Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“ von 7 Bau- und Immobilienverbänden
(26.4.2015; upgedatet am 28.4.2015) Bauen wird immer teurer und komplizierter: Um nahezu 40% sollen die Kosten rund um den Neubau von Mehrfamilienhäusern in Deutschland seit dem Jahr 2000 gestiegen sein. Bei den reinen Baupreisen habe es im gleichen Zeitraum dagegen wie bei den Lebenshaltungskosten lediglich einen Anstieg von rund 27% gegeben. Die zusätzliche Kostensteigerung, die die Preisspirale beim Wohnungsneubau - und damit auch beim Wohnen - enorm nach oben gedreht hat, soll überwiegend „staatlich gemacht“ sein: Bund, Länder und Kommunen haben den Wohnungsbau in den vergangenen Jahren durch Gesetze, Verordnungen, Auflagen, Steuern und Materialanforderungen enorm verteuert - das ist zumindest das Ergebnis der aktuellen Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“, die das „Verbändebündnis Wonungsbau“ am 23.4. vorgestellt haben.
Die Untersuchung weist auf der Basis eines Muster-Mehrfamilienhauses nach, dass die Neubau-Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche konkret von 2.209 Euro im Jahr 2000 auf 3.080 Euro 2014 Jahr gestiegen sind. Die Studie zeigt die entscheidenden Preissteigerungen, die es seit dem Jahr 2000 gab, und identifiziert dabei vier zentrale Kostentreiber:
- Bauwerks- und Planungskosten: Energie-Effizienz, Barrierefreiheit, Brand- und Schallschutz,
Schnee-, Sturm- und Erdbebensicherheit … - Der Staat gibt per
Ordnungsrecht vor, was und wie geplant werden muss. Er setzt
dabei die Hürden immer höher. Das hat - neben einem
Qualitätsplus (z.B. größere Bäder) - seinen Preis: Um 426 Euro
pro Quadratmeter Wohnfläche sind die Kosten in diesem Bereich
gestiegen - ein Plus von mehr als 19 Prozent der Gesamtkosten
im Jahr 2000.
Das Ordnungsrecht wird außerdem immer schärfer: Seit 2000 wurde die Energieeinsparverordnung (EnEV) vier Mal novelliert - mit immer höheren Anforderungen. Allein das hat die Kosten um 6,5 Prozent ansteigen lassen. Die nächste Novellierungs-Runde kommt 2016 und verursacht weitere 7,3 Prozent.
- Steuerliche und baurechtliche Vorgaben von Bund und Ländern schlagen mit 248 Euro pro Quadratmeter
Wohnfläche mehr zu Buche (plus 11 Prozent).
- Bauland-Kosten: Wer Grund und Boden kaufen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen.
Kosten-Anstieg: 115 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche - mehr als 5 Prozent.
- Auflagen der Kommunen: Wie eine Umfrage unter 370 Wohnungsunternehmen im Zuge der Studie ergeben hat, sind die Kommunen für einen Kosten-Anstieg von 82 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche (knapp 4 Prozent) verantwortlich. Der Auflagen-Katalog, an den sich Bauherren und Investoren zu halten haben, ist groß: vorgeschriebene Dachbegrünung, Einsatz von regenerativen Energien, Ampel-Verlegungen…
Das Verbändebündnis fordert Bund, Länder und Kommunen auf, jetzt „endlich einzugreifen, um das Wohnen für Haushalte mit durchschnittlichen und unteren Einkommen wieder erschwinglich zu machen“. Es sei dringend notwendig, die Kostentreiber beim Wohnungsbau zu begrenzen. Der Staat müsse damit „aufhören, den Wohnungsbau durch immer neue Vorgaben zu ersticken“. Stattdessen sei es erforderlich, mehr für bezahlbaren Wohnraum zu tun. Dies bedeute konkret ...
… für den Bund:
- Steuerliche Rahmenbedingungen ändern. Eine bessere Abschreibung – die AfA von 2 auf 4 Prozent linear erhöhen.
- Sonder-Abschreibung für sozialen Wohnungsbau zulassen – Wiedereinführung des früheren Paragraphen 7k im Einkommenssteuergesetz.
… für die Länder:
- Aufhören, ständig an der Grunderwerbssteuer zu drehen.
- Förderprogramme für Ballungsgebiete und Wachstumsregionen entwickeln.
- Geld für soziale Wohn-Programme ausschließlich auch dafür verwenden.
… für die Kommunen:
- Die Auflagen-Flut stoppen.
- Günstiges Bauland bereitstellen – damit Investoren nicht abgeschreckt, sondern ermutigt werden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
„Bau-Frust“
Ein weiterer Hemmschuh für den Wohnungsbau: der „Regulierungs-Dschungel“, so das Verbändebündnis. Wer heute ein Mehrfamilien-Haus baue, müsse mehr als 100.000 Seiten an Normen und Verordnungen kennen und beachten. Auch mischten mit EU, Bund, Ländern und Kommunen gleich vier Instanzen im Ordnungsrecht mit. Das verkompliziere die Lage und sorge für „Bau-Frust“, so das Verbändebündnis.
Die heute geltenden Standards für den Wohnungsbau bedürften einer Überprüfung und einer neuen politischen Bewertung. Dabei müssten die Kosten, die beim Wohnungsbau verursacht werden, im Fokus stehen. Die Normen müssten sich wieder deutlich stärker an der Praxis orientieren und weniger am Stand der Technik. Das Verbändebündnis appelliert an die Politik: „Raus aus dem Elfenbeinturm, näher ran an die Praxis. Den Überblick behalten – statt Regel-Wildwuchs wuchern lassen.“
Update vom 28.4.: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezeichnet die vom „Verbändebündnis Wohnungsbau“ vorgestellte Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“ als Panikmache und kritisiert die angewandte Methodik als einseitig - siehe kompletten Beitrag dazu vom 28. April 2015.
Zum „Verbändebündnis Wohnungsbau“ gehören aktuell ...
- Deutscher Mieterbund (DMB),
- Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU),
- Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB),
- Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW),
- Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW),
- Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die
- Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM).
Mit der Kostenanalyse beauftragt waren ...
- Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) und
- Baurechts-Experten der Kanzlei HFK Rechtsanwälte LLP..
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Gerecht oder teuer? Was bringt die Bundesratsinitiative zur Grundsteuer? (3.10.2016)
- 1. Lesung zur Reform des Bauvertragsrechts (13.6.2016)
- BVR-Studie: Immobilienpreise koppeln sich in Metropolen vom Einkommen ab (6.6.2016)
- Reform des Bauvertragsrechts im Sinne des Verbraucherschutzes für Bauherren (30.5.2016)
- ARGE Baurecht rät Bauherren zur Vorsicht bei Kostenobergrenzen (27.3.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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- DGfM stellt neue Studien vor und fordert 300.000 neue Wohneinheiten jährlich (15.2.2015)
- Europace Hauspreis-Index EPX für Eigentumswohnungen rückläufig (23.11.2014)
siehe zudem:
- Bauunternehmen, Baufinanzierung, Immobilien und Baurecht auf Baulinks