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Sanitärbranche: Umsatz-Talfahrt gestoppt

(11.11.2004) Gemessen an den allgemeinen Hiobsbotschaften aus der Bauwirtschaft, die inzwischen auf ihr zehntes Krisenjahr in Folge zusteuert, hielt und hält sich die Sanitärbranche achtbar. Dieses Resümee zog Fritz-Wilhelm Pahl während einer Pressekonferenz aus dem aktuellen Lagebericht der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS). Der Vorsitzende des Bonner Dachverbandes von Industrie, Großhandel und Handwerk konnte dabei das Ende einer mehrjährigen Umsatz-Talfahrt melden. 2004 steht danach ein nominales Plus von gut 2% zu Buche. Auch 2005 sei mit einer ähnlich moderaten Wachstumsrate zu rechnen, die aber erneut im Wesentlichen aus dem Auslandsgeschäft resultiere. Der heimische Markt bleibe schwierig, was u. a. zu einem weiteren Personalabbau führe. Zudem verschärfe sich die "ohnehin angespannte Ertragssituation" durch den extremen Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise erheblich. Von Wohlgefühl ist der mittelständisch geprägte Wirtschaftszweig daher nach wie vor weit entfernt. Allerdings verfügt er laut Umfragen speziell auf dem Feld der Badmodernisierung über günstige Perspektiven.


Während in der gesamten Bauwirtschaft die Hoffnungen und Prognosen in punkto "Trendwende" immer wieder korrigiert, verschoben oder gar gänzlich zu den Akten gelegt würden, stabilisiere sich der Sanitärmarkt 2004 zumindest. Pahl wertet das "schon als Erfolg".

Zu der von dem Verband vertretenen Branche gehören Unternehmen aus den verschiedenen Sparten der Industrie, des Produktionsverbindungshandels und des Handwerks bzw. Ausbaugewerbes. Die jetzt vorgelegten Zahlen stammen aus einem neuen Marktdatenbericht für die Haus- und Gebäudetechnik in Deutschland, die neben der Sanitärsparte die Sektoren Heizung, Klima und Lüftung umfasst. Die im Auftrag der VDS, der Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft (VdZ) und der Messe Frankfurt jährlich erstellte Studie wird, kündigte Pahl an, künftig durch das "SHK-Konjunkturbarometer" ergänzt. Das ebenfalls von den Münchener Marktforschern realisierte Instrument soll nach dem Vorbild des ifo-Konjunkturtests ab Ende 2004 monatliche bzw. vierteljährliche Ergebnisse liefern und damit für noch aktuellere Brancheninformationen sorgen.

Freud und Leid

Für 2004 geht die Sanitärwirtschaft von einem Gesamtumsatz von 14,5 Mrd. Euro und damit einem nominalen Plus von 2,1% gegenüber 2003 (14,2 Mrd. Euro) aus. Klarer Wachstumsträger sei der Export, der um 9,5% (2,3 nach 2,1 Mrd. Euro) steige. Dagegen komme es beim Inlandsgeschäft, das 12,2 (nach 12,1) Mrd. Euro erreiche, nur zu einer leichten Erholung um 0,8%. Sie sei zudem vor allem einem "recht guten ersten Halbjahr" zu verdanken.

Unter Ertragsaspekten machen die "zum Teil explodierenden" Energie- und Rohstoffpreise speziell im Stahl- und Metallsektor große Sorgen, betonte Pahl. Die Entwicklung sei auch deshalb so gefährlich, weil sich die dringend erforderlichen Preisanpassungen am Markt lediglich abgeschwächt durchsetzen ließen.

Export bleibt Aushängeschild

Mit Blick auf 2005 konstatierte der VDS-Vorsitzende zunächst ein sehr widersprüchliches Bild bei den derzeit verfügbaren Konjunkturprognosen: "OECD, Sachverständigenrat, Forschungsinstitute und Regierung sind sich wieder einmal nicht einig." Während die einen von einer Abschwächung der Weltwirtschaft im Allgemeinen und des ohnehin nur moderaten Aufschwungs in Deutschland im Besonderen ausgingen, seien die anderen erheblich optimistischer.

