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Europaweites Ausschreibungsverfahren als Startschuss für mehr serielles Bauen

(26.6.2017) In diversen deutschen Großstädten verschärft sich der Wohnungsmangel zusehends. Eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, besteht darin, das Angebot insbesondere preisgünstiger Wohnungen markant zu vergrößern. Das Bundesbauministerium und der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) wollen daher gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer (BAK) und der Bauindustrie - beides Partner im „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ - mit einer Ausschreibung für „Serielles Bauen“ neue Wege gehen, um den Bau preisgünstiger Wohnungen in vergleichsweise hoher Qualität zu beschleunigen.

Foto © baulinks/AO

Dazu wurde heute (26. Juni) ein europaweites Ausschreibungsverfahren gestartet - mit dem Ziel, eine Rahmenvereinbarung über den Neubau von mehrgeschossigen Wohngebäuden in serieller und modularer Bauweise mit mehreren Bietergemeinschaften aus Planung und Ausführung abzuschließen. Dies soll insbesondere öffentlichen Wohnungsunternehmen die Möglichkeit eröffnen, ohne weitere Verfahren Angebote aus der Rahmenvereinbarung lokal angepasst direkt realisieren zu können - was die Vorlaufzeiten für Bauvorhaben wesentlich verkürzen sollte. Mit dieser Maßnahme wird ein wesentliches Ergebnis der Baukostensenkungskommission umgesetzt.

Gesucht werden neue, innovative Konzepte des Wohnungsbaus, die bereits in wenigen Monaten in Deutschlands Städten für zeitgemäßen Wohnraum und eine Marktentlastung sorgen können.

Stimmen zu Ausschreibungsverfahren und seriellen Bauen

Bundesbauministerin Barbara Hendricks: „Serielles Bauen kann einen Beitrag zum bezahlbaren Wohnen leisten und sollte daher forciert werden. Industrielle Bauweisen kommen bislang noch zu wenig zum Zuge, weil häufig die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Auftragsgröße nicht erfüllt sind. ... Wir wollen, dass das standardisierte Bauen den Rohbau und auch Ausbaukomponenten schnell und preiswert macht und dass die Baukultur dabei nicht verloren geht. Es geht auch um vernünftige Grundrisse, selbstverständlich auch variabel, mit wenig Verkehrsfläche. Wir wollen nicht an Qualität verlieren und unsere Städte sollen deswegen auch nicht uniform aussehen. Ich will weder Abstriche bei der Baukultur machen, noch bei den energetischen Voraussetzungen.“

Grafik aus dem Beitrag „,Kieler Modell‘: Arbeits- und Planungshilfe für moderne Typenhäuser“ vom 18.4.2016.

GdW-Präsident Axel Gedaschko: „Wir müssen es schaffen, dass für die Mitte der Bevölkerung neu gebaute Mietwohnungen auch ohne Förderung wieder bezahlbar werden. ... Die innovativen Baukonzepte sollen vier Dinge vereinen: Zeitersparnis beim Bau, reduzierte Baukosten, eine hohe architektonische und städtebauliche Qualität sowie die Berücksichtigung baukultureller Belange. Wir brauchen in Deutschland ein Neubau-Klima. Denn in den Städten haben insbesondere Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Insgesamt werden pro Jahr 80.000 zusätzliche Mietwohnungen im geförderten Bereich und rund 60.000 Mietwohnungen im bezahlbaren Segment benötigt.“

BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann: „Das serielle Bauen hat vor dem Hintergrund der Wohnungsnot neue Aktualität. Wir wollen das schnelle und preisgünstige Bauen mit hoher gestalterischer Qualität verbinden. Nur gut gestaltete Wohnungen und Häuser erfreuen sich über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte großer Beliebtheit und Anziehungskraft. ... Die Herausforderung für Städte und Gemeinden, für öffentliche und private Bauherren besteht darin, geeignete Flächen zu finden, auf denen gebaut werden kann. Hier gilt es, die urbanen Räume zu verdichten, um nicht nur die bestehende Infrastruktur wirtschaftlich zu nutzen, sondern auch neue Großsiedlungen mit all ihren Problemen zu vermeiden. Es wird keine neuen Plattenbausiedlungen geben. Die Architekten und Stadtplaner sehen einen langfristigen Erfolg des seriellen Wohnungsbaus zwingend mit integrierten Stadtentwicklungskonzepten verknüpft.“

Foto aus dem Beitrag „Kreisbau-Typenhaus mit 10, 14 oder 17 Wohnungen“ vom (Fotos © Geyer Luftbild)

Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB): „Heute gilt es mehr denn je, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, wie Wohnungen in großer Stückzahl und in angemessener architektonischer Qualität in kurzer Zeit errichtet werden können. ... Statt teure Unikate zu fertigen, müssen künftig stärker Prototypen geplant und deutschlandweit in Serie umgesetzt werden. Für mich als Bauunternehmer steht aber auch fest: Wenn schnell und kostengünstig gebaut werden soll, muss Bauen partnerschaftlicher organisiert werden. Ich freue mich deshalb, dass mit der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung Wohnungswirtschaft, planende und bauausführende Wirtschaft gemeinsam Neuland betreten wollen. Im Unterschied zur üblichen getrennten Ausschreibung von Planungs- und Bauleistungen sollen in der vorliegenden Ausschreibung Planungs- und Bauleistungen ‚aus einer Hand‘ abgefragt werden – mit dem erklärten Ziel, die Effizienzvorteile einer partnerschaftlicheren Projektbearbeitung von Planern und Bauunternehmen auszuloten.“

Präsentation von Prototypen

Es ist beabsichtigt, eines oder mehrere Konzepte aus der Rahmenvereinbarung als Prototypen im Rahmen der IBA Thüringen 2019/2021 zu präsentieren. Dies ist ein wesentliches Element, um serielle und modulare Bauweisen zu forcieren. Auf diese Weise sollen auch alle theoretischen Angaben praxisgerecht evaluiert werden - wie beispielsweise zu ...

