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Neu bei DOM publishers: Fassadenkunst im Plattenbau

(11.12.2023) Jüngst hat die Architektur in der usbekischen Hauptstadt unter dem Begriff „Tashkent Modernism“ eine neue Aktualität erhalten. Unter den sonst oft als monoton empfundenen Typenbauten der Sowjetunion bilden in diesem Kontext die Plattenbauten mit den Fassaden von Pjotr, Nikolai und Alexander Jarsky eine baukünstlerische Ausnahme.

Cover „Fassadenkunst im Plattenbau – Das Werk der Brüder Jarsky im sowjetischen Taschkent“ (Bild: DOM publishers) 

Die drei Brüder entwarfen farbenfrohe Mosaikbilder und ausdrucksstarke Reliefs für über 200 Gebäude in Usbekistan, vor allem in Taschkent. Obwohl es sich bei diesen Wohngebäuden seit den frühen Siebzigerjahren um die außergewöhnlichsten Beispiele des sowjetischen Massenwohnungsbaus – des weltweit größten Programms dieser Art – überhaupt handelt, ist das Wirken der Jarskys international kaum bekannt geworden.

v.l. Alexander Jarsky, Pjotr Jarsky, 1970. Die mit Mosaik verzierten Außenwandplatten waren zwischen 3,00 m und 3,60 m hoch. (Bild: Familienarchiv Jarsky) 

Erstmals widmet sich die Werkmonografie „Fassadenkunst im Plattenbau – Das Werk der Brüder Jarsky im sowjetischen Taschkent“ ihrem erstaunlichen Oeuvre und stellt insgesamt 30 Projekte vor. Die gestalteten Fassaden der Jarskys stellen ein Bindeglied zwischen Kunst und Architektur dar: die Brüder entwickelten eine Methode, mit der sie Mosaiken und Reliefs bereits mitsamt den Betonplatten vorgefertigt, also in das Bauteil integriert werden konnten. 

Trotz der industriellen, maximal typisierten Bauweise und trotz der politischen Kontrolle gelang es ihnen, sich dabei ihre individuelle Gestaltungsfreiheit zu bewahren und sich künstlerisch zu entwickeln. Sie verknüpfen das Erbe der islamischen Architektur in den floralen Ornamenten und programmatischen Motiven mit dem Funktionalismus der sowjetischen Bauproduktion. 

Fassadenmosaik von Nikolai Jarsky für ein dreigeschossiges Gebäude. Das blau dominierte Motiv zeigt einen Widder und einen Steinbock, die miteinander rivalisieren, umringt von einer Vogelwelt inmitten einer floralen Kulisse. (Bild: Philipp Meuser) 

So sind die Sujets der ersten Phase traditionelle usbekische Ornamente, wie sie sich auch an historischen Bauwerken finden. Ab Mitte der Siebzigerjahre tauchen in den Motiven verstärkt politische Inhalte auf. Nun sind zahlreiche Stirnfassaden mit Darstellungen aus dem Bereich der Weltraumforschung, Mathematik oder Naturwissenschaften, in Kombination mit Idealisierungen des Sowjetmenschen, versehen. 

Erst in den Achtzigerjahren gelang es dem Trio, auf ein abstrakteres und künstlerisch freies Formenvokabular zurückzugreifen.

Einblick in das Buch 15 274-275 (Bild: Philipp Meuser) 

Die Publikation umfasst 368 Seiten und ist das Ergebnis einer jahrelangen Recherche in Usbekistan und Russland, wo die Jarskys ausgebildet wurden. 

Die Studie versteht sich auch als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten an der Schnittstelle zwischen Typisierung und Individualisierung: sie will dazu beitragen, dass der Denkmalwert industriell vorgefertigter Typenbauten, und insbesondere der einzigartigen Fassadengestaltungen der Brüder Jarsky, ebenfalls erkannt und diskutiert werden kann, bevor sie unbemerkt aus dem Stadtbild Taschkents verschwinden.

Die bibliographischen Angaben zum Buch:

  • Fassadenkunst im Plattenbau
  • Autor: Philipp Meuser
  • Erschienen bei Dom Publishers, 2023
  • Gebunden, 21 × 23 cm, 368 Seiten
  • ISBN 3869224665
  • erhältlich für 48,- Euro bei Amazon oder Weltbild

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