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Europäische Architekten leiden an COVID-19

(30.3.2020) Der Coronavirus hat die europäische Wirtschaft erbarmungslos ange­steckt - das gilt auch für die Architekturbranche, wie das aktuelle Architekten­baro­meter von BauInfoConsult befürchten lässt: Vor einigen Wochen waren die befragten Planer in den europäischen Kernmärkten wegen des Coronavirus noch vielfach unbesorgt. Das hat sich allerdings massiv geändert. Und auch in Deutschland weist das Architektenbarometer zum ersten Mal seit dem zweiten Quartal 2009 ernsthafte Disruptionen auf. Dennoch gehören die deutschen Architekten immer noch zu den zuversichtlichsten in Europa.

Für das europäische Architektenbarometer wurden im ersten Quartal 2020 rund 900 Architekten in Europa zu ihrer Umsatz- und Auftragssituation befragt. Bereits in den Vorquartalen deutete sich in den meisten europäischen Märkten eine Abschwächung der Architekturkonjunktur an. Aus aktuellem Anlass ist in die Architektenbefragung im ersten Quartal 2020 die Frage mit aufgenommen worden, ob die Ausbreitung des Coronavirus zusätzlich negative Effekte auf den Umsatz der Architekten haben wird. Die Befragung, die seit Mitte des ersten Quartals erhoben wurde, hat im Verlauf des Monats März eine ganz eigene Dynamik entwickelt.

Grafik © BauInfoConsult 

Das in der obigen Grafik dargestellte Gesamtergebnis sieht bereits dramatisch genug aus:

  • negative Effekterwartungen von über 50% in fünf von acht Ländern,
  • in den übrigen Ländern ein Viertel bis ein Drittel Negativerwartungen (in Deutschland von 28%).

Doch die Einschätzung der Situation spitzt sich noch weiter zu, wenn man die Interviewergebnisse miteinander vergleicht, die vor und nach dem 13. März (ein Freitag) erhoben wurden - also ab dem Wochenende, an dem das volle Ausmaß der Krise den meisten Europäern außerhalb Italiens erst richtig klar geworden sein dürfte.

wenig German Angst

Für die Architekten, die bis Mitte März befragt worden waren, befand sich der Coronavirus noch in weiter Ferne: Den europäischen Bauboom und volle Auftragsbücher im Rücken, rechneten die meisten nicht mit ernsthaften Einbußen wegen Corona. In Deutschland konnte sich nur jeder zehnte Planer überhaupt vorstellen, dass Auswirkungen von COVID-19 den eigenen Betrieb betreffen könnten. In den meisten Nachbarländern (allen voran Italien) hatten die Architekten auch schon vor dem 13. März etwas größere Verluste durch die wirtschaftlichen Folgen von Corona befürchtet.

Anteile der Architekten, die negative Umsatzeffekte wegen COVID-19 erwarten (n=892)

Um den 13. März griffen die Regierungen bekannterweise zu tiefgreifenden Maßnahmen, die seitdem fast überall verschärft oder verlängert worden sind. Spätestens seitdem ist den befragten Architekten klar, dass erhebliche Auswirkungen der Situation auf ihren Umsatz zu erwarten sind: Vor allem in Spanien und Italien - dort gehen seit dem 13. März vier von fünf Planern von negativen Effekten aus. In Deutschland rechnen die seit dem 13. März befragten Architekten zu 43% mit Einbußen durch Corona - hierzulande gibt es demnach im 8-Länder-Vergleich noch erstaunlich viele Optimisten.

Umsatzerwartungen erheblich gedämpft

Auch die konkreten Erwartungen der europäischen Architekten, wie sich ihr Umsatz 2020 entwickeln wird, haben sich seit dem Stichtag 13. März bedeutend eingetrübt. Vorher hatte z.B. in Spanien und UK noch etwa ein Fünftel der Planer 2020 Umsatzverluste befürchtet, mittlerweile muss in beiden Ländern jeder zweite Architekt damit rechnen.

Geschätzter durchschnittlicher Umsatzverlust bei den Architekten in 2020 (n=892)

Deutsche Planer unterm Strich immer noch unter den zuversichtlicheren

Der Umsatzbarometerwert der deutschen Architekten hat seit Beginn der Barometermessungen Mitte 2009 von Quartal zu Quartal zugenommen. Auch vor dem 13. März konnten sich die meisten befragten Architekten hierzulande auf volle Auftragsbücher und eine hohes Hochbauniveau verlassen: Im Schnitt hatten die deutschen Architekten vor Mitte März sich bestenfalls um Umsatzrückgänge in einer Größenordnung von 6% Sorgen gemacht. „Seit Corona“ werden im Schnitt jedoch 29% Umsatzverluste von den Planern befürchtet.

Das ist der stärkste Einbruch in der deutschen Barometermessung seit über 10 Jah­ren - und gehört im Vergleich mit den meisten Nachbarländern bei aller Schärfe immer noch zu den moderateren Ergebnissen. Dass die deutschen Architekten trotz allem einigermaßen zuversichtlich bleiben, dürfte zum einen an den eilig verabschiedeten Sofortmaßnahmen und Konjunkturhilfen der Regierung liegen. Zum anderen trifft Corona die deutsche Baubranche in einer Boomsituation - Auftragspolster und Umsatzreserven aus dieser Zeit helfen den Architekten zumindest kurzfristig, die Nerven zu bewahren. Auch sei angemerkt, dass viele Baustellen noch laufen - siehe auch Beitrag „Kein Baustopp in Deutschland - der Beton fließt weiter“ vom 25.3.2020.

Keine große Stornierungswelle

Auch weitere Daten aus der Befragung sind zunächst beruhigend: So gibt es auch nach dem 13. März nicht mehr verschobene oder ganz abgesagte Projekte bei den Architekten als in den Quartalsbefragungen zuvor. Allerdings sind mehr befragte Architekten als sonst von Projektaufschüben betroffen, was natürlich darauf hindeutet, dass es bereits jetzt zu erheblichen Ablaufverzögerungen kommt.

Im Grunde haben die Architekten den Vorteil als „Schreibtischtäter“ einen großen Teil ihrer bisherigen Arbeit auch unter Home Office-Bedingungen weiter abwickeln zu können. Das Neubaugeschäft muss ohnehin langfristig geplant werden, so dass Projekte für die Zeit „nach Corona“ auch aktuell auf den Schreibtischen der Architekten landen können. Doch natürlich würde ein langfristiger Nachfrageeinbruch infolge der Krise die deutsche Architekturbranche hart treffen – hier wird die nächste Konjunkturmessung im zweiten Quartal für mehr Klarheit sorgen.

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