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Verdrehte Schornsteinskulptur fast 50 m hoch und mit Schiefer verkleidet

(2.6.2015) Wohl niemand will einen Industrie-Schornstein in der Nähe seiner Wohnung haben - zumal solche technischen Bauwerke zumeist mit Architektur nichts zu tun haben. Ganz anders der Schieferschornstein der zentralen Energieversor­gung des Stadtkrankenhauses Triemli in Zürich, der von ei­nem Architekten entworfen wurde (siehe Google-Maps).

Mitten in der Stadt gelegen, mussten sich die Planer etwas einfallen lassen. Das bemerkenswerte Konstrukt beschreiben die Architekten Aeschlimann Hasler Partner wie folgt: „Der klassische Kamin mit kreisrundem Grundriss wird durch eine um 270 Grad drehende, ellipsoide Grundfläche variiert. ... Er vermeidet durch seine wechselnde Gestalt Assoziationen, die einem Krankenhaus nicht adäquat sind, und entzieht sich ei­nem an diesem Ort unangemessenen Funktionalismus. Die ge­schuppt angebrachten Schieferplatten“, so die Beschreibung der Architekten weiter, „zeichnen die weichen Formverläufe in idealer Weise nach und sättigen den Baukörper durch ihre diskret zwischen Silber und Anthrazit oszillierenden Oberflächen. Der Architektur angemessen, unterstützt das natürliche Material die Integration des Baukörpers in das Krankenhausareal wie auch in das Stadtbild.“

© ahp-Architekten (Zeichnung vergrößern)

Unvollendete Drehung

Der 46,25 m  hohe Schornstein besteht aus 31 jeweils 1,49 Meter hohen Mantelrohr-Segmenten, auf denen ellipsenförmige Fachwerkträger der Schornsteinaußenhülle auf­liegen. Diese Fachwerkträger sind zueinander um jeweils 8,7° verdreht, wodurch der Schornstein seine dynamische Form erhält (siehe auch nächstes Bild). Die elliptischen Fachwerke sind alle gleich. Sie werden jedoch auf Anhieb als solche nicht erkannt, weil die Architekten das Konstrukt, statt um 360° nur um 270° drehen, wodurch die Drehung unvollendet bleibt und sich die Gestaltungsidee damit einer spontanen Ent­schlüsselung entzieht. Der Schornstein wird als dynamisches Gebilde wahrgenommen, das ähnlich einer Windhose, an verwirbelte aufsteigende Luft erinnert.

© Gadola AG (Bild vergrößern)

Brandsichere Schieferhülle

Die Basis für eine solche Bauwerksidee schuf Rathscheck Schiefer 2012 mit der Vor­stellung einer nicht brennbaren Schieferfassade, bei der die Schiefersteine mit spe­ziellen Schrauben auf Metall geschraubt werden - siehe Baulinks-Beitrag „Schiefer­fassaden-System der Baustoffklasse A1 bringt Schiefer in die Höhe“ vom 13.4.2012.

In diesem Falle ist die nicht brennbare Außenhaut des Züricher Schornsteins aus 3 mm dicken feuerverzinkten Blechen. Diese sind ellipsenförmig in Schornsteingeometrie vor­gebogen und mit 2 cm Abstand zueinander an den Fachwerkträgern montiert. Mit den großen Fugen zwischen den Blechtafeln werden die Temperaturausdehnungen des Schornsteins ausgeglichen. Auf den Blechen wurden Schiefersteine (Spitzwinkel 30 x 20 cm) von Rathscheck mit jeweils zwei Edelstahlschrauben (4,2 x 25 mm) fixiert:

© Gadola AG (Bild vergrößern)

Die Konstruktion wurde von der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsan­stalt (EMPA) in Dübendorf/CH geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die maximal zu­lässige Belastung weit über der tatsächlich vorhandenen Last liegt, die Konstruktion also sehr sicher ist.

Die dekorative Deckung mit Spitzwinkeln von Rathscheck wurde bei diesem Schornstein immer nur auf einer Blechtafel befestigt - nie über zwei Tafeln hinweg, um keine Temperatur­spannungen in den Schieferstein einzuleiten. Der Umfang des Schornsteins ist an allen Punkten gleich, so dass die Aufteilung der Schieferbekleidung an allen Stellen ebenfalls gleich ist. So ist die Schieferdeckung für sich eigentlich recht einfach:

  • Das Bauwerk ist mit 35.000 Spitzwinkelschablonen bekleidet.
  • Dafür mussten 70.000 Bohrungen und ebenso viele Verschraubungen mit 4,2 x 25-mm-V4A-Schrauben ausgeführt werden.
  • Gut organisiert wurde der Schornstein in 60 Tagen mit Schiefer bekleidet.

Zur weiteren Integration des Schornsteins in das städtische Umfeld wurden etwa einen Meter unter der Oberkante des Schornsteins in die Schieferdeckung sechs Einflugöffnungen für Mauer- und Alpensegler eingebaut. Dahinter haben die Planer Nisthöhlen bauen lassen.

Bautafel

Weitere Informationen zu Schieferfassaden der Baustoffklasse A1 können per E-Mail an Rathscheck angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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