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Ornamentbeton, hergestellt mit Hilfe von tapezierten Schalungen

(4.2.2014) Ursprünglich hatten die jungen Architekten Lukas Gäbele und Tanja Raufer nach einer Möglichkeit gesucht, historische Schriften und Buchdruckmalerei auf Beton aufzubringen. Aus einer Idee wurde schließlich ein mittlerweile patentiertes Verfahren und eine eigene Bezeichnung – nämlich: „Ornamentbeton“. Nach dem ersten erfolgrei­chen Einsatz von Ornamentbeton im Rahmen eines Umbaus der historischen Hofbiblio­thek in Donaueschingen, werden sich zukünftig wohl weitere Anwendungsmöglichkei­ten für das einfache Verfahren finden.

Ornamentbeton
alle Fotos auf dieser Seite: Bernhard Strauss / Gäbele & Raufer Architekten BDA

Betonier-Experimente im eigenen Garten

Für die Neugestaltung der Einbauten - zum Beispiel einem „Toilettenhäuschen“ sowie der Fahrstuhlschächte - in der Hofbibliothek in Donaueschingen sahen die Planungen der Architekten zunächst Fertigteilwände aus streichglattem Sichtbeton mit darin ein­gelassenen Ornamentformen vor - was sich jedoch als problematisch herausstellte. Architekt Lukas Gäbele: „Wir hätten hierzu ein industriell gefertigtes Flies anfertigen lassen müssen und auch die dazu erforderliche Sichtbetonklasse war aus wirtschaftli­chen Gründen nicht wie geplant realisierbar.“ So begab man sich auf die Suche nach einer alternativen Lösung und führte - inspiriert durch Erfahrungen aus einem früheren Projekt, der Sanierung des Museums Biedermann in Donaueschingen - im heimischen Garten umfangreiche Versuche durch. „Wir haben uns Fertigbeton besorgt, Schalun­gen gebaut und darin Vorhänge, Flies und andere Materialien eingelegt. Nach zahlrei­chen Versuchen stand fest, dass sich vor allem die Struktur von Prägetapeten bzw. Vinyltapeten sehr gut auf den Beton übertragen lassen.“ Weitere Erkenntnis der Ver­suche: Die Tapetenoberfläche wird insbesondere in selbstfließendem Beton am besten wiedergegeben.

Bei der anschließenden Recherche durch einen Patentanwalt stellte sich schnell heraus: Das von Lukas Gäbele und Tanja Raufer entwickelte Verfahren wurde europaweit bisher noch nicht patentiert. So ließ man sich die Herstellungsweise schüt­zen. Lukas Gäbele: „Es gibt natürlich zahlreiche Unternehmen, die Matrizen verschiedenster Art anbieten. Diese Anbieter ar­beiten jedoch ausschließlich im Bereich der Betonfertigteil-Pro­duktion. Unsere Ornamente werden hingegen auf der Baustel­le im Ortbeton gegossen. So finden Schalungsabdrücke sowie leichte Unebenheiten ganz gezielt Eingang in die Sichtbeton­oberfläche und der handwerkliche Charakter wird hervorgeho­ben.“

Ornamentbeton in der Hofbibliothek

Beim ersten Praxiseinsatz des Ornamentbetons in der Hofbib­liothek Donaueschingen war genau dies gefragt. Das histori­sche Gebäude beherbergte einst die Privatsammlung der Fürs­ten zu Fürstenberg und enthielt neben vielen mittelalterlichen Handschriften auch vie­le Text- und Malerarbeiten des englischen Malers, Designers und Dichters William Mor­ris. In Anlehnung daran planten die Architekten im Zuge der Umbaumaßnahmen in den Bibliotheksräumen individuelle Ornamentformen bzw. Buchdruckmalereien an den Wän­den der Einbauten. Die Ornamente sorgen dafür, dass sich zum Beispiel das nach dem Raum-in-Raum-Prinzip in das Natursteingewölbe integrierte Toilettenhäuschen harmo­nisch in seine historische Umgebung einfügt, obwohl es klar als modernes Element er­kennbar ist.

Der Beton des Aufzugschachtes wurde genauso behandelt (siehe Bild oben). Zusätz­lich zum Ornament ziert dort allerdings in jedem Geschoss ein eingelassener Schrift­zug die Oberfläche - immer mit Bezug zur Geschichte des Gebäudes. Lukas Gäbele: „So knüpft sich der Spannungsbogen zwischen mittelalterlicher Buchmalerei und dem Ornament.“

Herstellung erfordert Fachwissen

Bei Ortbetonwänden mit Ornamenten ist besonderes Fachwissen bzw. umfangreiche Erfahrung mit dem Werkstoff Beton erforderlich. Hans-Jörg Heinichen, Geschäftsführer bei Heinichen Bau GmbH & Co. KG in Villingen-Schwenningen und verantwortlich für die Betonarbeiten in der Hofbibliothek, erläutert die Vorgehensweise: „Zunächst haben wir die Armierung in die Schalung eingebracht. Dann wurden die Schalhölzer entsprechend von innen tapeziert. Die Schriften selbst wurden zuvor von den Architekten aus Vek­torgrafiken erstellt und auf die Tapete geklebt. Im nächsten Schritt kommt der Beton in die Schalung. Nach dem Ausschalen bleibt die Tapete haften und kann abgezogen werden. So bleibt die Ornamentstruktur im Beton zurück.“

Neue Anwendungsfelder in Aussicht

Nach dem erfolgreichen Einsatz in der Hofbibliothek verspricht sich Lukas Gäbele auch für die Zukunft viel vom Ornamentbeton – zum Beispiel bei der Sanierung oder Moder­nisierung historischer Gebäude. „Wir haben zuletzt auch schon erfolgreich mit der Übertragung von Noten und kaligraphischen Handschriften experimentiert. Das klappt genauso gut. Auf jeden Fall ermöglicht das Verfahren sehr filigrane Darstellungen und ist ohne Matrizenherstellung auch kostengünstig umsetzbar. Es ist echte Handarbeit!“

Weitere Informationen zu Ornamentbeton können per E-Mail an Gäbele & Raufer Architekten angefordert werden.

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