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Badrenovierung verspricht gute Chancen für die SHK-Branche (Foto: Geberit)

Trotz dieser "konfusen" Konstellation halte die Sanitärbranche auf Basis des großen Überhangs renovierungsbedürftiger Bäder für 2005 unter dem Strich ein weiteres nominales Umsatzplus von etwa 1,5% auf 14,7 Mrd. Euro für realistisch. Dazu trage der auf 2,4 Mrd. Euro geschätzte Export mit einem Anstieg von 4,0% wiederum den Löwenanteil bei. Von ihm profitierten jedoch primär die ohnehin stark auslandsorientierten Industriefirmen, die partiell bereits Exportquoten von 70% meldeten.

Dagegen gebe es am Inlandsmarkt auch 2005 kaum Dynamik. Die Branche erwartet hier einen Umsatz von 12,3 Mrd. Euro und damit ein geringes Wachstum von 1%. Dennoch hoffe man, dass die deutsche Badkonjunktur "langsam anspringt".

Bundesbürger auf Badkurs

An positiven Rahmendaten fehlt es, so Pahl, dabei nicht. Jüngstes Beispiel: eine neue, Mitte 2004 durchgeführte Repräsentativstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Von den insgesamt 42,2 Mio. Bädern in Deutschland sind nach Aussage ihrer Besitzer 19% (8 Mio.) eher veraltet. 20% und damit rund 8,5 Mio. werden zudem als "klein und beengt" bezeichnet. Von den 63,7 Mio. Bundesbürgern ab 14 Jahren gaben 30% oder 19 Mio. eine zumindest teilweise Unzufriedenheit mit ihrem Bad zu Protokoll. Gleichzeitig erhielten die Aussagen "Ein Badezimmer muss zum Wohlfühlen und Entspannen sein" sowie "Eine ästhetisch anspruchsvolle Badezimmergestaltung ist mir wichtig" auf einer Skala von 1 bis 5 die höchsten Zustimmungswerte. Auch eine von der VDS veranlasste Forsa-Erhebung bestätige, dass das Bad den Deutschen immer mehr ans Herz wachse. Sie fand u. a. heraus, dass es bei einem Wohnungswechsel zunehmend eine Hauptrolle spielt und sein Gesamteindruck für 27% der Bevölkerung "entscheidend" und für weitere 62% "wichtig" ist.

All das seien Resultate, die der mit einem Geschäftsanteil von rund 80% stark von der Badmodernisierung abhängenden Sanitärwirtschaft "eigentlich rosige Zeiten" versprechen. An der prinzipiellen Bereitschaft der Bundesbürger, im Bad zu investieren, zweifelt Pahl nicht. Deshalb müsse man alles tun, um die "guten Vorzeichen" in konkretes Handeln umzusetzen. Jedenfalls stehe der Endverbraucher klar im Fokus der Aktivitäten, zumal auch künftig 70 bis 80% der Branchenaufträge auf privater Nachfrage beruhten. Es gelte, den professionell geplanten und realisierten Lebensraum Bad weiter als den wichtigsten Regenerations- und Entspannungsraum in der Wohnung zu vermarkten. Bei der systematischen Öffentlichkeitsarbeit helfe der VDS auch in den nächsten beiden Jahren die mehrfache Schwimmwelt- und -europameisterin Sandra Völker.

Erster nationaler Bad-Aktionstag

Die "weltweite Spitzenstellung" des deutschen Sanitärniveaus werde im Übrigen während der Weltleitmesse "ISH", die Mitte März 2005 in Frankfurt stattfindet, erneut bestätigt. Seine anerkannte "Vorbildfunktion" in optischer, technischer und qualitativer Hinsicht verdanke man dem Know-how und der Kompetenz aller am dreistufigen Vertriebsweg beteiligten Partner. Pahl: "Industrie, Großhandel und Handwerk stehen daher für eine gebündelte Professionalität, die zum Glück nicht zu kopieren ist."

Auf ein "weiteres Highlight" im kommenden Jahr wies VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann hin. Der am 02. April 2005 erstmals veranstaltete nationale Aktionstag "Neue Bäder erleben" sei ein zusätzlicher Schritt in dem Bemühen, den Lebensraum Bad bei der gesamten Bevölkerung noch populärer zu machen. Ziel sei es dabei, Bauherren, Modernisierern und Mietern die knapp 2.000 ständigen Badausstellungen von Handel und Handwerk öffentlichkeitswirksam nahe zu bringen.

