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EY-Studie: Sind HOAI und VOB/B (sowie das Bauvertragsrecht) noch im Einklang?

(18.3.2018) Abweichendes Bausoll und zunehmende Nachtragsforderungen sind vielerorts typische, fast unvermeidbare Konfliktfelder zwischen Planern, Bauherren und Bauunternehmen. Ein Grund dafür könnte laut einer aktuellen Studie von EY Real Estate in der Gemengelage zweier maßgeblicher Ordnungsrahmen liegen - die Rede ist von der ...

  • Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und dem damit hinterlegten Grundleistungsbild sowie der
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und den daraus resultierenden Anforderungen an die am Bau Beteiligten.

Laut Frank Weißkirchen, Executive Director bei der EY Real Estate GmbH und Autor der Studie, sind „die Ordnungsrahmen juristisch betrachtet nicht miteinander verknüpft.“ In der Praxis gebe es gleichwohl durchaus Bezüge und diese bergen Widersprüche.

Rund 100 Marktteilnehmer haben für die Studie ihre Einschätzung abgegeben. Demnach sehen 44% der Befragten in der Leistungsphase 8 der HOAI relevante Schnittstellen aus dem Grundleistungsbild und den Anforderungen, welche sich aus der VOB ergeben. Die Teilnehmer beziehen sich dabei auf Teil B der VOB (Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen).

Individualisiert statt „nur“ Grundleistungsbild

„Die Basis hierfür wird in der Vertragsgestaltung gelegt“, erklärt Weißkirchen. Ein Fallstrick: Im Planerauftrag werde häufig pauschal auf die Grundleistungsbilder nach HOAI abgestellt. „Die HOAI Grundleistungsbilder sollen die allgemeinen Leistungspflichten eines Architekten abbilden. Betrachtet man jedoch die heutigen Anforderungen, sind diese Grundleistungsbilder nicht mehr zeitgemäß bzw. in Teilen anzupassen“, ergänzt Kiefer, Manager bei der EY Real Estate GmbH und Lehrbeauftragter an der TH Köln. Er hat ebenfalls an der Studie mitgewirkt. Diese Anpassungen betreffen insbesondere die ...

  • Möglichkeiten der Digitalisierung des Planens und Bauens (ein Stichwort ist BIM) sowie die
  • damit zum Teil stark nach vorne verlagerte Planungstiefe.

„Aber auch immer mehr Aufgaben, die der Architekt bereits aus eigenem Selbstschutz ausführen sollte, um die bekannten Beschaffenheitsvereinbarungen wie z.B. Kosten und Termine adäquat im Blick halten zu können, müssten im Grundleistungsbild klarer herausgestellt werden“, fügt Kai Kiefer hinzu.

Reform mit Fragezeichen

Nun wurde jüngst das Bauvertragsrecht novelliert - es ist zum Jahresbeginn in Kraft getreten. Aber: Nur 13% der Befragten sehen die Reform positiv: „Ein Ziel des neuen Bau- und Architektenvertragsrechts war, die Rechtsregeln zu vereinheitlichen und im Bürgerlichen Gesetzbuch einen besser handhabbaren Rahmen für die Baupraxis zu schaffen“, sagt Frank Siegburg, Rechtsanwalt bei Hecker Werner Himmelreich und Lehrbeauftragter an der RWTH Aachen. Mit Blick auf das Ziel sei die Reform misslungen. Das werde schon dadurch offensichtlich, dass trotz Inkrafttreten des neuen Bau- und Architektenvertragsrechts mit Hochdruck auch an der Novellierung der VOB (Teil B) gearbeitet werde. Wäre das Ziel erreicht worden, hätten die weitergehenden Regelungen der VOB/B obsolet werden müssen. Siegburg hält ebenfalls eine auf den Einzelfall zugeschnittene Konkretisierung der vertraglich geschuldeten Leistungen für geboten. Zudem plädiert er ebenfalls für eine inhaltliche Modernisierung der HOAI-Grundleistungskataloge. Die Studienteilnehmer sehen das ähnlich: Fast sechs von zehn Befragten (59%) sind der Meinung, dass eine Schärfung der HOAI-Grundleistungen für ein besseres Zusammenspiel mit der VOB/B erforderlich ist.

Über die Studie: Die Studie basiert auf einer Umfrage, die im Dezember 2017 von der EY Real Estate GmbH durchgeführt wurde. Insgesamt haben rund 100 Personen teilgenommen; es handelt sich dabei um Projektleiter und Führungskräfte der baurelevanten Parteien (Bauherren, Architekten, Bauausführung). Sechs von zehn Teilnehmern (57% ) haben mehr als sechs Jahre Berufserfahrung, wobei 43% seit mehr als zehn Jahren in ihrer Branche tätig sind.

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