder dem Mobilgerät möglich sind. Zwei 800 Liter fassende Pufferspeicher von Windhager ließen sich ebenfalls im Heizungsraum unterbringen; eine ca. 10 m lange Zuleitung transportiert das Wasser für die Temperierung zum Wohngebäude. Zum Einsatz kam ebenso ein fertiges System von Windhager für die Verteilerstation im niedrigen Gewölbekeller des Haupthauses. Der 200-Liter-Trinkwasserspeicher schließlich wurde im Hauswirtschaftsraum des Wohnhauses platziert, um die Leitungen zu den Zapfstellen möglichst kurz zu halten.

Bautafel

Weitere Informationen können per E-Mail an Windhager Zentralheizung GmbH angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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