Ernüchternder Vergleich mit 2001

Für die gesamte Haus- und Gebäudetechnik rechnet die Branche laut ifo-Erhebung 2004 mit einem Umsatzanstieg von 2,6% auf 35,2 Mrd. Euro (nach 34,3 Mrd. Euro). Ein weiteres Wachstum von 2% soll es 2005 auf dann 35,9 Mrd. Euro geben. Auch hier öffne sich aber die Schere zwischen Inlandsgeschäft (+1,7% auf 30,0 Mrd. Euro) und Auslandsvolumen (+3,5% auf 5,9 Mrd. Euro). Zum Vergleich: 2001 erzielte der Wirtschaftszweig noch 38,4 Mrd. Euro Umsatz.

Die Zahl der derzeit insgesamt rund 50.500 Industrie-, Großhandels- und Handwerksunternehmen verändert sich den Prognosen zufolge 2005 nur bei den Installationsbetrieben nennenswert. Der vorhergesagte Anstieg um 400 muss jedoch, relativierte Pahl, eher oft als Versuch gesehen werden, eine drohende Arbeitslosigkeit durch eine staatlich subventionierte Existenzgründung zu vermeiden. Der schon seit Jahren zu beobachtende Trend zu kleinen und kleinsten Unternehmen setze sich dadurch unvermindert fort.

Vor allem als Konsequenz des schwierigen Inlandsmarktes halte der Arbeitsplatz-Rückgang in der Branche auch 2004 an. ifo beziffert ihn auf insgesamt 16.000 und nochmals knapp 10.000 im nächsten Jahr. Die Beschäftigtenzahl pendele sich dann bei gut 410.000 ein, nachdem es 2001 noch über 500.000 waren.

Knackpunkt "Qualifikation"

Ungeachtet dessen schneidet die Branche mit einer Ausbildungsquote zwischen 10 und 11% im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen "sehr gut" ab, erklärte der VDS-Vorsitzende. Großen Anteil daran habe das SHK-Handwerk mit momentan fast 40.000 Auszubildenden. Pahl sieht es weniger als Hauptproblem an, Ausbildungsplätze in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Viel schwieriger scheine es zu sein, sie mit wirklich qualifiziertem Nachwuchs besetzen zu können. Unabhängig davon werde eine permanente Aus- und Weiterbildung für alle Mitarbeiter eines Unternehmens immer wichtiger. Das gelte "ausdrücklich auch für das Management".

Europäische Dimensionen

Der klare Modernisierungs- und Renovierungstrend ist kein deutsches Phänomen, hob Wischmann hervor. So übertreffe das entsprechende Marktvolumen mittlerweile in fast allen europäischen Staaten den Neubausektor deutlich. Die einzige prägnante Ausnahme sei Spanien mit einem nach wie vor ungebremsten Neubauboom, der sich in einem Anstieg der Wohnungsfertigstellungen von etwa 320.000 im Jahre 1999 auf heute jährlich ca. 570.000 niederschlage. Dagegen ging die gleiche Kennziffer in Deutschland von über 400.000 im Jahre 1999 auf nur noch 265.000 im laufenden Jahr zurück. Dabei stuften die meisten Experten das gegenüber 2003 leicht erhöhte Resultat nur als "Zwischenhoch" ein. Der Verbandsgeschäftsführer: "Die Diskussion um die Eigenheimzulage lässt grüßen."

Das gewandelte Verhältnis von Neubau zu Modernisierung, aber auch das in den einzelnen Ländern unterschiedliche Preis- und Ausstattungsniveau spiegele sich im Anteil der Haustechnik am gesamten Hochbauvolumen wider. Neben Schweiz und Österreich stehe Deutschland hier im europäischen Vergleich mit 17,7% an der Spitze, gefolgt von Großbritannien und den Niederlanden mit jeweils 16,1% und Frankreich mit 15,7%. Spanien und Italien rangierten mit 15,5% bzw. 15,0% am Ende dieser Skala.