  • Baukosten,
  • technischer Machbarkeit,
  • Prozessoptimierung der Produktion,
  • Vorfertigungsgrad und
  • Digitalisierung.

In der Landeshauptstadt Erfurt werden dafür städtebaulich interessante Flächen unmittelbar am Gelände der Bundesgartenschau 2021 zur Verfügung gestellt. Dies bietet ausgewählten Wettbewerbsteilnehmern die Möglichkeit, ihre zukunftsweisenden Lösungen für modernste serielle Fertigung einer breiten Öffentlichkeit mit hohem Aufmerksamkeitsgrad vorzustellen.

Graifk aus dem Beitrag „Nachhaltiger preiswerter sozialer Wohnungsbau vom BV-Lb auf Basis des Kieler Modells“ vom 4.7.2016

Factsheet: Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen

Der GdW hat in Funktion der Vergabestelle gemeinsam mit Partnern aus dem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen des Bundesbauministeriums im Auftrag seiner Mitgliedsunternehmen eine Rahmenvereinbarung mit Teilnahmewettbewerb und anschließendem Verhandlungsverfahren öffentlich ausgeschrieben. Die Ausschreibung erfolgt mit dem Ziel, eine Rahmenvereinbarung über den Neubau von mehrgeschossigen Wohnbauten in serieller und modularer Bauweise mit Planern und Baugewerbe gemeinsam abzuschließen. Das grundsätzlich technologieoffenen Verfahren wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesbauministerium, der Bundesarchitektenkammer und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sowie der InWIS Forschung & Beratung GmbH und der auf das Vergaberecht spezialisierten Kanzlei Redeker Sellner Dahs erarbeitet.

Durch die Verzahnung von Architekten und Fachplanern, bauausführenden Unternehmen und Wohnungsunternehmen sollen neuartige serielle und modulare Lösungen für den Neubau von mehrgeschossigen Wohnbauten mit hoher architektonischer und städtebaulicher Qualität zu reduzierten Baukosten und unter Berücksichtigung baukultureller Belange entwickelt werden.

Bild aus dem Beitrag „,Less is more‘ beim ,MicroApart 20/30‘ von Häfele“ vom 25.1.2017.

Teilnahmeberechtigte: Bei dem Verfahren geht es darum, effektive Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zu entwickeln. Teilnahmeberechtigt sind Bieter bzw. Bietergemeinschaften, die sich aus Architekten und bauvorlageberechtigten Ingenieuren, bauausführenden Unternehmen und/oder Wohnungsunternehmen zusammensetzen.

Zeitrahmen für Bewerber und Bieter: Bis 31 Tage nach der Bekanntmachung im EU-Amtsblatt - also bis zum 27. Juli 2017 - können sich potentielle Bieter um die Teilnahme an der Ausschreibung bewerben. Die konkreten Angebote der ausgewählten, teilnahmeberechtigten Bieter müssen dann bis zum 27. Oktober 2017, 12:00 Uhr, eingereicht werden.

Bewertung der Angebote: Die Bewertung der Angebote erfolgt durch ein eigens einberufenes Bewertungsgremium, das sich aus Experten der Bau- und Wohnungswirtschaft, der Forschung und des Bundesbauministeriums zusammensetzt. Für die Beurteilung werden die Kriterien „Qualität und Innovation“ (50%) sowie „Angebotspreis/Instandsetzungs- und Wartungsaufwand“ (50%) inklusive weiterer Unterkriterien gleichgewichtig herangezogen.

Anforderungen an die Angebote: Grundsätzlich müssen bei den eingereichten Angeboten alle baurechtlichen Normen und Vorschriften erfüllt sein. Exemplarisch seien folgende ausgewählte Anforderungen genannt:

  • gestalterisch ansprechende Architektur,
  • städtebaulich variable Gebäude,
  • Minimierung von Verkehrsflächen,
  • ausreichende Belichtung für Wohnkomfort und Energieeffizienz,
  • kompakte und flächeneffiziente Wohnungsgrundrisse,
  • ein Drittel barrierefrei nutzbare Wohnungen,
  • energieeffiziente (EnEV 2016) und nachhaltige Gebäudekonzepte,
  • hohes Maß an Standardisierung zugunsten von zeit- und kostensparendem Bauen.
Bild aus dem Beitrag „Mikrowohnungen: Algeco reagiert mit Smart Apart auf den neuen urbanen Wohntrend“ vom 17.8.2016

Auswahl der Angebote: Der GdW als Vergabestelle wird die endgültige Auswahl von insgesamt fünf bis zehn Bietern bzw. Bietergemeinschaften auf Grundlage der Ergebnisse des Bewertungsgremiums vornehmen. Die Entwürfe der Bieter bzw. Bietergemeinschaften, die den Zuschlag für den Abschluss der Rahmenvereinbarung erhalten haben, werden in einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung präsentiert.

Der Rahmenvertrag wird mehrere Angebote umfassen und basiert auf einer funktionalen Ausschreibung für ein fiktives Grundstück. Er definiert Rahmendaten und Preise für ein Mustergebäude. Die konkrete Beauftragung eines Bauvorhabens erfolgt mittels eines Einzelauftrags. Ziel ist es, Ende des 1. Quartals 2018 die Rahmenvereinbarung mit den Siegern des Verfahrens zu unterschreiben.

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