Trotz der auf europäischer Ebene zum Teil unterschiedlichen Datenqualität ließen sich daraus jeweils konkrete Inlandsumsätze bei der Haus- und Gebäudetechnik ableiten. Für 2004 ergäben sich daraus u. a. folgende Werte:

  • Deutschland 29,5 Mrd. Euro (+ 1,7% gegenüber 2003),
  • Großbritannien 19,2 Mrd. Euro (+ 3,8%),
  • Frankreich 19,1 Mrd. Euro (+ 2,7%),
  • Italien 16,2 Mrd. Euro (+ 0,6%),
  • Spanien 12,2 Mrd. Euro (- 4,7%) und
  • Niederlande 7,6 Mrd. Euro (unverändert).

Bei diesem Ranking seien natürlich nicht zuletzt die unterschiedlichen Einwohnerzahlen zu berücksichtigen.

"Spektakulärer Nachholbedarf"

Ein erhebliches Wachstumspotenzial macht Wischmann für die neuen osteuropäischen EU-Mitglieder aus. Bei einem geschätzten Wohnungsbauvolumen der Beitrittsländer von aktuell 9,7 Mrd. Euro lasse sich der Haustechnikumsatz auf rund 2,7 Mrd. Euro veranschlagen. Allein Belgien weise mit 3,0 Mrd. Euro ein größeres Volumen aus.

Der Vergleich der bauwirtschaftlichen Umsätze pro Einwohner und Jahr bestätige ebenfalls die "drastischen Differenzen". Nach Euroconstruct-Angaben liegt dieser Wert z. B. in Irland bei knapp 5.400 Euro, in Deutschland bei ca. 2.400 Euro und in Spanien bei über 2.000 Euro. Polen etwa bringe es nur auf 550 Euro und die Slowakei sogar gerade einmal auf 300 Euro. Den "spektakulären Nachholbedarf" beim Wohnungsbau unterstreiche ein weiteres Beispiel: Polen, das mit fast 40 Mio. Menschen praktisch die gleiche Einwohnerzahl wie Spanien habe, melde ungefähr den selben Bauumsatz wie Irland mit seinen 3,5 Mio. Einwohnern. Der Pro-Kopf-Umsatz betrage daher in Irland rund das Zehnfache.

Insgesamt gehe man davon aus, dass sich das Komfort- und Ausstattungsniveau der Wohnungen und damit auch der Bäder in den osteuropäischen Staaten sukzessive dem im übrigen Europa annähere. Die deutsche Haus- und Gebäudetechnikbranche im Ganzen und die Sanitärwirtschaft im Speziellen dürften davon in besonderer Weise profitieren, glaubt Wischmann. Dabei bagatellisiere er verschärfte Marktbedingungen primär für das heimische Handwerk aber nicht.

Chancen durch Innovationskraft

Im "alten" Europa kämen die Nachfrageimpulse auch künftig vorwiegend aus der Bestandspflege und -erneuerung. Die im Prinzip weltweit zu registrierende Rückbesinnung der Menschen auf ihr Wohnumfeld begünstige diese Entwicklung. Tendenzen wie "Cocooning" und "Homing" steigerten den Stellenwert des Bades als Lebensraum zwangsläufig. Parallel dazu erforderten die wachsenden Komfort- und Regenerationswünsche der Menschen hochwertige Ausstattungskonzepte. Mit Blick auf die demographische Entwicklung in Europa gelte es zudem, für die 50plus-Generation optisch, technisch und funktional gleichermaßen überzeugende Badlösungen anzubieten. Wischmann abschließend zu den Chancen der deutschen Sanitärbranche: "Ihre auch auf diesen Feldern unstrittige Innovationskraft sichert ihr eine gute Wettbewerbsposition".

Wachstumsträger: Das Umsatzplus von nominal 2,1% in 2004 verdankt die Sanitärwirtschaft in erster Linie dem Auslandsgeschäft, das nach Angaben der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) um 9,5% auf 2,3 Mrd. Euro zulegt. Im Inland fehlt dagegen mit einer nur leichten Erholung um 0,8% auf 12,2 Mrd. Euro weiter die Dynamik. An dieser Konstellation dürfte sich auch 2005 nichts ändern. Für das kommende Jahr wird insgesamt ein Umsatzanstieg von etwa 1,5% auf dann 14,7 Mrd. Euro prognostiziert.

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